Der Duft der mich betört
von Rita Truckenbrodt

Am Sonntagmorgen zu früher Stunde
sammelt sich Wasser in meinem Munde.
Oh welcher Duft strömt da doch,
ganz ungebremst durchs Schlüsselloch.

So unheimlich gut ging es meiner Nase noch nicht,
drum bin ich auch ganz darauf erpicht,
zu erfahren was da meine Sinne betört,
bin hingerissen, dass mich kaum mein Telefon stört.

Umnebelt hebe ich den Hörer ab,
(bleibe noch, süßer Duft - und Nase mach' nicht schlapp)
höre mich sagen "Hallo, wer ist da ?",
"Ich bin's, mein Kind, deine Mama",
"Ach Mama, bei mir duftet's so verführerisch, ich krieg kaum genug."
Mama fragt mich "Na sag blos, du hattest wohl Besuch ?"

"Ich? Was, Besuch? Nein, nein - wo denkst du hin!
(Oh du liebster Duft, bleib noch in meiner Nase drin !)
Aber weshalb rufst du an, so früh am Morgen ?"
"Kannst du's dir nicht denken, ich machte mir Sorgen.
Wollte nur dass du's nicht vergißt,
dass du heut bei uns zu Mittag isst."

"Hätt ich nicht, hab mich schon gefreut' ?
Du Mama, was gibt eigentlich Gutes heut' ?"
"Etwas ganz leckeres hab ich mir ausgedacht,
hab uns eine saftigen Gänsebraten gemacht.

Nur weshalb fragst du mich, was es heut gibt bei mir,
der Duft zieht doch sonst immer hinauf zu dir."
So wie sie's sagte füllte ich meine Lungen,
und wär' ich doch fast aus dem Bett gesprungen,
oh himmlischer Duft den ich heut früh fand,
du herrlicher Gänsebraten, bringst mich um den Verstand.

Jetzt wußt' ich's - die Gans war's - alle Sinne nahm sie mir.

© by Rita Truckenbrodt. Für die Rechtschreibung sind die Autoren verantwortlich.