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StartseiteBuchmesse Leipzig 2013Rempeln und Staunen: Zweimal Leipziger Buchmesse im Rückblick

Rempeln und Staunen: Zweimal Leipziger Buchmesse im Rückblick

Gedraenge 3Ein Mann mittlerer Größe tritt durch die Glastür in die Messehalle 2 der Leipziger Buchmesse. Als er wenige Meter von mir entfernt ist, öffnet er seinen großen Mantel, und ein kleines Mädchen kommt zum Vorschein. Er hatte seine Tochter offenbar zum Schutz vor der Kälte außerhalb der Halle darunter verborgen.

Dieses Jahr hätten sich wohl viele so einen schützenden Mantel gewünscht, der sie vor den Massen an Besuchern abschirmt. Doch gegen eine gewisse Grundaggressivität tausender Menschen auf Veranstaltungen hilft bekanntlich nur eines: Augen zu und durch.

Und wenn man sich das Spektakel alle vier Tage antut, wird man Tag für Tag durch die vier großen Hallen vorbei an Stratmann, Fitzek und Co. geschoben und ist erleichtert, wenn es neben der eigenen Gesundheit auch noch der überdimensionierte, günstig erstandene Kalender unbeschadet zum Ausgang geschafft hat: Es wird gedrängelt, geschubst und gemotzt, was das Zeug hält.

Als könnte es nur einen geben, stürmen sie durch das Hallenkonstrukt und scheinen jegliche Form von gegenseitigem Respekt vergessen zu haben. Nur die wenigsten wissen sich nach einem heftigen Rempler zu entschuldigen, und so fristet man seinen Messealltag im überfüllten Hallen und ist froh, wenn man in einer der begehrten Lesungen einen Sitzplatz ergattert hat.

Auch Babys sind begeisterte Besucher der Messe und krabbeln – scheinbar ohne elterliche Aufsicht – zwischen den einzelnen Ständen und der sich voranschiebenden Masse umher. Man mag sich gar nicht ausmalen, welche Folgen ein unbedachter Schritt nach sich ziehen könnte.

Auch der embryonale Besucher bekommt so einiges geboten. Denn selbst eine Schwangere hat auf der Messe schlechte Karten: Sie wird gedrückt und gequetscht und muss stets eine schützende Hand auf die dünne Schicht legen, die das ungeborene Leben vor dem Gedränge dort draußen bewahren soll.

Die sinnvolle Absperrung der Zugangsröhren in eine Richtung zur Etablierung eines Rotationssystems zwecks Regulierung der Massenströme wird von den Besuchern durch sinnlose Diskussionen mit der Security gestört.

Einen Glanzpunkt bilden die seit einigen Jahren verstärkt auftretenden Cosplayer. Ihre bunten, fantasievollen Kostüme lenken in so manchen Momenten von den Massen ab, und man ist motiviert, sich doch noch zur Halle 5 durchzukämpfen, um einem Vortrag zu lauschen.

So bleibt am Ende nur noch das zu sagen, was dem kleinen, unter dem Mantel hervortretenden Mädchen über die Lippen kam, als ihr Blick durch die Halle schweifte:

Ein bisschen wenig Platz, ein bisschen viele Leute.

Robert Wiemert

Zum ersten Mal auf der Leipziger Buchmesse

GedrängeJetzt weiß ich nicht einmal mehr, welche Veranstaltungen, welche Orte ich bei einem allerersten Blick in das Veranstaltungsprogramm der Leipziger Buchmesse ausgewählt hatte! – Bei der Entscheidung, kiloweise Papier nach Hause tragen oder auf das Gedächtnis vertrauen, habe ich mich für letzteres entschieden. Für einen Erstling auf der Messe ist schon die Vorbereitung ähnlich einem Glücksspiel: völlig unmöglich, das 430seitige Programm durchzuarbeiten. »Na ja, auf den langen Fahrten vom Hotel in die Stadt und aus der Stadt zum Messegelände habe ich viel Zeit, kann mir Notizen machen.« Irrtum! Zeit ja, Platz nein. Gedränge überall: in Bahnen, Bussen, auf Straßen, Wegen, Gängen.

Viel! Viel von allem: Aussteller, Bühnen, Besucher – Interviews, Vorträge, Diskussionen, Gespräche – Lesungen, Workshops, Schreibkurse.

»LEIPZIG LIEST« überall! In den Messehallen an Ständen und auf Bühnen, in der Stadt an jedem nur erdenklichen Ort. Bibliotheken, Buchhandlungen, Museen, Kunsthallen, Galerien, Cafés, Restaurants, Hotels – ok, keine Überraschung. Schulen, Kindergärten, VHS, Kirchen, Vereinsräume – auch nicht unerwartet.
GlashalleÜberraschender: Hauptbahnhof, Uni-Klinikum, US-Generalkonsulat, Stadtwerke, Klärwerk, Zoo, Botanischer Garten.
Noch dazu: Geschäfte für Mode, Optik, Möbel.
Ungewöhnlich: Trauerhalle des Südfriedhofs und »Hundeboutique Dogs an der Kö«.

Die architektonisch ansprechende Glashalle vermittelt durch ihre Größe und Helligkeit das Gefühl von Frei-Raum inmitten all des Gedränges. Die Hallen 2 bis 5, Messehallen eben. Durch die Gänge gehen, sich nicht erschlagen lassen von der Anzahl der Stände, sich anziehen lassen von spontanem »Das interessiert mich, das lockt mich«. Aber: Der Besuch von zwei Hallen an einem Tag ist genug!

Leipzig-LitCafeHalle 5, Digitales Wohnzimmer, darin literaturcafe.de: der gemütlichste Ort auf der Messe. Hier gibt es Sofas, freundliche Mitbewohner, die Bühne/das Forum autoren@leipzig im Blick, und bei lockerem Besucheraufkommen auch im Ohr.

Hier konnte ich beobachten und miterleben, manchmal auch teilnehmen: Messebesucher mit und ohne Kinder, mit und ohne Kaugummi, Menschen mit und ohne verkniffenen Gesichtern, mit und ohne Taschen voller Papier. Zupackende Menschen, denen kein Werbeprospekt zu viel war, die sich auch vor dem Einstecken vieler Exemplare nicht scheuten.
CosplayerGespräche mit Besuchern, Gespräche mit Autoren, mit Fachleuten aus jedem Bereich der Buchbranche.
Interviews mit Autoren und Fachleuten.
Interviews von Radiosendern, Fernsehanstalten, Kollegen

Vor der Messe für mich unbekannt, die Cosplayer, die viel Auflockerung brachten mit ihren schrillen Kostümen und, bis auf wenige Ausnahmen, eine Freude für die Augen waren.

Mein erster Buchmesse Besuch war ein großes Erlebnis. Wichtigste Erfahrung: Viel! Viel von allem!

Ursula Bremer

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2 Kommentare

  1. Ein wirklich schön geschriebener Beitrag – oder besser gesagt: zwei -, der den Nagel auf den Kopf trifft. Buchmessen sind immer wieder toll und einen Besuch wert, doch ein wenig mehr gegenseitiger Respekt unter den Besuchern würde nicht schaden … Dennoch freue ich mich jetzt schon auf meinen nächsten Besuch in Leipzig!

    Liebe Grüße
    Jana

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