Nach Aufräumarbeiten durchaus vorzüglich Im Kinderspiel »Reise nach Jerusalem« bleibt immer einer auf der Strecke. Damit hat der Roman trotz Titel nichts zu tun: niemand bleibt auf der Strecke, nicht einmal des Protagonisten Freundin Aline, denn der wird ein würdiges Denkmal gesetzt. Dass dieses Kinderspiel am Ende eine kurze Erwähnung findet, erklärt den Titel auch nicht: er legt eine falsche Fährte (oder ich habe sie nicht gefunden); überhaupt wird am Ende allerlei überflüssigerweise »aufgeklärt«: warum diese Reise überhaupt stattfindet; woran Aline gestorben ist (wo doch ihr Sterben und des Protagonisten Probleme damit so eindringlich geschildert werden); worin der Sight-Seeing-Wahn seine Ursache hat (den mitzumachen ein Leser landschaftsübergreifend gezwungen wird, wobei er sich durch kitschlastige Sprachmanierismen zu schlagen hat: »Wie unendliche Vergeblichkeit rauschte es über unseren Köpfen in Bändern blau und weiß hinweg.« (S. 38) »Die Nacht mit ihren giftigen Sehnsüchten wartete noch vor den eisernen Toren.« (S. 41) »rechts blökte der steinige Grund des kever dunkel herauf« (S. 65) - »Das Panorama aus Weite, Fels und Dunst schwankte zwischen Verzweiflung und Hoffnung. Ausdörrendes Land oder aufkeimender Boden?« (S. 80) - »Wie Narretei eines wahnsinnigen Gottes lag Safed malerisch verwunschen vor mir.« (S. 93) und dergleichen mehr, zum Glück nur selten dicke Abschnitte voll). Erwartungsgemäß erzählt am Ende Herbergsvater Blumenthal von seinen Nazi-Erlebnissen, was er am Anfang selbstverständlich ablehnt: »Verzeihen Sie, daran werde ich nicht gerne erinnert.« (S. 26); dabei stört mich nur die triviale Begründung seines Sinneswandels: »Sie haben mir viel von sich erzählt. Es ist wohl fair, dass ich auch etwas von mir erzähle.« (S. 128) da hätte ja jeder kommen können! But now for something completely different: denn mit einigem Aufwand ließe sich alles Bemängelte bereinigen, ohne Verluste bestimmt ein Fünftel des Textes tilgen dazu gehörte auch die sudelbuchig-großartige Abrechnung mit gewissen Glaubensinhalten (S. 97ff): die will & will zu dem Übrigen so gar nicht passen! Was bliebe dann? Ich wünsche mir und vor allem Jan Ulrich Hasecke eine zweite, überarbeitete und viel gelesene Auflage: er hat es verdient, gelesen zu werden! Jyri Hasecker; Nikolaus Henkel (Series Editor); Jürgen Sarnowsky (Series Editor): Die Johanniter und die Wallfahrt nach Jerusalem (1480-1522) (Nova Mediaevalia: Quellen und Studien zum europäischen Mittelalter, Band 5). Gebundene Ausgabe. 2008. V&R unipress. ISBN/EAN: 9783899714623. 75,00 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
| Ende des Jahres 2000 veröffentlichte Jan Ulrich Hasecke seinen Roman bei Libri-BoD, nachdem er zuvor im Internet zu lesen war und jeder aufgefordert war, den Text zu kritisieren. Eine öffentliche Lektorierung sozusagen. Über die ungewöhnliche Entstehungsgeschichte berichtete Hasecke auch im Literatur-Café. Nun hat sich Malte Bremer den Roman angesehen, und vielleicht ist das Ergebnis symptomatisch für die besten der bei BoD erschienenen Bücher: eine professionelle Lektorierung könnte durchaus noch mehr aus dem Werk machen. | |
Wenn Sie ein gutes Buch gelesen haben, das Sie weiterempfehlen möchten: Schreiben Sie uns eine kurze Kritik. Egal, ob es nur zwei Sätze sind oder es eine ausführliche Besprechung ist. Egal, ob das Buch eine aktuelle Neuerscheinung ist oder schon seit Jahren erhältlich ist. Einzige Bedingung: Das Buch sollte noch über den Buchhandel erhältlich sein. |