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Shortlist des Kindle Storyteller Award 2018: »Sprachlich hilfloses Gerumpel«

Kindle Storyteller 2018 - Ein Blick auf die Shortlist

Zum vierten Mal vergibt Amazon unter »seinen« Self-Publishern den Kindle Storyteller Award und zum zweiten Mal werden in der Kategorie Storyteller X »außergewöhnliche Erzählformen« ausgezeichnet. Die jeweiligen Gewinner erhalten ein Preisgeld von 10.000 und 5.000 Euro.

Unser Textkritiker Malte Bremer hat sich die sechs nominierten Titel angesehen – und findet tatsächlich Preiswürdiges.

Beginnen wir mit den Nominierten des Kindle Storyteller Award 2018. Warum und wieso wurden diese drei Titel nominiert? Dazu schreibt Amazon in einer Pressemitteilung:

Die Auszeichnung würdigt herausragende Arbeiten von Independent-Autoren, die über Kindle Direct Publishing (KDP) selbst veröffentlicht haben. Die Finalisten wurden anhand ihrer Beliebtheit ausgewählt, die sich unter anderem in Bewertungskriterien wie Verkaufszahlen, gelesenen Seiten und positiven Kundenbewertungen wiederspiegelt.

Und was meint unser Kritiker Malte Bremer zu diesen Texten?

Ella Zeiss: Wie Gräser im Wind

Ella Zeiss: Wie Gräser im Wind

Erwartungsgemäß – denn hier ist ja ein Self-Publisher am Werkeln – fängt der Text nicht an, sondern es wird zunächst der typische Self-Publisher-Pseudo-Prolog abgesondert, also einer, der eben keiner ist, sondern ein inhaltlicher Appetithappen. Und der ist versalzen:

Eine Yvo stützt ihre Arme an der dunklen Küchenplatte ab. Daraus schließe ich: Es gibt mindestens zwei Küchenplatten: eine dunkle und eine nicht-dunkle. Und die befinden sich irgendwie an der Wand, denn sie stützt sich bekanntlich ab an dieser und nicht auf dieser dunklen Küchenplatte.

Erschreckend viel Unfug schon in den ersten zehn Wörtern: »Müde stützte sich Yvo auf die Küchenplatte« hätte vollauf genügt!

Dann der übliche Familien-Kitsch, nämlich dass sonntags sich in der sonst eher stillen Wohnung die ganze Familie bei Yvo & Co. versammelt und die »trippelnden Schritte von Yvos Urenkel« die Wohnung mit Leben erfüllen. Erwartungsgemäß stellt Yvo fest, dass sie schon lange keine zwanzig mehr war und dieses ganze Leben sie anstrengte … Es reicht gerade noch, dass ihre Aufmerksamkeit weg von der Küchenplatte an der der Wand nach draußen wanderte, und zwar durch ein Fenster (statt durch die Wand: Vielleicht hatte die Küche ja gar kein Fenster – und schließlich muss man genau sein.) Und was sieht sie da? Erstaunliches: Ein Harri pflückte Himbeeren, aber nicht mit den Händen, sondern mit dem Urenkel! Das hätte ich gerne gesehen!

Lustlos schlurft das vor sich hin und bietet nichts außer einen Haufen unfreiwilligen Humor und Klischees.

Ella Zeiss; Elvira Zeißler: Wie Gräser im Wind: Tage des Sturms (Band 1). Taschenbuch. 2018. Independently published. ISBN/EAN: 9781980879015

Karolyn Ciseau: Das Blatt des dunklen Herzens

Karolyn Ciseau: Das Blatt des dunklen Herzens

Ein dermaßen kitschiges Titelbild ist mir schon lange nicht mehr untergekommen! Dazu passt der Appetithappen, den Self-Publisher jedweden Geschlechts großspurig und völlig falsch »Prolog« nennen … Nein, ich werde mich nicht daran gewöhnen! Genauso gut könnte man – statt ein Gedicht ein Gedicht zu nennen – es ZIRBELDRÜSE nennen oder MAOAM oder PRIMZAHL.

Zum Appetithappen: Weil des Bruders Blut vom Handgelenk auf die »kalten, weißen Fliesen des Badezimmers tropfte«, rebellierte etwas in der Protagonistin Magen und drohte, sie zu verschlingen. Meinertreu: Dieses ETWAS im Magen verdaut den Rest des Körpers und letztlich auch sich selbst? Da wäre ich gerne Zeuge, wie jemand sich selbst verschlingt und dabei noch ein brennendes Gefühl hat. Auf diesen Einfall muss man erst einmal kommen!

Stattdessen erfahren wir, dass Blut metallisch riecht (stimmt, aber ist nix Neues) und dass der Protagonistin Körper immer zusammenzuckte, wenn »ein dunkelroter Tropfen mit einem leisen Geräusch zerplatzte«. Dazu brauchte es kein leises Geräusch, denn jeder Tropfen macht beim Aufprall Geräusche. Und der Bruder hat beim Schnibbeln wohl Arterie und Vene verwechselt, sonst würde das Blut ja hellrot pulsieren. Die Protagonistin weiß schlicht und einfach nicht, was sie sich da zusammenfantasiert.

Aber damit nicht genug: Das Blut in der Wanne »breitete sich im Wasser wie lose, wabernde Spinnweben aus, die nach mir greifen und mich hinabziehen wollten«. Ja, wie jetzt: Einerseits wird sie bereits von sich selbst verschlungen, und gleichzeitig will das zart flüsternde, wabernde Elfenblut sie ins Badewasser hinabziehen (obwohl der tote Bruder bis auf sein Handgelenk bereits drin lag. Muss eine Riesenwanne sein.) und zu allem Übel auch noch »ein Gefühl entlocken«? Ist damit das »eisige Gefühl« gemeint, dass das lauwarme Wasser bei ihr verursacht? Dann brennen auch noch die Tränen in ihren Augen!

Solch ein Haufen Unsinn in so wenig Text – das hat was!

Aber nichts Gutes.

Karolyn Ciseau: Das Blatt des dunklen Herzens (Das Spiel der vier Farben 1). Kindle Ausgabe. 2018. . 4,99 €  » Herunterladen bei amazon.de Anzeige

Marcus Hünnebeck: Der Wundennäher

Marcus Hünnebeck: Der Wundennäher

Da hat einer eine Luzie nicht nur überwältigt, ausgezogen, gefesselt und geknebelt und ans Bett gefesselt und – man & frau lese & staune – der brutale Kerl hat auch noch das Schlafzimmer umdekoriert! Wahnsinn! Hat einen Halloween-Kürbis in Luzies Sichtfeld gestellt und Kastanien und Blätter ausgebreitet. Jeden Tag kam er »für eine Stunde vorbei« und gab ihr was zu essen und Wasser zu trinken, dann löste er die Fesseln und führte Luzie zur Toilette. Natürlich bedrohte er sie dabei mit einer Waffe, schließlich könnte sie ja aus dem Fenster springen oder ihn würgen oder so.

