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Textkritik: ohne titel – Lyrik

Eine Textkritik von Malte Bremer

Ohne Titel

von Marina Thil
Textart: Lyrik
Bewertung: von 5 Brillen

sitzen, warten, kälte sehen
kälte spüren
der schnee fällt
draußen
es ist kalt

© 2006 by Marina Thil. Unerlaubte Vervielfältigung oder Weitergabe - gleich welcher Art - verboten.

Zusammenfassende Bewertung

So schlecht wie kurz.
Zum Trost hier etwas Unübertreffbares zum Thema vom teuren Ror Wolf:

wetterverhältnisse
es schneit, dann fällt der regen nieder
dann schneit es, regnet es und schneit
dann regnet es die ganze zeit
es regnet und dann schneit es wieder

Die Kritik im Einzelnen

Wenn wenigstens zu Beginn der Rhythmus gehalten wäre, z. B. durch eine andere Einteilung:

sitzen, warten
kälte sehen
kälte spüren

wenn dem Schnee der Artikel genommen wäre, denn es bleibt immer Schnee, es ist kein bestimmter;
wenn das draußen entfiele, denn es wird ja wohl nicht im Kämmerlein schneien;
wenn auch noch die Feststellung es ist kalt entfiele, denn wie soll es denn anders sein, wenn die Kälte bereits gespürt wird;
wenn der fallende Schnee rhythmisch ebenfalls eingebunden wäre, z. B.:

sitzen, warten
kälte sehen
kälte spüren

und es schneit

also eine rhythmische Struktur entstünde, unterbrochen durch eine optische und damit zeitliche Distanz zwischen der Erwartung und ihrer Erfüllung (wobei ich auf das isolierte Substantiv Schnee verzichtet habe): Dann, und nur dann, ließe sich dem Werklein vielleicht noch etwas abgewinnen, aber viel gewiss nicht!

© 2002 by Malte Bremer. Unerlaubte Vervielfältigung oder Weitergabe – gleich welcher Art – verboten.