Wochen und Monate hat man gefeilt und Zeit und Herzblut in das Manuskript gesteckt. Endlich ist das Buch auf dem Markt. Und dann – bamm! – gibt es eine 1-Sterne-Bewertung auf amazon.de. Und auch eine Bloggerin hat nichts Gutes über das Buch geschrieben.
Wie geht man mit negativer Kritik um? Wie reagiert man angemessen? Was kann man dagegen tun, und was sollte man besser vermeiden?
Jeder darf seine mehr oder minder begründete Meinung öffentlich abgeben
Die Welt der Bücher ist paradox: Dass sich ein Werk der öffentlichen Kritik und Bewertung stellen muss, gehört zum System. Egal ob Feuilleton, Blog oder Amazon-Kundenmeinung: Jede und jeder kann und darf seine mehr oder minder begründete Meinung zu einem Buch öffentlich abgeben. Lob kann beflügeln, doch gerade negative Meinungen treffen tief, wenn Autorin oder Autor im Werk vielleicht Autobiografisches ein- und aufgearbeitet hat und Kritik deswegen sehr persönlich nimmt und als verletzend empfindet.
Rückmeldungen zu Büchern kann es vielfältige geben:
Die Kundenmeinungen auf Amazon, deren Quintessenz die 1- bis 5-Sterne-Wertung ist.
Der Beitrag eines Bloggers oder eine Bloggerin im eigenen Blog. Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken. Einiges davon ist flüchtig, anderes klebt direkt auf der Facebook-Fanseite des Autors. Und dann gibt es noch den Hinweis in der gedruckten Presse oder gar die Besprechung im Feuilleton.
Zunächst einmal ist es völlig unerheblich, ob man Self-Publisher oder Verlagsautor ist: Negative Kritik trifft. Vielleicht hat es der Verlagsautor etwas einfacher, wenn der Verlag die psychologische Betreuung übernimmt und für den Autor die Kritik einordnen oder relativieren kann. Nicht zuletzt sollte ein guter Verlag dafür sorgen, dass gewisse Manuskripte besser gar nicht veröffentlicht werden, weil sie einfach zu schlecht sind und negative Kritik vorprogrammiert wäre.
Der Self-Publisher ist viel näher dran an seinen Lesern – und somit auch an der Kritik. Wer bislang nur wohlwollende Rückmeldungen aus dem Freundes- und Familienkreis erhalten hat, kann über die abwertende Meinung von wildfremden Lesern schockiert sein.
Durchatmen und ruhig bleiben!
Die allerwichtigste Regel bei negativer Kritik: Durchatmen und ruhig bleiben!
Denn so ziemlich das Schlimmste ist es, auf negative Kritik sofort zu reagieren und womöglich den Kritiker in einem Gegenkommentar unter der Gürtellinie anzugreifen. Dennoch erlebt man es immer wieder, dass Kritiker persönlich angegriffen und beleidigt werden, dass ihnen die Kompetenz abgesprochen wird, dass ihnen Neid unterstellt wird, dass ihnen unterstellt wird, dass sie nie selbst ein Buch geschrieben hätten. Gerne werden Rechtschreibfehler oder sachliche Fehler in der Kritik als Ankerpunkt eines Gegenangriffs genutzt.
Lassen Sie das bleiben! Persönliche Gegenangriffe zeugen von wenig Souveränität. »Getroffene Hunde bellen!«, mag da ein Beobachter denken. Eine persönliche Fehde mit einem Kritiker mag für andere einen hohen Unterhaltungswert haben – aber im schlimmsten Fall machen Sie sich lächerlich oder stoßen womöglich sogar Ihre Fans vor den Kopf.
Achten Sie auch darauf, dass sich nicht Ihre Fans oder Familienmitglieder für Sie ins Zeug legen. Nichts wirkt auffälliger als ein Blog mit fast keinen Kommentaren, aber bei einem Verriss eines Buches gibt es plötzlich fünf Kommentatoren, die den Blogger beschimpfen und behaupten, dass dies im Gegenteil das beste Buch sei, das sie je gelesen hätten.
Gleiches gilt auch für Kommentare zu Amazon-Rezensionen. Ohnehin versucht Amazon solche parteiischen Kommentare zu filtern. Mehr dazu lesen Sie unten. Vermeiden Sie daher auch den Zusammenschluss zu »Bewertungszirkeln«, bei denen sich die Autoren gegenseitig gute Kritiken schreiben oder sofort Gegenmeinung zu schlechten Anmerkungen erstellen. Gefälligkeitskritiken sollten unter Ihrer Würde sein.
Es gibt bessere Arten, wie Sie auf negative Kritiken reagieren können – mehr dazu später.