Und was geht in Luzie vor? Nun: Sie versucht sein Vertrauen zu gewinnen, indem sie entknebelt z. B. freiwillig nicht schreit, um sein Vertrauen zu gewinnen und sein Mitleid zu erwecken und mit ihm ins Gespräch zu kommen – alles ausgesprochen banal und selbstverständlich, da schon tausendmal gelesen und gehört.

Und deshalb fragt sie sich selbstverständlich auch, wieso gerade sie und was sie denn Besonderes hatte, um in sein Visier zu kommen? Und warum er keine Maske trägt? Alles so, wie es sein soll in jedem x-beliebigen Psychothriller. Und nicht minder selbstverständlich war sie sich sicher, dass niemand sie vermisste.

Doch dann betritt ein anderer Mann ihre Wohnung, streichelt ihr zärtlich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und schneidet an ihrem Oberschenkel rum. »Mal kucken, wie viele Schnitte du aushältst, bis du das Bewusstsein verlierst.«

Fazit: Massenware. Alles schon mal dagewesen, abgesehen vielleicht von der Herbst-Deko. Aber letztlich handwerklich korrekt: Das hebt diesen Text weit über die anderen beiden hinaus: Wenn preiswürdig, dann dieser!

Marcus Hünnebeck: Der Wundennäher: Thriller (Drosten und Sommer). Kindle Ausgabe. 2018. . 3,99 €  » Herunterladen bei amazon.de Anzeige

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35 Kommentare

  1. Hat der nette Herr Kritiker eigentlich mehr als die ersten 10 Seiten der Bücher gelesen? Wenn ich mir so durchlese, was er so von sich gibt, wage ich es doch sehr zu bezweifeln!
    Und zum Glück sind Geschmäcker ja verschieden, ist Herr Bremer für seine Art zu kritisieren ja bekannt und zählt die Meinung vieler begeisterter Leser/innen mehr als die einer einzelnen Person.

    Mit freundlichen Grüßen
    Esther Schade

  2. Ich lese nichts mehr von Malte Dingsda. Es ist langweilig, weil man eh weiß, was kommt. Dasselbe wie im letzten Jahr. Gähn.
    Das Literaturcafé schafft den Spagat, sich über Selfpublisher lustig zu machen und gleichzeitig aber an ihnen zu verdienen. Sorry, das finde ich ätzend.

  3. Furchtbar das solche ” Kritiken” veröffentlicht werden dürfen.
    Jeder der mehr als nur ein paar Seiten von Elvira Zeißler gelesen hat, weiß das dass was hier beschrieben wird, absolut nicht ihrem Schreibniveau entspricht. Ich habe inzwischen (Ich muss schätzen) 9-12 Werke dieser Autorin Gelesen und noch NIE hatte ich das Gefühl das etwas Langatmig, unnötig doppelt gemoppelt oder gar unlogisch war.
    Man sollte vielleicht keine Rezensionen über Bücher abgeben dessen Genre nicht dem eigenen Geschmack entsprechen.
    Ich empfehle sich mal einem anderen Genre zuzuwenden … Fantasy villeicht?
    Dazu könnte ich jetzt natürlich provokanter Weise die unfassbar schönen Werke ” Die Drachenrüstung” & “Feenkind” von Elvira Zeißler empfehlen … aber ich bin ja nicht hier um zu stänkern ….

  4. Herr Bremer ist einfach nur peinlich. Eben jemand, der offenbar nach wie vor selbst nichts auf die Reihe kriegt (“schreibt viel, veröffentlicht aber nichts”, blablalabergrütz), sich aber anmaßt, über andere zu urteilen. Insofern @Esther + Emma: Volle Zustimmung und den Mann einfach nicht ernst nehmen.

  5. Herr Bremer schafft es doch tatsächlich mit seinem Kommentar Amazon kdp, den Storyteller Award, die Nominierten, Selfpublisher im Allgemeinen und zusätzlich noch die Leser, die die Bücher für gut befunden haben, zu beleidigen.
    @ Esther: Der selbsternannte Literaturkritiker hat, wenn man die zitierten Passagen betrachtet, von jedem Buch nur die erste Seite gelesen (mit zehn bist Du ja richtig großzügig ;-)) und dann sein Urteil gefällt. Er hat sicherlich keine Ahnung vom Inhalt der Bücher!
    @Emma: Ich muss Dir zustimmen: literaturcafe macht sich so dermaßen lustig über selfpublisher, das ist wirklich mehr als ätzend.
    @Uli: Du hast es auf den Punkt gebracht: schreibt viel, veröffentlicht aber nichts, blablah – heiße Luft, nichts dahinter.
    Mir gehen die Bewertungen des selbsternannten Kritikers und die Doppelmoral von literaturcafé mittlerweile so dermaßen auf den Zeiger, dass ich zukünftig auch nicht mehr auf literaturcafé vorbeischaue. Und by the way: wenn schon ein Literaturkritiker, dann bitte einen, der a) wenigstens selbst schreibt oder b) zumindest Literaturwissenschaft, o. ä. studiert hat.
    Ein älterer Herr, der in seiner Seifenblase sitzt und sich nur die erste Seite von Büchern durchliest, um dann sein Urteil zu fällen, macht für mich noch keinen Literaturkritiker aus.

    • Selbst wenn Herr Bremer es gewagt haben sollte, nur die ersten Seiten zu lesen, ist es umso erschreckender wie schlecht diese sind. Gerade die ersten Seiten sind so wichtig. Wer es da schon nicht bringt, hat eben verspielt. Game Over.

  6. Ich habe noch nie oberflächlichere und so nichtssagende Kritiken gelesen. Es entsteht der klare Eindruck, dass kaum eine Seite der kritisierten Bücher gelesen worden ist. Ein Buch besteht für gewöhnlich aus mehr als nur einem Prolog und schon oft hat sich hinter einem eher überflüssig oder vielleicht langweilig wirkenden Prolog ein ansonsten lesenswertes Buch versteckt. Was hier geschrieben wurde, ist lediglich Wischiwaschi und nicht ansatzweise fundiert. Es macht mehr den Eindruck, als wäre mal eben die erste Seite eines Buches aufgeschlagen und dann das Lesen eingestellt worden.
    In der ersten Kritik wird sich auf den Pseudoprolog berufen, der ja offenbar typisch für Selfpublisher sein soll. Ein Prolog soll doch den Leser an die Geschichte heranführen, eventuell Hintergrundinformationen geben bzw. eine bestimmte Stimmungslage erzeugen. Was genau ist dann an diesem Prolog Schein? Er wird ohne irgendein fundiertes Argument als Pseudoprolog betitelt, obwohl er die Kriterien für einen Prolog durchaus erfüllt. Der Leser wird auf die Geschichte eingestimmt, er wird von den Erinnerungen einer alten Frau erfahren, die offenbar nicht immer schmerzfrei waren und die vor allem durch ein kleines Schmuckstück bei der Protagonistin ausgelöst werden. Scheinprolog – oder doch nur unangebrachtes Denunzieren von Selfpublishern? Dabei muss gesagt sein, dass auch ich oft kein großer Freund von Selfpublisher-Werken bin, da mir vieles nicht so recht zusagt. Deswegen würde es mir dennoch nicht im Traum einfallen, alle Selfpublisher gleichermaßen zu verteufeln. Es gibt durchaus einige, die es auch als Selfpublisher verstehen ziemlich gut zu schreiben.

