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Unabhängige Verleger geben Tipps für’s Schreiben und Veröffentlichen

LeselampeWer lässt sich schon gerne Ratschläge erteilen? Dass Empfehlungen von Verlegern leicht auch für Unmut unter Autoren sorgen können, hat man an der regen Diskussion zu Andreas Paschedags Tipps an Autoren sehen können. Trotzdem: Ich habe mit der Verlegerin Bettina Hesse (Tisch 7) und dem Verleger Daniel Beskos (mairisch) gesprochen und sie gefragt, was sie Autoren, die noch nichts veröffentlicht haben, raten würden. Erfreulicherweise bekam ich darauf ganz verschiedene Antworten, die ich mir erlaubt habe, zusammenzufassen.

Bettina Hesse rät den Autoren zuvorderst, »bei sich zu bleiben«, in Thema und Stil nicht nach dem Publikum zu schielen. Das heißt natürlich auch, über das zu schreiben, was den Schreibenden bewegt, Geschichten zu erzählen, in denen man sich gut auskennt. An diesem Punkt kommt die Autobiographie ins Spiel, sollte man meinen. Die Frage, ob ein Text autobiographisch ist oder nicht, ist aber nicht das, was sie als Lektorin bewegt: »Wenn es einen anspringt, dass es ein autobiographischer Text ist, dann ist das nicht so gut; wenn es einem aber egal ist, ob das autobiographisch ist oder nicht, dann ist es interessant.« Ein gelungener Text also. Was ist ein guter Text? Bettina Hesse bringt das Stichwort Begabung oder, wie sie es nennt, »Ausdruckswillen« auf die Tagesordnung. Dass also nicht nur der Wunsch nach einem Ausdruck vorhanden ist, sondern der Text von einer Struktur geprägt ist, die diesen Ausdruck in sich leichtfüßig von selbst transportiert. Ein weites Feld, selbstredend. Ihr geht es dabei nicht nur um das handwerkliche Können, sondern um dieses »Etwas, das über den Text hinausgeht« – dieses Etwas, über das, so sage ich, nicht der Autor entscheidet, sondern das andere dem Schreiber nachsagen.

In unserem Gespräch kamen wir auf ein Thema zu sprechen, das mit dem schriftstellerischen Können zumindest verwandt ist: das Alter bzw. die Reife der Autoren. Die Kölner Verlegerin reagiert zurückhaltend auf die Bezeichnung »junger Verlag«, da dies, wie gesagt, eine Schublade ist, die in den Medien gerne mit »jungen Autoren« identifiziert wird. Sie gibt aber zu bedenken, dass das Alter und das heißt die Schreib- und Lebenserfahrung von Autoren sich auch in deren Texten niederschlägt und zwar positiv: So wie im Leben wächst der Autor auch mit und an jedem geschriebenen Text, was bedeutet, dass die ältere Autorin oder der ältere Autor gegenüber dem Mittzwanziger aus einer größeren Fülle und Tiefe schöpfen kann. »Dass also nicht nur der Text den Autor trägt, sondern auch, dass der Autor den Text tragen kann.« Selber Mittzwanzigerin, denke ich, dieser Gesichtspunkt hat Diskussionspotential.

Daniel Beskos hebt andere Aspekte hervor und auch sein Rat wird nicht jedem gefallen. Zuallererst heißt seine Grundübung: »Schreiben. Es gibt Leute, die können’s, und andere, die können’s nicht, aber alle können besser werden, wenn sie dran arbeiten.« Und fügt schnell hinzu: »Deine Mutter zählt nicht als Fan.« Beskos’ dringendstes Anliegen ist die eigene Überprüfung. Wie geht das? »Vorlesen. Ich glaube, das ist die härteste Schule. Denn was man auf der Bühne merkt, sei es bei Lesungen oder bei Poetry Slams: größte Peinlichkeit beim Lesen eines Satzes, von dem man dachte, das ist jetzt ein Knaller, davon spürt man im privaten Rahmen oft nichts.« Ein gelangweiltes Publikum ist nicht angenehm, das wünscht sich niemand. Aber in Erwägung ziehen muss man es. Und darauf kommt es ihm an: »Man liest einen Satz vor und denkt dabei, ‘Oh Gott, ist das schlecht.’ Und den Gedanken hat man zuhause vielleicht nie gehabt. Und dass man ihn hat, ist aber total wichtig. Denn erst wenn man darüber nachdenkt, heißt das ja, dass man den Text nochmal überarbeitet.« Wer selber einmal auf der Bühne gestanden hat und sich dem Publikum und seinem Text und einer Bewertung und einer ehrlichen Reaktion stellt, weiß, dass das in die Hose gehen kann: »Wenn die Leute deinen Text langweilig und scheiße finden, danach ist man echt erstmal gereinigt. Dann kann man neu anfangen.« Und das sollte man doch wollen!

