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Lesetipp: Die FAZ über Selfpublisher und ein Interview als Zugabe

»Ich bin dann mal Autor« - FAZ vom 2. Mai 2015

Unter dem Titel »Ich bin dann mal Autor« widmete sich die FAZ in ihrer Samstagsausgabe vom 2. Mai 2015 dem Phänomen Self-Publishing. In einem fast ganzseitigen Feuilleton-Beitrag blickt Autorin Dana Buchzik auf den Werdegang von deutschen Self-Publishern wie Poppy J. Anderson, Hanni Münzer oder Clara Hitzel. Der FAZ-Beitrag ist nun auch auf faz.net online nachzulesen.

Im Rahmen der Recherche führte Dana Buchzik auch ein Interview mit literaturcafe.de-Herausgeber Wolfgang Tischer, der im Beitrag mehrfach zitiert wird.

Als Bonus-Track zum FAZ-Artikel, gibt es das vollständige Interview mit Wolfgang Tischer über Self-Publishing hier im literaturcafe.de zu lesen.

Die Fragen stellt Dana Buchzik für die Frankfurter Allgemein Zeitung. Das Interview wurde am 16. April 2015 per E-Mail geführt.

Ijoma Mangold sagte letztes Jahr im Gespräch mit Ihnen auf der Leipziger Buchmesse, dass er nicht glaube, dass es jenseits der vielen Verlage in Deutschland, die ohnehin schon »zu viel und zu viel Schlechtes« herausbrächten, noch unentdeckte, »allgemeinfähige« Literatur gebe. Was würden Sie dem entgegnen? Lohnt es sich Ihrer Erfahrung nach, sich dem riesigen Pool von knapp 75.000 Selbstverlag-Publikationen jährlich auszusetzen? Wenn ja: Welche drei Selfpublisher können Sie empfehlen – und wie haben Sie sie »gefunden«?

Wolfgang Tischer: Der Aussage von Ijoma Mangold – so provokativ sie klingt – ist nichts zu entgegnen. Er hat Recht, und ich kann seine Aussage nur bestätigen. Wäre Herr Mangold eine Frau um die 30, die zur Zerstreuung witzige und wenig anspruchsvolle Frauenliteratur liest, dann wäre das anders. Dann fände er bzw. sie an der Spitze der Amazon-E-Book-Charts genügend Lesestoff, der den Verlagsproduktionen oft in nichts nachsteht und absolut konkurrenzfähig ist. Obendrein erhält man bei Selfpublishern gleich vier Romane zu einem Preis, für den man beim Verlag nur einen bekommt. Und ähnlich wie bei den Groschenromanen liefern Selfpublisher viel schneller Nachschub.

Wer also seine Lektüre bislang eher bei Lübbe, Heyne, Droemer und Goldmann gefunden hat, der oder die wird großartige unterhaltsame selbstverlegte E-Books finden und mit Begeisterung lesen.

Wer aber literarisch eher bei Hanser, Suhrkamp oder S. Fischer beheimatet ist, der wird unter den Selfpublishing-Titeln nichts finden. Die Suche nach Perlen im Nicht-Genre-Bereich ist vertane Zeit. Wir vom literaturcafe.de haben das mal versucht, weil immer wieder behauptet wird, dass man auch bei den Selfpublishern nicht nur Krimi, Fantasy, Erotik und Chick-Lit findet. Wir haben sogar dazu aufgerufen, uns Titel vorzuschlagen. Aber was kam? Die Leute haben uns meist ihre eigenen Werke empfohlen und behauptet, sie seinen ganz anders, aber im Grunde waren es schlechte Krimis, schlechte Fantasy und schlechte Chick-Lit.