    Es wird schließlich auch ein Rätsel bleiben, warum die schöne Präposition “mit” neuerdings nur noch instrumental genutzt werden darf und modale und temporale Nutzung offenbar nicht mehr zu existieren scheinen. Wo doch sogar der Duden uns die instrumentale Nutzung der Präposition erst auf einer der hinteren Positionen nennt. Natürlich macht die Satzstellung hier eine instrumentale Verwendung möglich, es ist aber selbst Grundschulkindern klar, wie hier die logische Verwendung sein muss, sodass trotz der Stellung auf keinen Fall eine Verwechslungsgefahr besteht. Sollte hier einem Leser wirklich die Logik fehlen, um „mit“ nicht als Instrumentalis aufzufassen? Mir stellt sich die Frage, wurde hier nur um des Meckerns willen etwas kritisiert oder gab es einfach keine sinnvollen Kritikpunkte? Muss eine Schriftstellerin dann wirklich schreiben, was ganz eindeutig ist, nämlich, dass Himbeeren mit den Händen zusammen mit dem Urenkel gepflückt werden? Ich für meinen Teil habe Himbeeren im Garten noch nie auf eine andere Weise gepflückt als mit den Händen. Es mag natürlich sein, dass der Schreiber dieser Kritik große Maschinen auffährt, um eine kleine Himbeere aus dem eigenen Garten zu pflücken, aber jedem normalen Menschen reichen dort die Hände aus, sodass es für jeden normalen Menschen auch schlichtweg logisch ist, dass diese genutzt werden und eine Notwendigkeit der Nennung der Hände somit entfällt. Aber man kann sich natürlich an so einem Punkt aufhängen, wenn man den Eindruck verbreiten möchte, dass man sich mit dem restlichen Buch und der eigentlichen Handlung nicht beschäftigt hat.

    Kommen wir zu der Verwendung von Adjektiven. Natürlich kann etwas dunkel sein, ohne dass dies bedeutet, dass es zwangsläufig zwei Dinge im selben Raum geben muss, von denen eines dann im Gegensatz zum anderen hell sein muss. Man muss dies nicht abgrenzend verstehen – kann es aber offenbar, wenn man Kritikpunkte an den Haaren herbeiziehen möchte. Für meinen Geschmack wird „dunkel“ hier atmosphärisch gebraucht. Dabei scheint diese Küche einfach schon älter zu sein, da in den meisten modernen Küchen eher hellere Farbtöne verwendet werden. Dies wiederum sorgt dafür, dass man sich als Leser, nur durch ein kleines Adjektiv dazu angeregt, beginnt die Räumlichkeit selbst im Kopf zu gestalten, das Alter der Küche vielleicht mit dem Alter der Bewohner zu verknüpfen, auch wenn ansonsten nichts weiter dazu gesagt wird. Sollte ein Buch nun auf den beschreibenden, atmosphärischen Einsatz von Adjektiven verzichten, weil es einem einzelnen Kritiker, der leider keine relevanten inhaltlichen Dinge ins Auge fasst, übel aufstößt? Ich denke nicht.

    Dass sich die Protagonistin an der Arbeitsplatte und nicht auf der Arbeitsplatte abstützt, kann man sicherlich als ein kleines sprachliches Manko werten, aber tritt dies wirklich so stark in Erscheinung, dass man nahezu seine komplette Kritik darauf aufbauen muss? Soll wirklich eine nicht ganz sinnvolle Nutzung einer Präposition Anlass sein, den Inhalt eines ganzes Buches komplett zu zerschießen ohne weitere relevante inhaltliche Punkte zu nennen? Allerdings ist auch hier anzumerken, dass „an etwas abstützen“ nicht unbedingt voraussetzt, dass dieses Ding sich an einer Wand hängend befinden muss! Ich kann mich durchaus auch an meiner Arbeitsplatte abstützen, wenn ich mich beispielsweise mit dem Rücken dagegen lehne und die Hände nach hinten abstütze (sie somit nicht unmittelbar auf der Arbeitsplatte, sondern viel mehr an der Kante der Arbeitsplatte ruhen).

    Schließlich wird die Autorin ganz korrekt und lässt die Protagonistin durch ein Fenster nach draußen blicken, da ist es auch wieder nicht recht. Hätte sie das Fenster allerdings nicht genannt, wäre dem Kritiker dann wahrscheinlich in den Sinn gekommen, dass sie tatsächlich versucht per Röntgenblick durch die Wand zu sehen, immerhin ist es nicht logisch, dass Himbeeren natürlich mit der Hand gepflückt werden, ohne dass dieses Instrument konkret benannt wurde – wieso sollte dann ein Fenster als logisch vorausgesetzt werden? Konnte man sich hier nun nicht festlegen, was einem besser gefällt – sollen logische Dinge nun konkret beschrieben werden oder ist das schlichtweg Unsinn? Ich bin wirklich verwirrt, wie man schon in einem so kurzen Text gleich zwei gegensätzliche Meinungen vertreten kann. Wie soll jemand eingrenzen, was einem Leser logisch erscheint und daher ungenannt bleiben kann und was nicht? Wenn doch schon die Hände zum Pflücken der Himbeeren offenbar nicht logisch vorausgesetzt werden!

    Wieso wird schließlich nichts vom eigentlichen Inhalt des Buches ins Auge gefasst? Ich empfinde es als sehr zweifelhaft, dass überhaupt nicht auf konkrete Inhalte eingegangen wird. Was genau schlurft denn beispielsweise lustlos – etwa das Buch? Wenn man diese Kritiken so liest, dann muss ich hier ganz stark kritisieren, dass ein Buch oder sein Inhalt aber nicht gehen kann und noch dazu auch noch geräuschvoll gehen kann! Hier eine Personifikation zu nutzen ist doch absoluter Quatsch und mutet als kläglicher Versuch an, die eigentliche Ahnungslosigkeit, was den Inhalt der Bücher angeht, zu vertuschen. Was genau schlurft? Worauf genau bezieht sich „das“ – die Geschichte oder die Handlung, dann wäre „das“ aber das falsche Pronomen. Oder soll “das” hier stellvertretend für das große Ganze stehen, dann stellt sich noch immer die Frage, warum man hier nicht einfach konkret werden kann und genau benennt, was beim weiteren Lesen übel aufgestoßen ist. Oder kann hier vielleicht tatsächlich kein weiterer inhaltlicher Bezug genannt werden, da in der Tat nur der Prolog gelesen wurde? Das würde natürlich nicht für eine fundierte und gewissenhafte Arbeit eines Literaturkritikers sprechen. Womit ich auf keinen Fall sagen will, dass diese Kritiken ansonsten den Anschein einer gewissenhaften und fundierten Arbeit machen – ganz im Gegenteil.

