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Das Literarische Quartett vom Dezember 2022: Lob muss nicht langweilig sein

Die Quartett-Besetzung vom 2. Dezember 2022 (von links): Eva Menasse, Thea Dorn, Adam Soboczynski und Juli Zeh (Foto: ZDF/Svea Pietschmann)
Die Quartett-Besetzung vom 2. Dezember 2022 (von links): Eva Menasse, Thea Dorn, Adam Soboczynski und Juli Zeh (Foto: ZDF/Svea Pietschmann)

Vier Kritiker innen im Foyer des Berliner Ensembles, vier Bücher, viermal Lob in der Sendung. Und dennoch war es keine langweilige Folge des Literarischen Quartetts. Jedoch muss etwas nachgetragen werden.

Es war die letzte Folge vor Weihnachten und so gab es am Ende der Ausgabe des Literarischen Quartetts vom Dezember 2022 vier Buchtipps.

Juli Zeh sitzt gegenüber von Eva Menasse und empfiehlt das Buch von Robert Menasse. Verwandt? Verheiratet?, fragt man sich als Unbeteiligte, und Wikipedia verrät: Robert Menasse ist der Halbbruder von Eva, deren Vater der Fußballspieler Hans Menasse war.

Eva Menasse empfiehlt das Buch von Simone Buchholz, einer Kollegin vom Board des PEN Berlin. Adam Soboczynski empfiehlt die Neuübersetzung von »Mrs. Dalloway« von Virginia Woolf durch Melanie Walz auch und gerade, weil Vea Kaiser das Nachwort geschrieben hat, die wiederum zum Ensemble des Literarischen Quartetts gehört.

Kann man alles machen, und wahrscheinlich sind das alles lesenswerte Bücher, aber man könnte es auch vermeiden, weil der Zirkel der Immergleichen immer schon befremdlich wirkt.

Der Weihnachtstipp von Thea Dorn – »Bei Regen in einem Teich schwimmen« von George Saunders – wurde wunderbar von Frank Heibert übersetzt. Der besprochene Roman »So etwas wie Glück« mit dem Untertitel »Geschichten über die Liebe« wurde von Bernhard Robben in die deutsche Sprache übertragen.

Warum, so muss man sich zum wiederholten Male fragen, werden im Literarischen Quartett die Übersetzerinnen und Übersetzer selten bis nie erwähnt?

Apropos: Da Juli Zeh berechtigterweise den deutschen Allerweltstitel »So etwas wie Glück – Geschichten über die Liebe« infrage gestellt hat, der englische Originaltitel des Buches von John Burnside lautet sehr poetisch »The Future of Snow«.

Ist noch etwas zu dieser Sendung nachzutragen?

Tatsächlich sei noch vermerkt, dass es wieder einmal eine gute Sendung war! Vier besprochene Bücher, vier von allen gelobte Bücher. Sorgfältig eingestreute Kritik und Bedenken. Man blieb bei den Texten, verhandelte Literarisches. Es benötigte keine schlechten Nacherzählungen der Handlungen, um Inhalte zu vermitteln. Und wenn die ein oder andere Erzählung von Burnside gespoilert wurde, so geschah es unter dem Aspekt der Kritik oder vielmehr des Lobes. Thea Dorn füllte ihre Doppelrolle der Gastgeberin und Diskutantin gut aus, leitete gut über und ließ den anderen Freiräume. Fast alles gut. Lob muss nicht langweilig sein.

Wolfgang Tischer

Link ins Web:

Die in der Sendung vom 02.12.2022 besprochenen und erwähnten Bücher:

Und die Weihnachtstipps:

  • Robert Menasse: Die Erweiterung: Roman. Gebundene Ausgabe. 2022. Suhrkamp Verlag. ISBN/EAN: 9783518430804. 28,00 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
  • Simone Buchholz: Unsterblich sind nur die anderen: Roman (suhrkamp taschenbuch). Broschiert. 2022. Suhrkamp Verlag. ISBN/EAN: 9783518472767. 18,00 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
  • Virginia Woolf; Melanie Walz (Übersetzung): Mrs. Dalloway: Roman. Deutsche Neuübersetzung von Melanie Walz, mit einem Nachwort von Vea Kaiser (Manesse Bibliothek, Band 26). Gebundene Ausgabe. 2022. Manesse Verlag. ISBN/EAN: 9783717525561. 24,00 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
  • George Saunders; Frank Heibert (Übersetzung): Bei Regen in einem Teich schwimmen: Von den russischen Meistern lesen, schreiben und leben lernen. Gebundene Ausgabe. 2022. Luchterhand Literaturverlag. ISBN/EAN: 9783630876979. 24,00 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel

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5 Kommentare

  1. Die Sendung war wieder einmal eine Leser*innen-Freude für mich! Sehr schade allerdings, dass das Publikum Maske trägt. Das darf nun doch nun hinter uns liegen, endlich! Und dies gilt besonders für ein offenes und freies Format wie eine Literatursendung, zumindest aus meiner Sicht. Vorangehen/ Freiheit statt Restriktion erscheinen mir ob der fatalen Folgen (z.B. bezüglich der Lesefähigkeit von Grundschüler*innen) vieler Maßnahmen aus der Coronazeit äußerst angebracht. Dies übrigens nur ein kleiner Punkt unter so vielen! Statt dessen ein Zeichen setzen gegen ein fast schon chronisches und explizit deutsches Erstarren: Maskenpflicht weg und ein Quartett zum Thema ‘Masken und Verhüllung’ in der Literatur’? Oder alternativ auch zu ‘German Angst’…diese gerade mal wieder erlebt im literarischen Quartett. Leider.

    • Boah, wie progressiv , ja fast rebbellisch diese Forderung nach Masken weg im Studio, im literaturaffinen Publikum.
      Das passt ja nun gar nicht zusammen – Intelligenz , zumindest kultureller Anspruch und Maske ?
      Entschuldigung- aber die Beschränktheit sehe ich ganz klar bei Ihnen, Frau Tesch.
      Ich bin gerade nach 2 wöchiger harter Corona – Erkrankung wieder auferstanden und verstehe jeden der keine Lust hast sich anstecken zu lassen. Und sp geht es vielen offenbar, denn an allen Orten, wo kein Maskenzwang besteht, tragen manche Menschen dennoch Masken – alles unfreie Angstmenschen ?
      Frau Tesch, das ist überheblich, dünkelhaft und zeugt keineswegs von intellektuellem Durchblick.
      A.Grüsser

  2. Vielen Dank, Grüsser für Ihre zutreffende Antwort!

    Aber zu meinem eigentlichen Anliegen. @Wolfgang Tischer: Dass Burnsides Buch im Original „The Future of Snow“ heißt, scheint eine schöne aber leider amazonische Mär. Einschlägige Kataloge (inkl. dem des großen Versandhändlers) kennen kein Buch mit diesem Titel. Wohl aber eines namens „Something like happy“ von Burnside. Das scheint mir die englische Vorlage zu sein, die nun ins Deutsche übertragen wurde. 🙂

    • Laut Website des Verlags lautet der Originaltitel »The Future of Snow«. Im Impressum des Buches ist zu lesen, dass die Erzählungen speziell für diesen Band zusammengestellt wurden. Die meisten der Geschichten entstammen der Kurzgeschichtensammlung »Something Like Happy« (Jonathan Cape, London 2013). Für den Titel der deutschsprachigen Ausgabe hat man offenbar auf diesen Titel zurückgegriffen.

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