Ich war in diesem Jahr das dritte Mal in der Jury des »Indie-Autor-Preis«, der von Neobooks (Droemer Knaur) ausgelobt wird. Bei diesem Preis geht es nicht nur um Inhalte, sondern auch um die Selbstvermarktung. Professionell gesehen muss man vielen Titeln attestieren, dass sie perfekt auf die Zielgruppe zugeschnitten sind. Aber inhaltlich und sprachlich blickt man da oft in Abgründe. Ich hoffe immer, dass ich unter den Dutzenden von Büchern, die ich als Juror sichten muss, etwas finde, das neu ist, das innovativ ist, das sprachlich überzeugt und das ich persönlich gerne lesen möchte – aber da ist nichts. Unter dem Aspekt »selbst gemacht« ist vieles preiswürdig, und daher kann ich es guten Gewissens auszeichnen. Aber absolut gesehen reicht das, was nicht Genre ist, keinesfalls an das heran, was ich bei den Verlagen finde.

Nehmen wir zum Beispiel den diesjährigen 3. Platz: Mikki H. mit seinem Roman »Pilluralli«. Das ist kein Genre-Titel. Der Roman spielt in Finnland, und der Autor will uns die finnische Mentalität nahe bringen. Das Werk hat absolut Potenzial. Aber es müsste zunächst einmal professionell lektoriert werden. Schon der erste Satz schmerzt beim Lesen, weil er sprachlich und grammatikalisch ins Kontor schlägt.

Oder ein anderes Beispiel, von dem ich dachte, dass ich eine Perle entdeckt habe: »Das kalte Licht der fernen Sterne« von Anna Galkina über eine Kindheit in der Sowjetunion. Das Werk erschien als »Kindle Single«, das ist quasi Selfpublishing mit etwas erweiterter Unterstützung durch Amazon. Hier merkt man, dass die Autorin schreiben kann und ebenfalls Potenzial hat. Aber man merkt auch das fehlende Lektorat. Und dann bricht der Roman plötzlich ab, die Geschichte wird nicht wirklich sauber zu Ende erzählt. Ich habe meinen Eindruck in einer Rezension zusammengefasst. Später hat mir die Autorin bestätigt, dass es genau so war: Sie hat versucht, das Manuskript bei einem Verlag unterzubringen, als es halb fertig war. Obwohl es einige Interessenten gab, kam es nicht zum Vertrag. Und so landete das Werk – mehr oder weniger wie es war – auf der Selfpublishing-Plattform. Man muss froh darüber sein, denn man kann den ungeschliffenen Diamanten zumindest lesen – muss aber Abstriche machen, weil es kein professionelles Verlagslektorat durchlaufen hat.

Wenn ich noch weitere Perlen im Nicht-Genre-Bereich empfehlen soll, dann wird es schwer. Mir fallen zwei Texte von Autoren ein, die ich über einen längeren Zeitraum beobachtet habe und die Titel in Eigenregie veröffentlicht haben: »Das Schreiben dieses Romans war insofern ein Glücksfall« von Doris Brockmann. Das E-Book nennt sich zwar »Kriminalroman«, ist aber ein raffiniertes Spiel um literarische Identitäten.

Ebenfalls einen Blick Wert ist »Das Leben ist ein Erdbeben und ich stehe neben dem Türrahmen« von Fabian Neidhardt, der übrigens seit Kurzem in Hildesheim Schreiben studiert. Das Buch hat ein absolut schlechtes Cover, aber es ist eine schöne und lustige Satire, in der es unter anderem um das Schreiben von billiger Unterhaltungsliteratur geht. Damit wären wir ja wieder beim Thema. (lacht)

Autoren, die über Amazon E-Books veröffentlichen, wie etwa der Bestsellerautor Hugh Howey, werden teils scharf angegriffen, mit der Begründung, sie unterstützten ein System, das in letzter Konsequenz die Zerstörung von Verlagen und Buchläden zum Ziel habe. Halten Sie diese Vorwürfe gegenüber Selfpublishern für gerechtfertigt?

Wolfgang Tischer: Kann man den Autoren vorwerfen, dass sie dort veröffentlichen, wo sie die besten Konditionen bekommen? Zudem wurden die Selfpublisher ja von den Verlagen und Buchhandlungen ignoriert, von denen Kritiker nun behaupten, sie würden sie zerstören. Der Vorwurf ist paradox, weil diese Autoren gar keine Alternativen hatten.