    Dieser Eindruck macht sich bei mir breit, da kein Wort über eine doch recht tragisch anmutende Geschichte verloren wird, sondern diese stattdessen als Familienkitsch bezeichnet wird. Bei den Worten Flucht, Arbeitslager, Beraubung der Menschenwürde, Leben auf engstem Raum empfinde ich das Wort kitschig allerdings wahrlich nicht als ein treffendes Adjektiv. Kitsch im Prolog – ja, vielleicht gibt es etwas Kitsch im Prolog, doch dieses Harmoniebedürfnis der Familie dürfte dem Leser spätestens dann logisch erscheinen, wenn er die Familiengeschichte bis zum Ende gelesen hat. Und tatsächlich ist, was soll man sagen, unser menschliches Leben gelegentlich einfach kitschig, was doch aber nicht zwangsläufig etwas Schlechtes sein muss.

    Auch das Wort Klischee in Verbindung mit den im Buch beleuchteten Hintergründen stößt mir irgendwie übel auf. Ist es denn ein Klischee, dass sich Männer in bitterer Kälte in diesen Arbeitslagern beinahe zu Tode arbeiten mussten? Kann man es als Klischee bezeichnen, dass kranke Kinder von ihren Müttern ferngehalten wurden? Nur ein Klischee, dass manch politisches Regime einfach nur grausam war und es auch heute noch grausame gibt? Klischee, dass Menschen für nichts als Kleinigkeiten verhaftet wurden, oder weil sie eine eigene Meinung vertreten haben? Ich würde meinen, dass ein Abtun derartiger Ereignisse als billiges Klischee ganz gewiss all den Menschen ganz gewaltig auf die Füße tritt, die eine Fluchtsituation erleben mussten. Oder bezieht sich das Klischee etwa nur auf den kurzen Prolog von lediglich zwei Seiten? Dann stellt sich allerdings erneut die Frage, warum wird denn mit keinem einzigen konkreten Argument oder Kritikpunkt auf die nachfolgenden 328 Seiten eingegangen?

    Auch bei der nächsten Kritik zeigen sich ähnliche Sinnlosigkeiten. Ist es eines Germanisten wirklich würdig „nix“ oder „schnibbeln“ (das noch dazu in den meisten Regionen eher als schnippeln bekannt ist und auch nur als solches im Duden geführt wird) zu schreiben? Oder soll dies nur auf eine überhebliche Weise die gefühlte Überlegenheit des Kritikers über den Autor darstellen, indem er sich, so scheint es, auf ein sprachlich unangemessenes Niveau herabsinken lässt? Nur damit er in der gleichen Kritik seine sprachliche Überlegenheit versucht mit einem vorangestellten Genitivattribut zu demonstrieren, das dabei aber schlichtweg ganz und gar grausam klingt. Nun gut, wenn man dies für nötig hält.
    Ist es wirklich Sinn einer Literaturkritik völlig destruktiv zu sein? Sollte eine Literaturkritik uns nicht tatsächliche Einblicke in den Inhalt und den Stil der Werke verschaffen, dabei am besten noch Vergleiche ziehen zu ähnlichen Werken des gleichen Genre? Vielleicht noch gespickt mit einer Interpretation, die sich natürlich nicht als absoluter Unsinn herausstellen sollte! Sollte nicht nach transparenten Maßstäben kritisiert werden? Kritisieren bedeutet doch nichts anderes als eine Beurteilung nach einem bestimmten Maßstab durchzuführen – aber was soll hier der Maßstab sein? Soll das wirklich noch ein Kritisieren sein oder handelt es sich hier vielmehr um ein einfaches Monieren? Noch dazu ein sprachlich völlig unangemessenes Monieren durch ein völlig absurdes Einsetzen rhetorischer Mittel und der dabei noch lächerlicheren Nutzung der Umgangssprache in einem kritischen Text. Natürlich, Literaturkritiker sollen ihre Sprache ihrem Adressatenkreis anpassen, soll uns dies nun sagen, dass man uns, die Adressaten dieser Kritik, ebenfalls für dumm und niveaulos hält, für Menschen, die der korrekten und stilsicheren Sprache nicht mächtig sind? Menschen, denen man mit sprachlicher Verunstaltung versucht eine wenig fundierte Meinung einzutrichtern?

    Alles Polemik, und diese auf absolut niedrigem Niveau! Oder, um es adressatengerecht mit des Kritikers Worten zu schreiben: „Solch ein Haufen Unsinn in so wenig Text – das hat was! Aber nichts Gutes!“

      • Liebe Redaktion,
        es ist mir eine Freude! Wir Leser, die sich nur zu gerne mit Kritiken (vorzugsweise mit den ernsthaften und fundierten Kritiken) auseinandersetzen und diese durchaus auch in anderen Kreisen als Diskussionsanlass nutzen, würden uns sicherlich alle sehr über eine Stellungnahme freuen.
        Vielleicht könnte Herr Bremer (oder auch Sie) für uns schreiben, was Literaturkritik in seinen (oder eben in Ihren) Augen bedeutet. Was wird als angemessene Kritik betrachtet? Wie weit darf Sarkasmus in einer Kritik gehen, sodass diese noch konstruktiv bleibt? Was sollte Literaturkritik alles beinhalten? Muss eine Kritik konstruktiv sein? Wie sinnvoll ist ein Einsatz extremer rhetorischer Mittel in einer Kritik? Diese Meinung würde sicherlich alle Leser – vor allem aber mich- sehr interessieren!

        Und natürlich würde uns alle wirklich brennend interessieren, ob diese als Kritiken der kompletten Bücher aufzufassen sein sollen oder, ob es eben doch nur ein kurzes Hineinblicken ins Buch für einen Ersteindruck war, der dann hier niedergeschrieben worden ist (der ja bekanntlich manchmal täuschen kann und noch dazu auch deutlich als solcher benannt werden sollte, damit Leser der Kritiken auch wissen, was genau eigentlich kritisiert wird. Schließlich macht es einen großen Unterschied, ob ein ganzes Buch schlecht ist oder lediglich sein Prolog.)

        Mit freundlichen Grüßen
        Ihre Vielleserin

          • Hallo Hr. Tischler,

            seit wann ist es üblich Klarnamen, Webseite oder Facebook-Profil zu nennen? Warum nicht noch gleich Kontoverbindung, Konfektionsgröße und Blutgruppe?
            (Wie war das noch mit dem Datenschutz?)