Ein anderer Effekt von Lesungen ist natürlich, dass man auch gehört wird. Das ist auch für Daniel Beskos entscheidend: »Irgendwann kommt eh jeder um die Ecke und sagt, ‘Ich hab da noch diesen Roman’. Und ich denk’ dann: ‘Den will ich aber nicht lesen.’ Ich will ihn aber dann lesen, wenn ich den Typ eh schon drei Mal auf Lesungen gesehen hab und ihn super finde.« Was er als Verleger von Autoren erwartet, ist: beständige Schreibaktivität, die Bereitschaft, an sich zu arbeiten und sich der Kritik zu stellen. Außerdem — und dies wird immer wieder in ein unglückliches Licht gerückt — schadet es nicht, aktuelle Veröffentlichungen zu lesen. Um zu sehen, welche Stile und welche Themen Autoren haben, die aktuell veröffentlichen. Was passiert in der Literatur der Gegenwart? »Damit sage ich nicht, dass man nach Trends schreiben muss, überhaupt nicht – aber man muss wissen, was aktuell passiert, und sei es, um sich davon abgrenzen zu können!«

Kein Verlag wünscht sich Anschreiben, in denen mit den intertextuellen Bezügen zu Goethe argumentiert wird, wenn Christian Kracht seit 12 Jahren Romane veröffentlicht. Ähnliches klingt auch bei Hesse an, wenn sie den Autoren eine gewisse Hilflosigkeit in den Manuskriptzusendungen zuschreibt: Das Argument, das Manuskript würde gut zu dem und dem Autor passen, ist aus Verlagssicht nicht ganz griffig, denn da dieser Autor ja bereits im Programm ist, interessiert sich der Verleger dann eher für eine neue Richtung.

Beide erwähnen auch Schreibschulen wie das Deutsche Literaturinstitut in Leipzig: Natürlich erhalten die Studenten dort die Möglichkeit, an ihrem Können zu feilen. Gleichzeitig jedoch ergreifen die Absolventen oftmals Maßnahmen, die auf Independents eher unsexy wirken. Daniel Beskos wendet sich gegen den Trend zur Literaturagentin, das Kuscheln mit den Größen und das Flirten mit dem Suhrkamp-Lektor. Netzwerken ist sinnvoll, natürlich, auch für Autoren. Aber er wünscht sich den literarischen Werdegang doch deutlich unverbissener: »Wichtig ist, dass man selber schreibt und auf Lesungen liest und dass man sich verknüpft, mit anderen Autoren, mit kleinen Verlagen oder auch großen redet, aber eben erstmal auf so eine unkomplizierte Art und nicht sofort, Bamm, und hier ist mein Manuskript.«

So? Sit back, relax, write, read and find out about the rest. Viel Glück dabei.

Anika Stracke

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3 Kommentare

  1. Hallo!
    Ich habe hier eigentlich eine Frage im Bezug auf die Veröffentlichung des ersten Buches einer Jungautorin.Wir suchen nämlich noch einen Sponsor für die Kosten die sie selbst tragen muß.Hier geht es um 900 Euro.Der verlag sucht zwar selbstständig nach einer Firma aber wenn es nicht klappt muß sie die Kostenselber bezahlen.Kann irgend jemand was hilfreiches dazu schreiben wie an so einen Sponsor gewinnen kann?
    Mit freundlichen Grüßen
    Sandro

  2. um gottes willen, nichts bezahlen! wir leben in einer arbeitsteiligen welt. der autor schriebt, der verleger verkauft. damit nimmt er geld ein, wovon er dem autor üblicherweise 8-12% abgibt. wenn er das geld schon vom autor hat, warum soll er sich dann och die mühe machen, zu verkaufen.

    zum text: man muss auch im literaturbetrib unterwegs sein, muss die verleger und agenten persönlich kennen lernen oder einen kennen, der einen kennt. ohne beziehungen gehts auch hier nicht.

    und: ja, lebenserfahrung ist hilfreich, aber ohne regelmäßiges üben, sprich schreiben, hilft die auch nicht.
    carmen

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