Es gibt eine nicht kleine Gruppe unter den Selfpublishern, die in den Verlagen böse »Gatekeeper« sieht, die den Wert ihrer Werke nicht erkannt und verhindert haben, dass sie auf den Markt kamen. Auf der anderen Seite wollen viele Selfpublisher in den Buchhandlungen präsent sein, was natürlich schwierig ist. Es ist nicht so, dass die Buchhändler nicht schon genügend Bücher im Laden hätten und händeringend auf die Selfpublisher warten.

Man kann Amazon vieles vorwerfen. Der Buchhandel macht das ja immer gerne. Aber man muss objektiv sehen, dass Amazon mit seiner Selfpublishing-Plattform und dem Kindle-Lesegeräten eine komplett unerschlossene Autorenschaft den Leserinnen und Lesern zugeführt hat. Und das hat für beide Seiten funktioniert. Es waren Autorinnen und Autoren, die unter dem Radar der Verlage flogen und denen man bislang eine Standardabsage geschickt hatte. Amazon hat sie aufgenommen. Amazon verlangt zunächst keine Exklusivität, Amazon verlangt keine »Anmeldegebühren« oder »Bereitstellungspauschalen«. Und Amazon präsentiert die Selfpublisher nicht in einem Sonderbereich, sondern gleichauf mit den Verlagstiteln. Besser kann man Autorenseelen nicht hofieren.

Amazon hat vieles richtig gemacht und den Markt aufgemischt. Amazon hat die Position der Autoren massiv gestärkt. Auch dass Autoren dort mehr oder wenig minutengenau ihre Verkäufe sehen, hat dazu geführt, dass die Verlage begonnen haben »Autorenportale« einzurichten, sodass der Autor nicht nur einmal im Jahr seine Tantiemenabrechnung bekommt. Davon profitieren also auch Verlagsautoren – von denen im übrigen einige nebenher zu Selfpublishern geworden sind.

Aber leider gibt es auch eine Kehrseite dieser Medaille. Die tollen Konditionen bei Amazon sind nicht gottgegeben. Immer wieder gibt es Gerüchte, Amazon könnte das irgendwann mal ändern, wenn genügend Autorinnen und Autoren im Sack sind und ihn zumachen. Amazon instrumentalisiert zudem die Selfpublishing-Autoren und setzt sie bei den Verhandlungen gegen die Verlage ein. Dessen sollten sich die Autorinnen und Autoren stets bewusst sein. Schon die Tantiemenstaffelung sorgt dafür, dass kein Selbstverleger seine E-Books über 10 Euro anbieten wird, doch gerade da liegt immer noch der Preis der Verlagsprodukte.

Im Zweifelsfall wird die Karawane weiterziehen. Wer seinen Titel weit verbreiten will, der will ihn ohnehin in andere namhafte Shops bringen und nicht nur bei Amazon anbieten. Aber bislang war dies gar nicht so einfach möglich. Tatsache ist, dass sich Selfpublishing mittlerweile so etabliert hat, dass Amazon zwar die wichtigste Plattform ist, aber gerade hier in Deutschland startet die Tolino-Allianz nun endlich ein Konkurrenzangebot.

Glauben Sie, dass – zumal mit der wachsenden Anzahl von Selfpublishern wie etwa Poppy J. Anderson, die zu renommierten Verlagshäusern wechseln – die innerbetriebliche Akzeptanz von Selbstverlags-Autoren steigen wird? Oder werden Selfpublisher auch weiterhin eher spöttisch bis abfällig beäugt werden?

