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Narrativa 2: Vom Inszenieren des Autors und dem Leben als Dachs

Moderatorin Judith Heitkamp vom Bayerischen Rundfunk begrüßt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Narrativa 2 (Foto: Heike Bogenberger)
Moderatorin Judith Heitkamp vom Bayerischen Rundfunk begrüßt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Narrativa 2 (Foto: Heike Bogenberger)

Nach erfolgreichem Start im letzten Jahr lud André Hille von der Textmanufaktur vom 2. Bis 3. Juni 2018 zur Narrativa 2 ein. Für zwei Tage trafen sich LektorInnen und AgentInnen mit ca. 120 Autoren und Autorinnen im Fürstentrakt des Klosters Andechs, um Neues zum Buchmarkt, den Entwicklungen des Erzählens, zu Trends und aktuellen Themen zu erarbeiten.

Marianne Haynold war dabei und schildert fürs literaturcafe.de ihre Eindrücke.

Gleich zu Beginn der Tagung fiel die Entscheidung nicht leicht für einen der sechs jeweils dreistündigen Workshops. Tipps zu »Die erste Seite«, »Das zweite Kapitel«, »Das Exposé« oder »Dialog als Chance« sind für jeden Autor und jede Autorin relevant und interessant, besonders, wenn sie von Lektoren und Lektorinnen aus großen und bekannten Verlagen kommen. Ich entschied mich für den Workshop »Trouble will find me: Plot, Handlung und Stoff« bei Florian Kessler, Lektor im Hanser Verlag. Mit Begriffserklärungen, anhand von Textbeispielen und durch eigene Schreibaufgaben versuchten wir, Licht ins Dunkel zu bringen, und waren am Ende der Meinung, dass die unterhaltsamen, intensiven und lehrreichen Stunden viel zu schnell vergingen. Sein Ratschlag an die ambitionierten angehenden Romanautoren: »Nicht so viel erklären. Show, don’t tell!«

Judith Heitkamp vom Bayerischen Rundfunk führte anschließend durchs Programm und interviewte vor jedem Vortrag den Redner. Den Anfang machte hier Prof. Dr. Rainer Moritz, Leiter des Literaturhauses Hamburg und Mitglied des PEN-Zentrums. Sein Thema: »Tendenzen des gegenwärtigen Erzählens«. Er sprach über die thematischen Nischen der letzten zehn Jahre, die sich u. a. hauptsächlich aus der Feuilleton-Erwartung ergeben. Seiner Meinung nach käme dabei der Poesie-Effekt zu kurz, und er forderte dazu auf, der Sprache abzuverlangen, was sie kann, und ihre Verwandlungskunst zu nutzen.

Der erste Tag endete mit einem kalten Buffet im Kloster und Lesungen von Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die sich hierfür im Vorfeld bewerben konnten.

Der Vortrag von Prof. Dr. Alexander Honold von der Universität Basel hatte »Dorfgeschichten in der Großstadt – die Wiederkehr des Chronik-Stils« zum Thema. Er stellte die Werke einiger Autoren vor, erklärte ihre Stilmittel, ihre Absichten und wies auf inhaltliche und formale Kriterien hin. Dorfgeschichten werden in die Großstadt transportiert, es geht um die Philosophie der alltäglichen Lebenswelt, sinnhaft und atmosphärisch aufgeladen contra politische Geschichte. Sein Fazit: Dorfgeschichten sind Spiegel der Zeit und unterscheiden sich kaum von denen der Großstadt.

Das Publikum der Narrativa im Fürstentrakt des Klosters Andechs (Foto: Heike Bogenberger)
Das Publikum der Narrativa 2 im Fürstentrakt des Klosters Andechs (Foto: Heike Bogenberger)

Florian Kessler vom Hanser-Verlag gab seinem Vortrag den Titel »It’s the author, stupid! Wie sich Identitäten und Inszenierungen von AutorInnen verändern«. Er verwies auf die Veränderungen des Marktes, auf die Auswirkungen für Autor und Werk und wie ein Autor sich und sein Buch präsentieren sollte/könnte/muss, damit es auf dem Buchmarkt überhaupt eine Chance hat. Dabei betonte Kessler besonders, dass für die Gegenwartsliteratur große Kategorien keine Rolle mehr spielten, sondern das Marktgeschehen entscheidend sei. Jeder Autor müsse sein persönliches Image erzeugen, seine eigene Marke.

Die Pitching-Session am Nachmittag wurde mit Spannung erwartet. Die Teilnehmer konnten wie bereits im Vorjahr ihren Text vor einer Literaturagentin oder einem Literaturagenten pitchen, die/der sofort Einschätzung, Anregungen und Tipps lieferte, um dann mit den Gruppenmitgliedern darüber zu diskutieren.

Der Schlussvortrag der Veranstaltung blieb Ulrike Draesner, Professorin am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig, vorbehalten. In ihrem (leider) zu sehr akademisch angelegten Vortrag »Natürliches Schreiben« ging sie der Frage nach, warum »Nature Writing« gerade in ist und wie es funktioniert. Muss ich als Dachs leben, um darüber schreiben zu können? Eine Liste von ‘Dos and Don’ts’ verdeutlichten die Regeln und die Kunst des »Nature Writing«.

Für mich, da zum ersten Mal bei der Narrativa dabei, waren die beiden Tage sehr lehrreich, die Themen durchweg ansprechend, die Kontakte spannend, der Büchertisch umfangreich mit viel Information rund ums Schreiben, die Location sehr schön – und auch das Wetter hat sich von seiner allerbesten Seite gezeigt. Für mich eine sehr gelungene Veranstaltung!

Marianne Haynold

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