            Das spricht nicht gerade für Ihre Seriosität dieser Seite. Sie sollten sich lieber einmal dazu hinreißen lassen konstruktive Kritik an einen Ihrer “Kritiker” auch einmal konstruktiv zu beantworten.

            Mit freundlichem Gruß,
            Volkmar

          • Liebe Redaktion,
            ich bin sehr irritiert, Sie verlangen meinen Namen, aber ich weiß leider nicht wer von Ihnen gerne meinen Namen wissen möchte! Ist mein Name nun für Herrn Tischer oder für Herrn Bremer von Interesse oder schreibt da gar noch eine andere Person? Sie wollen meinen Namen, enthalten mir aber den Ihren vor. Messen Sie da etwa mit zweierlei Maß?

            Vielleicht können Sie mir dann im Anschluss erklären, was mein Name mit dem Inhalt meiner Kommentare zu tun hat? Ich verfasste diese stellvertretend auch für andere Leser wie mich und wählte deshalb diesen Namen. Noch dazu sagt dieser mehr über mich aus als mein eigentlicher Name es könnte – denn nun wissen Sie, dass ich gerne und viel lese, was Ihnen mein Klarname nicht deutlich gemacht hätte.

            Außerdem denke ich, mich wahrlich bemüht zu haben, mit ausreichend Gründen zu untermauern, wieso ich zu diesen Ansichten kam und sich mir diese Fragen stellten. Und nein – ich bin kein beleidigter Autor, dem Sie mit diesen Kritiken auf die Füße getreten sind – falls Sie dies in irgendeiner Weise befürchten sollten. Es handelt sich bei mir schlichtweg um eine ganz normale Leserin, die den Inhalten Ihrer Seite interessiert folgt.

            Eine Website habe ich nicht. Wozu sollte ich eine benötigen?

            Bitte informieren Sie mich schließlich, warum Sie unbedingt die zwei öffentlich geteilten Bilder (Profil- und Titelbild) meines Facebook Accounts zur inhaltlichen Beantwortung meiner Kommentare benötigen, bevor ich darüber nachdenke diese wirklich mit Ihnen zu teilen. Denn mehr ist auf meinen Account nicht öffentlich einsehbar, da ich diesen rein privat nutze, um Kontakte zu Freunden in der Ferne zu halten und mich mit diesen auszutauschen.

            Wofür genau brauchen Sie diese Informationen?

            Ist das reine Schikane? Wollen Sie eigentlich gar nicht in einen Diskurs über Literatur und Literaturkritik treten? Was ist mit Menschen, die schließlich gar kein Facebook / Instagram oder eine Website besitzen, weil sie versuchen ihre Daten im Internet so gut wie möglich zu schützen – werden diese niemals eine Antwort bekommen? Ist das Literaturcafé nun doch kein Treffpunkt für ALLE Literaturbegeisterten? Denn scheinbar wird Facebook oder eine Website als Voraussetzung für einen Diskurs betrachtet.

            Verzeihen Sie mir, dass mir dies nicht klar war, als ich meinen Kommentar verfasste und Ihnen schließlich noch einige Fragen stellte! Ich konnte vor dem Kommentieren leider nirgends eine Datenschutzerklärung oder Bedingungen für das Kommentieren lesen, denen ich zustimmen musste.

            Sollten Sie mir also begründet mitteilen können, wozu Sie meinen vollen Namen und meine zwei öffentlich geteilten Facebook Bilder nutzen möchten, bin ich gerne bereit, darüber nachzudenken, ob ich diese mit Ihnen teilen möchte.

            Ich verbleibe mit besten Grüßen und einem Goethe Zitat:

            “Gefühl ist alles; Name ist Schall und Rauch (…)”

            Ihre Birte

            (Dass ich meinen Nachnamen nicht öffentlich in einem ungeschützten Raum, wie dem Internet teile, sollten Sie natürlich verstehen! – Gerne können wir den Diskurs auch auf privater Ebene fortführen, lassen Sie mir dann einfach eine Email zukommen, die ich beantworten kann! Dies wäre natürlich schade, für alle die anderen Leser, die vielleicht ebenso ein Interesse an der Beantwortung der ernst gemeinten Fragen haben!)

          • Als Ergänzung zu meinem vorigen Kommentar, möchte ich noch einen Auszug aus Ihrer eigenen Datenschutzerklärung im Impressum der Webseite posten:

            “Die Nutzung unserer Webseite ist in der Regel ohne Angabe personenbezogener Daten möglich. Soweit auf unseren Seiten personenbezogene Daten (beispielsweise Name, Anschrift oder E-Mail-Adressen) erhoben werden, erfolgt dies, soweit möglich, stets auf freiwilliger Basis. (…)
            Wir weisen darauf hin, dass die Datenübertragung im Internet (z.B. bei der Kommunikation per E-Mail) Sicherheitslücken aufweisen kann. Ein lückenloser Schutz der Daten vor dem Zugriff durch Dritte ist nicht möglich.”

            Hier warnen Sie selbst davor, dass meine Daten nicht lückenlos geschützt werden können, Sie deswegen diese Daten nur freiwillig erheben.
            Inwiefern kann diese Angabe als freiwillig bezeichnet werden, wenn Sie mir anders nicht auf meine Fragen antworten wollen? Schließt nun die Nutzung der Seite das Kommentieren ohne Angabe aller privaten Daten – die Sie ja nun eigentlich in der Regel auf freiwilliger Basis erheben wollen – nicht mit ein? Noch dazu sind Sie doch bereits in Besitz meiner Emailadresse (und nun auch in Besitz meines Vornamens), die Sie ja, wie Sie selbst darlegen, eben nicht lückenlos vor dem Zugriff Dritter schützen können.

            Um eine Aufklärung bin ich sehr dankbar.

            Mit freundlichen Grüßen

            Ihre Vielleserin Birte

  7. Danke, Malte Bremer für diese Analysen. Ich lese jeden Ihrer Kommentare – auch in der Textkritik – mit Genuss. Ich bin Autorin und lerne jedes Mal eine Menge für meine eigene Arbeit. Oft, wenn ich selbstvergessen schreibe, sitzt ein kleiner Malte in meinem Ohr und macht sarkastische Bemerkungen (dass sie schnell ist, sagt doch schon das “rennen”!). Meine Texte werden dadurch besser.