Wolfgang Tischer: Vonseiten der Literaturkritik ist es einfach zu spotten. Denn die erfolgreichen Selfpublisher sind in einem ganz anderen Segment unterwegs. Hier geht es nicht um literarischen Anspruch, sondern um Unterhaltung, oft um Kitsch und letztendlich immer mehr ums Geldverdienen. Über die Texte kann man spotten, so wie man früher über Konsalik, Rosamunde Pilcher oder heute über Paulo Coelho spotten kann. Diese Texte sind nicht für die Kritiker geschrieben.

Ganz anders sieht es bei den Verlagen aus. Da lacht keiner mehr über Selfpublisher. Die neuen Selbstverleger sind nicht mehr die Menschen, die seltsame Texte geschrieben haben, die keinen interessieren und von denen man nur allzu froh war, wenn sie die in einem dubiosen Zuschussverlag veröffentlicht haben, statt damit den Papierstapel der Lektorentische weiter anwachsen zu lassen oder die Mailpostfächer zu überfluten.

Verlage wie Droemer Knaur und Bastei Lübbe haben diese Veränderung früh erkannt. Mittlerweile gibt es eine ganz Reihe von Verlagen, die für Selfpublisher eine Art Spielwiese anbieten, sodass diese in Reichweite bleiben und nicht durch ein anonymes Absageschreiben ein für alle Mal vor den Kopf gestoßen werden. Jetzt verweist man sie an hauseigene Plattformen wie Neobooks, Oettinger 34 oder BookRixx. Oder man schafft E-Book-only-Imprints wie Carlsen oder Egmont es tun. Dort stehen die Autoren dann unter Beobachtung, und entpuppt sich ein Autor als vielversprechender, hat man es einfacher, ihn ins »echte« Verlagsprogramm aufzunehmen.

Bei Interviews mit Selfpublishern fällt mir auf, dass diese oft eine sehr nüchtern-pragmatische Sprache benutzen und etwa vom Buch als »Produkt« sprechen, das möglichst publikumskompatibel entwickelt und vermarktet werden muss. Hat das Ihrer Meinung nach vor Allem damit zu tun, dass Selfpublisher ohne den Rückhalt eines klassischen Verlags arbeiten, ergo auch Vermarktungsaspekte in den Blick nehmen müssen, dass also diese Haltung sich entsprechend abschwächen könnte/wird, sobald sie unter die Fittichen eines klassischen Verlags genommen werden und Fragen rund um Gestaltung, Marketing, Vertrieb etc. auslagern können – oder glauben Sie, dass dieser Pragmatismus in Grundzügen auch »klassischen« Autoren zu empfehlen wäre?

Wolfgang Tischer: Es ist genau diese Haltung, die für mich den »Selfpublisher« vom »Selbstverleger« unterscheidet. »Selfpublishing« ist für mich nicht nur ein englisches Wort, sondern steht für den Autor, der weiß, dass er »für einen Markt« schreibt und keine Bücher für die Ewigkeit. Da ist von Produkten und Produktzyklen die Rede. Wann muss das nächste Buch erscheinen, damit es noch vom Schwung des alten profitiert? Allein das Preismarketing wurde durch das E-Book und die Selfpublisher populär. Das war im Buchhandel auch aufgrund der Preisbindung bislang gar nicht möglich. Aber jetzt macht sich der professionelle Selfpublisher ziemlich genau Gedanken darüber, wie lange er das Buch zum Einstand günstiger anbieten sollte, damit es schneller ins Bestseller-Ranking kommt, um dann den Preis wieder raufzusetzen und den Umsatz zu maximieren. Oder sollte man den Preis des ersten Bandes runtersetzen, um ihm beim Erscheinen des zweiten nochmals neuen Schwung zu geben? Das sind Überlegungen, da mag es manchen Autoren gruseln, aber die Selfpublisher lieben dies, und wenn man seine Verkäufe ständig aktuell im Blick hat, kann sich schnell eine spielerische Begeisterung entwickeln. Auch den Kontakt zu den Leserinnen lieben viele Selfpublisher.

