
Schauplatz des Romans »Schattengrünes Tal« von Kristina Hauff ist der Schwarzwald. Die Geschichte pendelt zwischen Familiendrama und Psycho-Thriller. Gut konstruiert, solide geschrieben und bereit für die TV-Verfilmung. Doch was spannend beginnt, endet leider vorhersehbar.
Vorbei an der Tuchfabrik
Im Sommer 2025 ist viel los im Christophstal bei Freudenstadt. Die acht Kilometer bis Baiersbronn sind Gartenschaugelände. Shuttlebusse bringen die Besucher vom Marktplatz hinunter ins schattengrüne Tal. Hier unten befindet sich die ehemalige Tuchfabrik, ein – so steht es im Buch von Kristina Hauff – »›lost place‹, dessen hölzernes Mühlrad sei langem stillstand«, und an dem die Protagonistin Lisa auf dem Weg ins Hotel »Altes Forsthaus« vorbeifährt.

Das Hotel wird man dort jedoch vergeblich suchen. Und das Christophstal heißt im Roman auch nicht so. Die mühlebrettartig angelegten Gassen und der Marktplatz mit seinen Arkaden lassen unverkennbar auf Freudenstadt schließen, doch trägt die Stadt im Roman den Namen Herzogsbronn. Schließlich sind wir in der fiktiven Romanwelt von Kristina Hauff und nicht im echten Schwarzwald.
Der Glanz der Vergangenheit
Das »Alte Forsthaus« ist einer jener Betriebe, deren Hochzeit längst vorbei ist. Lisas Vater Carl hat das Hotel von seinen Eltern übernommen und gehofft, dereinst würde sein Sohn Felix es weiterführen. Doch Felix hat den Schwarzwald längst verlassen. Stattdessen macht seine Schwester Lisa die Buchhaltung und hilft auch schon mal in Küche und Gastraum aus. Die inoffizielle Hotelmanagerin ist jedoch Margret, die mit Carl seit Jahren zusammenlebt, obwohl Carl noch verheiratet ist. Lisas demenzkranke Mutter lebt im Pflegeheim. Was Lisa und Marget leisten, will Carl nicht wahrhaben, der gegenüber den Gästen den jovialen Chef gibt. Um mit den anderen Hotels und »Wellness-Oasen« mithalten zu können, hätte man längst investieren müssen, selbst der Pool im Keller ist sanierungsbedürftig und für die Gäste nicht mehr zugänglich.
Zwischen Großbrand und Lost Place
Manche der realen Hotels im Nordschwarzwald – Schliffkopf und Mummelsee – brannten in den vergangenen Jahrzehnten ab und wurden modern neu errichtet. Doch einige mittelgroße Betriebe, denen dieses versicherungstechnische Glück versagt blieb, gleichen dem »Alten Forsthaus«. Mit ihren rustikalen Gasträumen leben sie meist von den Stammgästen, die zusammen mit dem Hotel alt und gebrechlich werden. Wer soll diese Betriebe übernehmen, sofern sie nicht schon längst auch zum Lost Place geworden sind, wie das Hotel an der Schwarzenbachtalsperre oder das Hotel Waldlust in Freudenstadt?
Kristina Hauff, die selbst nicht aus dem Schwarzwald stammt, muss gründlich und gut recherchiert haben. Ihre Beschreibungen der Hotelabläufe sind stimmig. Einiges vollzieht sich schnell, aber immer glaubhaft und nachvollziehbar.
Die geheimnisvolle Fremde – wieder mal
In diesem familiär-betrieblichen Umfeld, unter dessen Decke es brodelt, lässt die Autorin eines Tages Daniela im Hotel nach einem Zimmer fragen. Die Besucherin erzählt, sie habe nach einer unglücklichen Beziehung und beruflichen Verwerfungen alle Zelte in München abgebrochen und suche nun nach einem Ort, wo sie bleiben könne. Schnell freundet sie sich mit Lisa an und springt sogar als Bedienung ein, als die polnische Hilfskraft überraschend ausfällt. Daniela ist in kürzester Zeit überall beliebt und scheint ihren neuen Lebensmittelpunkt in Herzogsbronn gefunden zu haben.
Natürlich wissen wir – und bald auch Lisa -, dass hier einiges nicht stimmt.
Solide, aber vorhersehbar
All das wird reihum kapitelweise wechselnd aus der Sicht je einer der Hauptfiguren in der dritten Person geschildert. Das hat anfangs seinen Reiz, wenn sich Zeiten und Eindrücke überlappen. Doch später im Buch wird klar, dass dieser Aufbau keinen Raum für die Gedanken der Leserin lässt. Wenn eine Figur zittrige Hände hat, erfahren wir nach dem Perspektivwechsel haarklein, warum. Vielleicht erwarten das heutzutage Leserinnen, wenn die Aufmerksamkeitsspanne nachlässt. Doch irgendwann sind die küchenpsychologischen Erklärungen allzu simpel, mit denen sich die Figuren ihr Handeln und Sein sich selbst und dem Leser erklären.
Figuren wie Margret bleiben dennoch blass, und man stellt fest, dass sie nicht nur von Carl wenig beachtet wird, sondern auch von der Autorin. Die Autorin hat sich zwar erkennbar viele Gedanken über die psychologische Konstellation und Motivation ihrer Figuren gemacht, die zwar einfach und bisweilen klischeehaft, doch in sich stimmig sind. Allerdings hätten weniger detaillierte Erklärungen dem Leser mehr Raum für eigene Gedanken gelassen. Allzu bald ist die Handlung vorhersehbar, und einige Charaktere wirken bisweilen wie Schnitzfiguren in der Schwarzwaldstube.
Vorgefertigt fürs TV
Sprachlich ist »Schattengrünes Tal« präzise aber schmucklos, der Schwarzwald bleibt Kulisse. Die Handlungsorte sind eher rudimentär beschrieben. Nach Bildern oder Vergleichen muss man lange suchen. Der Text wirkt gelegentlich wie das verlängerte Treatment zur kommenden TV-Verfilmung. Was spannend beginnt, wird vorhersehbar und endet leider einfallslos.
»Das Buch zum TV-Film«, nur dass es den Film bislang (noch) nicht gibt.
Wolfgang Tischer
Kristina Hauff: Schattengrünes Tal: Roman. Gebundene Ausgabe. 2025. hanserblau ISBN/EAN: 9783446284289 24,00 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel


Dieser Titel „Schattengrün“, das ist für mich ein Nichtkaufanreiz.
Das Buch Schatttengrünes Tal wurde in der Tageszeitung so begeistert kommentiert, dass ich es gekauft habe. Leider war ich enttäuscht, der Plot war von der Idee nicht schlecht, aber lieblos runtergeschrieben. Die Figuren sind mir zu flach und simpel. Den Plot könnte man viel spannender schreiben.