    An meine VorrednerInnen: Ja, man kann einen Text nach den ersten Kapiteln schon ziemlich gut einschätzen. LektorInnen in den Verlagen tun dies jeden Tag. Sie lesen nicht den ganzen Roman, wenn in den ersten Sätzen schon merkwürdige Vergleiche, grammatikalisch fragwürdige Sätze oder schiefe Bilder vorkommen. Wenn sich eine Autorin, ein Autor schon in den ersten (für die Kaufentscheidung oft entscheidenden) Sätzen keine Mühe mit Ausdrucksweise und Grammatik gegeben hat, warum sollte sich jemand durch den Rest quälen auf der Suche nach einer guten Story, nach einer bewegenden Beschreibung? Die beste Story nützt nichts, wenn sie schlecht erzählt wird.
    Ich enstcheide übrigens als Leserin bei der Wahl meiner Bücher genauso.

    Ob eine Kritik angebracht ist oder nicht, hat nichts damit zu tun, ob ein Kritiker selbst schreibt und veröffentlicht oder nicht. Die Argumente ad hominem sollten unterbleiben.

    Mir hat bei meiner Arbeit Kritik immer geholfen. Natürlich war ich manchmal schwer getroffen, wenn sie ausgerechnet meine Lieblingsstellen betraf. Natürlich kamen als erstes ein beleidigter Widerstand, eine Empörung über das Nicht-richtig-Lesen, über das Nicht-richtig-Verstehen der Kritikerin oder des Kritikers. Ich habe gelernt, dieser Empörung genug Zeit fürs Abklingen zu geben, bevor ich mich rational mit der Kritik auseinandersetze. Und dann hat sie den Text weitergebracht.

    Ich hoffe noch viele Textkritiken von Herrn Bremer lesen zu können.
    Viele Grüße
    Doris

    • ” Ja, man kann einen Text nach den ersten Kapiteln schon ziemlich gut einschätzen …”

      Da liegt aber m. E. der Hase im scharfen Gewürz. M . B. entscheidet ja nicht nach ein paar Kapiteln, sondern nach den ersten paar Zeilen. Ich denke mal, das ist es, was die meisten so ärgert. Vielleicht könnte ich ja hingehen und mich als Musikkritiker bezeichnen, indem ich aufgrund von 10-Sekunden-Hörproben neue CDs bewerte. Ich hab’ zwar noch kein einziges Lied selbst komponiert, geschweige denn getextet, kann auch nicht singen und beherrsche kein einziges Instrument, aber hey, Kompetenz wird ja ohnehin überbewertet, nicht wahr? Hallo Musikexpress, Rolling Stone und wie ihr Magazine alle heißt. Gebt ihr mir ein Forum dafür? 🙂

      Wie hieß es immer so schön am Ende der “Gespenster-Geschichten”: “Seltsam? Aber so steht es geschrieben!”

    • Liebe Doris, danke für deinen Kommentar, denn er erspart mir, selbst einen Kommentar zu verfassen.

      Was die Klarnamen betrifft, so soll das jeder halten, wie er mag. Ich persönlich schätze Menschen, die den Mut haben, zu sagen, wer sie sind. Unter Pseudonym lässt sich die Sau allerdings deutlich besser durchs Dorf treiben …

      Beste Grüße vom sonnigen Ammersee – Renate

  8. Könnte es vielleicht sein, dass Herr M.B. von jemanden für seine “verrissenen” Kritiken von einem Nutznießer der Verlage, die keine Self-publisher mögen weil sie seine Einnahmen schmälern, bezahlt wird?
    Nachdenkliche Grüße
    von

  9. Ich empfinde diese einhellige Aggression gegenüber dem Rezensenten als überaus befremdlich.
    Wenn ich ein Buch veröffentliche, dann gebe ich mir besondere Mühe mit der ersten Seite. Oder? Ich weiß doch, dass viele Leser, vielleicht die meisten, nur diesen ersten Eindruck haben, um sich zum Kauf zu entschließen.
    Ich habe einige Tausend Bücher gelesen. Die Gestaltung des titels ist mir wichtig (eingestanden). Der “Wachzettel” auch. Aber wenn die erste Seite schwach ist und die zweite auch noch, gehe ich davon aus, dass der Rest nicht mehr besser wird. Warum sollte ich mich mit ungelenker Sprache und literarischen Klischees abgeben? Es gibt doch gute Bücher zu Hauf. Warum sollte ich Zweitbestes lesen?
    Malte Bremer hat Recht. Er kann niemand vernichten, der es nicht verdient hat. Allenfalls kann er mich zum Widerspruch reizen, und ich kann ihm das Gegenteil beweisen, indem ich zeige, warum ein Werk, das er verrissen hat, doch die Lektüre lohnt.

    Noch etwas, liebe Vielleserin. Das Leben mag kitschig sein. Ist mein Leben auch dann und wann. Deswegen mag ich trotzdem keine kitschigen Beschreibungen, keine ausgelutschten Vergleiche, keine zigmal gesehenen Bilder und Arrangements.Solange es Besseres gibt, muss ich nicht das gut Gemeinte, aber knapp Misslungene lesen.
    Ich muss auch nicht selbst kochen können, um zu wissen, was mir nicht schmeckt. Das kann ich sehr wohl anhand eines “Prologs” entscheiden. Der soll mich ja anfixen. Wenn er das Gegenteil erreicht, habe ich etwas falsch gemacht. Vielleicht nur bei Malte Bremer. Dann ist es ja nicht schlimm.

  10. Bei all dem Selfpublisher-Gebashe (hier vollkommen normaler Ton), zeigt sich mir nur, wie groß die Angst derweil ist, vor dem Erfolg des vermeintlich Unvollkommenen. *lach* Ich habe immer wieder mal Spaß auf dieser Seite, wenn ich das Zucken und Zittern erkenne. Ja, die Literatur scheint jenseits der Regeln, die hier nicht hoch genug aufgehängt werden können, neue Wege zu gehen. Grausame, schlimme, unterirdische, ja sogar falsche Prolog-Wege zu gehen und verdammt nochmal und natürlich vollkommen unverdient, Erfolg zu haben. What a shit! 🙂