Ich erlebe, dass sich da fast eine ähnliche Kultur wie bei den YouTubern entwickelt. Auf der Leipziger Buchmesse sah man Autorinnen, die wirkten, als wären sie vierzehn oder fünfzehn Jahre alt. Die schreiben furchtbar verkitschte Liebesromane, bei denen ich keine zwei Sätze durchhalte, alles voll von Klischees und Sätzen wie »sie lachte erleichtert auf« oder »er schaute sie missmutig an« ist. Aber diese Autorinnen sind umringt von ihren Leserinnen und Fans, die auch alle wie vierzehn oder fünfzehn aussehen und Autogramme wollen und Selfies. Das sind komplett andere literarische Welten.

Und bei den Verlagen ist es bereits seit längerer Zeit so, dass man im Zweifelsfall den Autoren bevorzugt, der sich besser verkauft. Oder man castet einen Blogger für ein Buchprojekt, weil der oder die schon die Community und die Leser mitbringt. Früher waren es die Fernsehpromis, heute sind es mehr und mehr die Netzpromis.

Wenn ich in meinen Selfpublishing-Seminaren die Frage höre: »Ja, aber wie viel Zeit muss ich denn für mein Facebook-Profil investieren?«, dann erkenne ich schon an der Frage, dass dies nicht die richtige Haltung fürs Selfpublishing ist.

Aber es wird auch die anderen Autoren geben, die sagen: Ich will schreiben und mich nicht vermarkten. Die sind dann in einem Verlag besser aufgehoben – sofern sie wirklich schreiben können.

Vom Schreiben auf Zuruf oder dass die Leser bestimmten, wie’s weitergeht, halte ich nichts, weil das nicht funktioniert. Wäre das so, so hätten die Verlage längst die Zauberformel für den Bestseller. Natürlich gibt es gerade im Genre gewisse Konventionen und Erwartungen der Leser, aber dann kommt plötzlich ein unerwarteter Bestseller, der mit diesen Konventionen bricht. Alles andere wäre und wird langweilig. Das kann man in Maßen machen, indem Leser auf Nebenhandlungen Einfluss nehmen können, aber es wird für ein Gesamtwerk nicht funktionieren.

Warum, glauben Sie, ist die Zahl der Selbstverleger förmlich explodiert in den vergangenen Jahren? Wieso gibt es immer mehr Menschen, die Zeitungsredaktionen und Verlage am Telefon, auf Messen und natürlich online kontaktieren und steif und fest behaupten, ihr Buch sei der nächste, noch verkannte Megaseller? Hat das mit einer neuen Idealvorstellung von »literarischer Barrierefreiheit« zu tun, einem sich wandelnden Bild des Autors, der einfach hart arbeiten muss, um Erfolge verbuchen zu können?

Wolfgang Tischer: Ich weiß nicht, ob es immer mehr Menschen geworden sind. Es waren schon immer viele Leute der Ansicht, dass die Welt nur auf ihre Texte wartet. Oft animiert durch den Ausspruch der Mutter oder Freunde: »Das solltest du als Buch veröffentlichen!« Meist wird dann gesagt, dass die Verlage jeden Quatsch veröffentlichen, wenn es von einem Promi sei (Immer wieder genannt: Dieter Bohlen). Oder es wird beklagt, dass die Verlage nur amerikanische Bestseller-Autoren veröffentlichen und nichts für deutsche Autoren tun. Wenn ich dann bei den Autoren nachfrage, welches Buch sie denn zuletzt gelesen haben und wann sie zuletzt in einer Buchhandlung waren, kommen nur zögerliche und ausweichende Antworten. Diese Menschen haben in der Regel keinerlei Ahnung von der Buchbranche und sind von einer großen Naivität diesbezüglich geprägt. Vielleicht ist die Zahl derer, die ihre merkwürdigen Pamphlete veröffentlichen wollen, größer geworden, weil die Zahl der Verschwörungstheoretiker und Wutbürger – sicherlich auch bedingt durch das Internet – zugenommen hat.

