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Möhrendurcheinander mit Bratwurst
von Dirk Jasper

"Liebling, das Essen ist fertig", flötet meine Gattin durchs Telefon. Ich sitze im Büro am PC. "Danke, ich komme", brummele ich zurück. Ich wollte doch noch etwas downloaden.

Egal, der Mensch muss essen. Egal, was er isst. Hauptsache, es ist genießbar und ich werde satt.

Um später keinen bösen Blick von meiner geliebten Köchin zu erhalten, überlege ich mir, dass der Computer seinen Download auch alleine erledigen kann. Also tappe ich die 13 Stufen der Treppe nach oben in die Wohnung.

Der Duft, hm, das kann doch nur sein ... ich schnuppere ihm entgegen. Hätte ich das gewusst, hätte ich nicht vor mich hin gebrummelt!

Der Flur, ein langer, dunkler Gang. Ein sattes Gelb leuchtet mir am Ende durch die geöffnete Tür von den Wänden des Esszimmers entgegen.

Das Wasser sammelt sich in meinem Munde. Ich husche schnell auf meinen Platz. Schon rauscht meine Gattin mit dem Teller heran. Das ganze Esszimmer ist erfüllt von dem Duft.

Ein leuchtend rot-gelber Berg liegt auf dem Teller. "Möhrendurcheinander", eine meiner Leibspeisen. Daneben eine leicht krosse Bratwurst. Links vom Teller die Gabel, rechts das Messer. Die Tube mit dem Senf liegt oberhalb. "Düsseldorfer Tafelsenf, extra scharf", so wie ich es mag.

Ich atme den Duft des Essens ein. Ich nehme ich die Tube mit dem Senf, schraube die Kappe ab. Dann streiche ich genießerisch mit der Tube über die Bratwurst und lasse sie einen dünnen, braungelben Strich über die Bratwurst ziehen.

Ich nehme das Messer und verteile den Senf. Schon halte ich die Gabel in der anderen Hand. Ich piekse leicht in das obere Ende der Bratwurst. Mit einem leichten Knacken dringt die Gabel in die krosse Haut. Das Messer tritt in Aktion, es schneidet ein Stück der Bratwurst ab.

Jetzt will ich genießen. Ich führe die Gabel zum Mund, umfasse das kleine Stück Wurst, ziehe es von der Gabel. Dann kaue ich, erst vorsichtig, dann fester. Es ist genau die feine Bratwurst, die ich so liebe.

Jetzt nehme ich die Gabel und schiebe sie in den rot-gelben Berg mit dem Möhrendurcheinander. Ich häufele eine große Portion auf die Gabel. Ich ziehe sie langsam unter der Nase her, um den Duft ganz und gar auf meinen Geruchssinn einwirken zu lassen. Ich öffne erwartungsvoll den Mund, ziehe die Portion in den Mund, kaue leicht darauf herum, dann schlucke ich sie hinunter.

"Das Leben ist schön", sage ich mir, "wenn ich zu essen hat." Ich denke nach. "Das Leben ist schöner", so sage ich mir dann, "wenn ich gut zu essen hat."

© by Dirk Jasper. Für die Rechtschreibung sind die Autoren verantwortlich.

 
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