    • Der Erfolg des Unvollkommenen irritiert tatsächlich. Aber warum sollte ein Kritiker davor Angst haben? Weil dieser Erfolg seine Maßstäbe diskreditiert? Vielleicht ist Malte Bremer darüber nicht erhaben, wer weiß?
      Sind Qualitätsmaßstäbe eigentlich deskriptiv oder normativ? Deskriptiv doch eher nicht, wenn der Erfolg der Maßstab ist oder die Lautstärke, mit denen der von Malte Bremer kritisierte hilflose Schund hier verteidigt wird. Vielleicht besteht die Gefahr darin, dass wir uns an das Faktische gewöhnen, dass wir es nicht mehr als etwas zu Verbesserndes wahrnehmen.
      Jahrelang hat man den Kindern beigebracht, nach Gehör zu schreiben. Derzeit wird das Ergebnis dieser Pädagogik als desaströs beurteilt, man überlegt, ob die _Schulde wieder mit der guten alten Fibel arbeiten soll. Warum denn? Weil einheitliche Regeln sinnvoll sind, wenigstens bei der Rechtschreibung? Anscheinend. Ebenso gut könnte man sagen, dass es die Intelligenz der Leser fördert, wenn sie herauszufinden suchen, was der Verfasser eines Textes, den er “nach Gehör” verfasst hat, gemeint haben könnte. Der “Hohlspiegel” ist allwöchentlich voll von Erfindungen in nach Gehör geschriebenen Kleinanzeigen: “Deichknetmaschine” in dieser Woche, zum Beispiel.
      Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Es geht nicht um die “wirkliche Bedeutung” von Maßstäben in der Literatur. Keiner der begnadeten Wutbürger über mir hat bestritten, dass die von Malte Bremer niedergemachten Texte objektiv schlecht sind, man erregt sich offenbar nur über die Tatsachen, dass
      –> diese Texte überhaupt kritisiert werden, dass
      –> sie mit hilflosem Sarkasmus (der stupenden Dummheit ihrer Sprache wegen) kritisiert werden und dass
      –> nur die erste Seite kritisiert wird.
      Ich finde alle drei Ansätze nicht nur legitim, sondern richtig. Nietzsche hat für sich in Anspruch genommen, an jeder Seite Prosa zu arbeiten “ie an einer Bildsäule”. Kein Geringerer als Karl May hat sich daraufhin eine beliebige Seite aus seinem Werk vorgenommen und nachgewiesen, das N. ein überaus schludriger Bildhauer gewesen ist – und ein Geringerer als Wollschläger fand das gut.
      Wenn die das dürfen, darf Malte Bremer das auch. Das Gezetere in dieser Kommentarspalte ist erstaunlich unsouverät und kleinkariert dagegen.

  11. Es geht hier nicht um die Rezension von ganzen Texten, die auch inhaltlich und dramaturgisch begutachtet werden müssten, sondern um Stil. Dafür zieht man üblicherweise kleine Textstellen heran, und jeder kennt den Spruch, dass die erste Seite eines Buches seine Visitenkarte darstellt.

    Malte Bremer macht sich über diese erste Seite, also Prologe lustig, die sprachlich ungelenk daherkommen und deutet mit dem Finger auf Stilblüten, Klischees und sprachlichen Ramsch. Ich kann darüber lachen (ich habe mehrmals laut gelacht) und nehme mir bei solchen Tiraden auch immer wieder vor, beim Redigieren meiner eigenen Texte solche Schlammpfützen wegzuputzen, wenn mir beim eiligen Erzähltippen Sprachsirup heruntergetropft ist.

    Was die exemplarische Beurteilung von Textstellen angeht, habe ich die Erfahrung gemacht, dass gute Texte sich in jedem Abschnitt selber empfehlen und umgekehrt. Die erste Seite ist vielleicht – unter kräftiger Unterstützung eines Lektors oder einer Agentin – besser als der Rest, darum pflege ich in Buchhandlungen immer eine beliebige Doppelseite aufzuschlagen, wenn mich ein Buch interessiert. Wenn mir die zwei Seiten sprachlich gefallen, erfasst mich später beim Lesen des Ganzen niemals ein Grausen über Belanglosigkeiten und Kitsch. Wenn sich schon beim Probelesen meine Nasenhaut kräuselt, tue ich mir den Rest nicht an. Das beruht, wie gesagt, auf Erfahrung und nicht auf Vorurteilen.

    Ich finde nicht, dass man eigene Bücher vorweisen muss, um zu kritisieren. Der Sprachritiker zeigt seinen eigenen sprachlichen Ausweis in seiner Kritik vor, danach bewerte ich seine Kompetenz. Erst recht muss er nicht Literatur studiert haben. (Muss ich Zahnmedizin studiert haben, um feststellen zu dürfen, dass Herr XY mit ungepflegten, schiefen Zähnen in Kameras grinst?) Es gibt in der Geschichte viele berühmte Kritiker, die weder eigene Dichtung noch akademische Titel vorzuweisen hatten, und die trotzdem viel zu sagen hatten.

    Und sorry: Literatur- und Musikkritik haben miteinander so viel gemeinsam wie die Zucht von Gänsen und Rennpferden. Man kann das eine nicht bequem als Beispiel fürs andere heranziehen. Das heißt, man kann schon, Udo tut es ja. Aber es ist einfach Quatsch.

    Außerdem hat M.B. nur seine Meinung zum Besten gegeben. Und dann auch noch im Gewand der Satire. Man muss sie ja nicht teilen. Warum diese aufgeregten Entgegnungen? Ich hatte den Eindruck, dass da persönlich Betroffene schreiben. Sehr häufig teile ich nicht mal die Meinung von renommierten (promovierten!!) Kritikern, na und? Deshalb schreibe ich noch lang keine Leserbriefe (sogar mit barbarischen Verdächtigungen), die wirken, als wäre ich mit den kritisierten Autorinnen verheiratet und müsste dem Herrn Bremer mal ordentlich auf die Nase hauen, damit die Gattin nicht mehr schmollt.

    • “Udo” tat es ganz gewiss nicht, liebe Marieluise. Macht aber nix, oberflächlich lesen ist ja scheinbar en vogue, also hinfort ihr Kleinlichkeiten. Übrigens muss ich mich sowohl als Gänse- als auch als Pferdezüchter mit den unterschiedlichen Materien und Gattungen auskennen. Wobei … möglicherweise legt man ja neuerdings Gänseeier unters Pferd zum Ausbrüten? DAS war jetzt Satire 🙂

  12. Ich weiß nicht was das soll mit den Kritiken – Bücher sind m.E. auch Geschmackssache und ich finde oft in Büchern der self-publisher viel spannenderes als in sog. Bestsellern. Es geht m.E. auch – gerade das – mir jedenfalls – und nicht nur um die Form und Anlehnung an hochdekorierten anerkannten Bestseller-Autoren.

  13. Verbraucher/Leser stehen vor einer Flut von Veröffentlichungen, die dank leicht produzier- und ohne Gatekeeper publizierbarer E-books in den letzten Jahren überproportional gewachsen ist. Man sucht Orientierung. Früher ließ man sich von BuchhändlerInnen beraten. Kritiken empfinde ich auch als Beratung. Manchen Kritikern vertraut man und lässt ihre Beeinflussung zu, wie bei Freunden. Es gibt überdies Tausende von Amateurkritikern bei Amazon; wenn mir die Schreibe der/des Rezensentin/en gefällt und eine gemeinsame Wellenlinie mit mir verrät, bin ich geneigt, ihren/seinen (Nicht-)Empfehlungs-Kriterien einigen Glauben zu schenken. Lassen Sie sich nie was empfehlen? Brauchen Sie nie Beratung?

  14. Was ich noch sagen wollte: Die meisten Cover der Selfpublisher ähneln sich wie ein Ei dem anderen. Unverwechselbare Cover wie z. B. die ganz hervoragende Titelgestaltung von “Er ist wieder da” gibt es so gut wie nicht.