Aber diese Menschen sind keine potenziellen Selfpublisher. Ihre Texte will zum einen niemand lesen und zum anderen wollen diese Menschen ihre Werke für die Ewigkeit gedruckt sehen. Wenn man denen erzählt, sie können ihre Texte binnen weniger Stunden im Web als E-Book anbieten, besteht kein wirkliches Interesse. Diese Menschen lassen sich bis heute viel lieber durch Zuschussverlage abzocken, die ihnen gegen viel Geld diese Ewigkeit versprechen.

Die Selfpublisher sind viel pragmatischer. Viele davon versuchen gar nicht mehr, ihre Texte primär einem Verlag anzubieten. Sie wollen Geld verdienen und Bücher verkaufen. Sie haben Spaß an der Selbstvermarktung. Und wenn dann ein Verlag kommt und beispielsweise die Printrechte haben will, dann schauen die sehr genau hin und treten nicht mehr als Bittsteller auf, die alles unterschreiben, was ihnen der Verlag da als Vertrag hinhält.

Das Interview wurde von Dana Buchzik im Rahmen ihrer Recherche für den FAZ-Artikel »Ich bin dann mal Autor« geführt, der am 2. Mai 2015 im Feuilleton der Samstagsausgebe veröffentlicht wurde.

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5 Kommentare

  1. “Die Suche nach Perlen im Nicht-Genre-Bereich ist vertane Zeit. Wir vom literaturcafe.de haben das mal versucht, weil immer wieder behauptet wird, dass man auch bei den Selfpublishern nicht nur Krimi, Fantasy, Erotik und Chick-Lit findet. Wir haben sogar dazu aufgerufen, uns Titel vorzuschlagen. Aber was kam? Die Leute haben uns meist ihre eigenen Werke empfohlen und behauptet, sie seinen ganz anders, aber im Grunde waren es schlechte Krimis, schlechte Fantasy und schlechte Chick-Lit.”

    Herr Tischer, Ihnen ist klar, dass Sie mit diesen Worten den Absatz Ihres eigenen Kindle-Ebook-Ratgebers massivst torpedieren?!? 😉

  2. Ich denke es gibt sehr viele Menschen, die gern schreiben und wahrscheinlich immer weniger, die lesen, deshalb bin ich bei den Bestsellerzahlen, die die Selfpublisher angeblich verkaufen, immer ein wenig skeptisch, weil ich mir nicht vorstellen kann, daß die Bücher wirklich gelesen werden.
    Darüber, das Amazon die Türen für die Selbstpublisher geöffnet hat, bin ich froh, auch wenn ich dort noch nicht veröffentliche und auf meiner Website, wo ich meine selbstgemachten Bücher präsentiere, merke, daß der Andrang sich in Grenzen hält, ich denke auch, daß sich die Vorurteile der Journalisten etc, das ist nur Mist so schnell nicht legen wird und wahrscheinlich stimmt es auch, daß dort die Leute veröffentlichen, die keinen Verlag finden, weil sonst wären sie schon dort, andererseits habe ich inzwischen einige sehr interessante Selfpublisher kennengelernt, die durchaus gut schreiben und bei denen die Verlage vorher abwinkten, Bela Bolten wäre so ein Beispiel. Entspannen Leute, würde ich also wieder sagen, mehr lesen, über den Tellerrand hinausschauen, sich auch für das andere interessieren und vielleicht auch den Druck von sich selber nehmen, daß ich, wenn ich jetzt Selfpublisherin bin, unbedingt auf Platz ein sein muß, dann kann ich vielleicht auch “höhere Literatur” schreiben, aber wenn ich damit sowieso schon bei “Suhrkamp” bin, werde ich erst zu “Amazon” gehen, wenn die Bedingungen für mich besser sind. Ich finde es aber gut, daß sich der Ruf des Selbermachens verändern hat, denn ich kann mich noch an Zeiten erinnern, wo es hieß, wenn du es selber machst, wirst du nie wieder einen Verlag finden und da sieht man jetzt ganz eindeutig, daß das nicht stimmt!

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