CMA - Bestes vom Bauern Das Literatur-Caf� - Der literarische Treffpunkt im Internet
 
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Rauchgeschmack
von Rainer Pick

Rauch auf deiner Zunge.
Den kennst du .
Ach ja, lange her.
Als die Kinder deiner Eltern noch zur Kartoffellese in das benachbarte Dorf fahren mussten.
Da war der Bauer mit seinem roten vom Wetter gegerbten Gesicht, der die Körbe ausgab und erklärte, wie das mit dem Sammeln der Kartoffeln funktioniert.
Da seine Frau, die zur Mittagszeit mit dem Essen auf das Feld kam, wo wir ermattet von der ungewohnten Arbeit in der Sonne und direkt auf dem lehmigen Boden saßen und stolz einander erzählten, wieviel Körbe mit Kartoffeln von eigenen Händen gesammelt wurden. Hände, an denen noch Lehmkrusten klebten und die rot vom Wühlen, Sammeln und Halten auch Bläschen anstelle späterer Schwielen bekamen.
Hände, die nun die Hähnchenkeulen hielten, während die Zähne in das gebratene Geflügel bissen und dem Gehirn signalisierte, dass die Mahlzeit begonnen hat und die Zunge mitteilt, dass Sand nicht so gut schmecken würde.
Und da waren dann noch die Knie, deren rote Oberfläche von der Reibung mit dem Lehmboden zeugte. Lehmboden, der gerade umgeworfen in grober Scholle die hellen Fruchtknollen frei gab, die in Weidenkörbe gesammelt von den beiden stämmigen Bauerbuben auf den Anhänger geworfen wurden. Hänger, die von den beiden Kaltblütern, den braunen, über den Acker gezogen und in Abständen wieder ein Stück voran gerückt wurden.
Kaltblüter, die ohne große Anstrengung diesen Kartoffelroder zogen und während der Pausen schnaubend den Böden in unmittelbarer bzw. erreichbarer Nähe nach Fressbarem untersuchten, um dann auch die paar gelben Halme genußvoll und laut zu zermalmen.
Und als das Feld von Kartoffeln abgesammelt war und wir staunend am Rand standen, stolz auf das Erreichte, begannen die Bauernjungen noch einmal zu sammeln.
In großen Haufen auf dem Feld verteilt lag das Kartoffelkraut.
Von Haufen zu Haufen ging der Bauer, hockte sich nieder und hielt in seinen schwieligen Händen das brennende Zündholz, geschlossen fast die Hände, damit die Flamme bleibt, dann das trockene Kartoffelkraut entflammend.
Zuerst kam der weiße Rauch, dieser würzige, dann die helle rot- blaue Flamme, die einmal die Höhe erklimmt wieder in sich zusammen fällt.
Und in unseren Gesichtern glüht die Flamme nach.
Ganz zum Schluß die weiß-grauen Aschehaufen, zum Teil vom Wind schon verweht und ein letzter würziger Rauchschwaden, im Stoff des Hemdes eingenistet.
Tiefer Schlaf der Folgenacht.
Die Fahrt heute zum Landgasthof im benachbarten Dorf.
Dieser würzige Rauch auf deiner Zunge.

© by Rainer Pick. Für die Rechtschreibung sind die Autoren verantwortlich.

 
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