    Egal, ob Fantasy (ein bei Selfpublishern äußerst beliebtes Genre) oder bei Liebesromanen – bei allen kann man den Titel austauschen, und niemandem würde es auffallen.

    Pauschal gesagt: Bei Fantasy immer dieser hübsche Mädchen mit verklärt-naivem Blick, bei Liebesromanen der Sixpack-Kerl. Ausnahmen bestätigen die Regel …

  15. Ich freue mich riesig, dass Elvira Zeißler/Ella Zeiss mit ihrem wirklich wundervollen Roman den Storyteller Award gewonnen hat!!!

    Falls es jemanden interessiert, dies ist meine Meinung zu dem Buch, welche ich so bei Amazon formuliert habe:

    Ich bin zu tiefst berührt, betroffen und beeindruckt von den Erlebnissen, die die Familie der Autorin erleben musste. Es ist kaum zu glauben was diese Menschen damals erleben mussten und durchgestanden haben. Ella Zeiss (auch bekannt unter dem Namen Elvira Zeißler) hat eine Art zu schreiben, dass man sich mittendrin in dem Geschehen fühlt und die Gefühle der Personen ganz stark mitfühlt. Ich musste den Reader mehr als einmal zur Seite legen um tief durchzuatmen oder weil ich Rotz und Wasser geheult habe. Was für starke Persönlichkeiten diese Menschen waren, wie schon die kleinen Kinder stark sein mussten und unfassbar welcher Willkür und Angst sie ausgeliefert waren. Das Buch zeigt auf, was Angst und Hass mit manchen Menschen macht und was einem helfen kann in solch einer Situation zu überleben. Die Familie der Autorin hat die Hoffnung nie aufgegeben, Mut gezeigt, ihre Menschlichkeit nie verloren, sehr stark zusammen gehalten und ihre Liebe zueinander hat ihnen immer Kraft gegeben. Ich bin sehr gespannt wie es mit den beiden Familien weiter geht und auf das Zusammentreffen von Ivo und Harri. Ich hoffe, dass es alle mir ans Herz gewachsenen Menschen schaffen ein Leben zu führen welches sie verdient haben.
    Auf jeden Fall hat es die Autorin geschafft, dass mir das Schicksal der Deutsch Russen viel bewusster geworden ist und ich mich jetzt noch intensiver über dieser Zeit informieren möchte. Es hat mir noch einmal vor Augen geführt, wie es wohl den vielen tausenden Flüchtlingen gehen muss, die in der heutigen Zeit ihre Heimat verloren haben.
    Liebe Ella/Elvira vielen Dank für dieses sehr persönliche und berührende Buch, es hat viel mehr als diese fünf Sterne verdient!

  16. Den Inhalt des Rants von Malte Bremer lasse ich mal außen vor. Es ist halt Meinung, die ich sogar zum Teil nachvollziehen kann. Aber ich muss schon sagen, dass sich die Moderation im Umgang mit “Eine Vielleserin” nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

  17. Find ich auch. Das war nur sehr zahm ausgedrückt. Ich würd’ sagen: Der Redaktionskommentar war unter aller Sau. Ich warte dauernd drauf, dass sich jemand dafür entschuldigt.
    P. S. Ich habe kein Facebook-Account, und vielleicht ist mein Vorname sogar gefälscht? HAHAHA.

  18. Ich warte auch noch immer auf eine Antwort. Es muss nicht mal eine Entschuldigung sein (auch wenn es natürlich schon witzig ist, wenn jemand gegen seine eigenen Datenschutzbestimmungen handeln möchte), Antworten auf meine durchaus ernst gemeinten Fragen würden mich viel mehr freuen. Die Hoffnung darauf habe ich inzwischen aber gänzlich aufgegeben.

    Bestätigt mir leider nur den Eindruck, dass ich diese Seite absolut nicht ernst nehmen sollte. Was Literaturempfehlungen angeht, verlasse ich mich dann doch lieber weiterhin auf die Ratschläge der Buchhandlung meines Vertrauens, die versucht, mir verschiedenste Pro und Contra Argumente zu einem Buch zu liefern, sodass ich schließlich selbst entscheiden kann.

    Lieber Nochmehrleser:
    Sie sprechen über Nietzsche und Karl May, um zu legitimieren, dass Literaturkritiker nur eine Seite lesen müssen, um eine umfassende Kritik ablegen zu können. Wie sieht es mit dem Verständnis von Lessing aus, der sich nicht als Richter über Literatur versteht. Der Kritiker solle vielmehr Anwalt sein, das Urteil müsse der Leser fällen. Nach Lessing tritt ein Kritiker eben gerade nicht mit dogmatischem Anspruch auf, im Besitz der Wahrheit zu sein, sondern er soll dem Leser und Publikum Urteilsfindung erleichtern. Anwälte – das heißt Anklage wie auch Verteidigung, votieren lediglich für ein Urteil. Hierfür müssen allerdings beide Seiten vorgetragen werden und vor allem sinnvolle Begründungen angeführt werden. Welcher Anwalt möchte eine Urteilsfindung auf Basis eines einzigen Indizes und seit wann sind Zugehörigkeiten zu einer bestimmten Gruppe maßgeblich, um Urteile zu fällen? Um mit einer Kritik also die Urteilsfindung eines Lesers erleichtern zu können, sehe ich es daher als absolut notwendig an, nach klaren Kriterien zu arbeiten und Werke umfassend zu beleuchten.

    Soll Literaturkritik nun nur den sprachlichen Stil beurteilen oder auch Inhalte? Wenn es nur um sprachlichen Stil gehen soll, wie kann dann etwas als kitschig verurteilt werden? Sprache an sich ist meiner Ansicht nach nicht kitschig, sondern lediglich die Inhalte, die mit ihr gezeichnet werden, und die Gefühle, die sie so bei mir auslöst. Sprachlichen Stil kann ich vielleicht anhand weniger Seiten beurteilen, zumindest könnte ich einen Eindruck gewinnen, über den Inhalt, der sich nun einmal über ein ganzes Buch hinweg entwickelt, kann ich meiner Meinung nach anhand weniger Seiten kein aussagekräftiges Urteil fällen. (Ein Urteil, das noch dazu in meinen Augen gar nicht von einem Kritiker getroffen werden sollte.)

    Wie Sie sehen, gibt es also verschiedene Auffassungen davon, was Literaturkritik sein soll. Genau aus diesem Grunde würde mich auch interessieren, wie sich der Herr Bremer als Literaturkritiker versteht, weswegen ich diesbezüglich auch viele Fragen stellte.

    Ich wünsche allen weiterhin noch viel Spaß beim Lesen!

    Wie schön, dass Geschmäcker und Ansichten auf dieser Welt so verschieden sind und jeder für sich etwas Passendes finden kann.

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