Die beste Strategie, schlechte Kritiken zu vermeiden, ist, den Lesern dafür gar keinen Grund zu geben. Natürlich könnte man sagen: Schreiben Sie einfach ein tolles Buch, das den Lesern gefällt, und Sie haben kein Problem mit schlechten Kritiken. Aber so einfach ist es nicht. Speziell Amazon-Kundenreaktionen können sehr unterschiedlich ausfallen. Dennoch gibt es drei wichtige Faktoren, die zu schlechten Leserstimmen führen können:
Die vier wichtigsten Gründe für negative Kritiken
1. Ihr Buch ist tatsächlich schlecht. Die Grammatik ist verkorkst, die Rechtschreibung katastrophal, der Spannungsbogen hängt nach unten durch und Ihre Figurenzeichnungen sind hölzern. Ihr »spannender Thriller« klingt mehr nach Erlebnisaufsatz aus der Grundschule oder Ihr Lyrikband nach Poesiealbum. Oder das Thema, über das Sie schreiben, interessiert niemanden.
Jenseits allen Geschmacksempfindens gibt es eindeutige Kriterien, warum ein Text schlecht ist und einfach nicht zündet. Ein guter Verlag wird solche Texte ablehnen und gar nicht erst auf den Markt bringen. Doch gerade Autoren, die es bei keinem Verlag geschafft haben, stellen sich nicht unbedingt die Frage, ob dies vielleicht am eigenen Manuskript liegen könnte. Stattdessen publizieren diese Autoren ihren Text als Self-Publisher. Schließlich haben sie Berichte gelesen, dass die meisten der bekannten Self-Publisher zuvor von Verlagen abgelehnt worden seien.
Doch leider ist der Umkehrschluss meist falsch. Kommt das verkorkste Manuskript auf den Markt, sind negative Bewertungen vorprogrammiert.
2. Sie haben die falschen Ratgeber! Eng mit dem ersten Punkt verbunden ist die Stärkung des Veröffentlichungswillens durch falsche und inkompetente Ratgeber, meist aus dem Freundes- oder Familienkreis. Wer kennt nicht den Satz: »Das solltest du als Buch veröffentlichen.« Freunde und Bekannte, die in den letzten Jahren kein einziges Buch gelesen und keinen Satz geschrieben haben, sind meist begeistert, wenn man ihnen ein mehrseitiges selbst verfasstes Manuskript präsentiert.
Dieses Lob ist nichts wert. Oft will man nur eine Freundschaft nicht gefährden. Sobald den Text die erste unabhängige Leserin liest, wird sie es vielleicht als langweiligen Quatsch abtun und als rausgeworfenes Geld. Es trifft den Autor dann hart und unvorbereitet, wenn dies so direkt auf amazon.de zu lesen ist.
Suchen Sie sich einen kompetenten Lektor und bringen Sie Ihr Buch erst dann auf den Markt, wenn es unabhängigen Testlesern gefällt – und zwar Testlesern, die selbst viel lesen und vergleichen können.
3. Sie erreichen die falsche Zielgruppe. Dieser Punkt ist ebenfalls einer der Hauptursachen für schlechte Kritiken. Wenn Sie Urteile wie »Habe mir mehr erwartet« oder Sätze, die mit »Eigentlich …« beginnen lesen, so sind dies oft Anzeichen, dass Sie die falschen Leser haben. Sehr selbstsicher hat dies der amerikanische Self-Publisher John Locke ausgedrückt: »Wer dein Buch nicht mag, gehört nicht zu deiner Zielgruppe.«
Ganz so einfach sollte man es sich zwar nicht immer machen, aber dennoch ist die Frage berechtigt: Ziehe ich die falschen Leser an?
Wenn jemand einen blutigen Thriller erwartet, aber eine schmalzige Liebesgeschichte serviert bekommt, wird er unzufrieden sein. Da kann das Buch noch so großartig für Liebhaberinnen schmalziger Liebesgeschichten sein, es wird von den falschen Lesern eine schlechte Bewertung erhalten.
Aber warum wird Ihr Buch von den falschen Leuten gelesen? Drei Faktoren spielen bei der Kaufentscheidung eine wichtige Rolle: Cover, Beschreibung und Leseprobe. Die Leseprobe ist in der Regel gleichzusetzen mit dem Anfang des Romans. Wenn Sie das Cover Ihrer Liebesgeschichte blutig wie einen Thriller gestalten, ist das irreführend. Auch in der Beschreibung sollen Sie keine falschen Erwartungen wecken. Und ebenso sollte Ihre Liebesgeschichte nicht wie ein Thriller beginnen und nach den ersten nervenzerfetzenden Seiten seicht dahinplätschern. Oft werden solch plakative Mittel eingesetzt, um mehr Klicks und Käufer zu erreichen. Doch ein solcher Missbrauch rächt sich schnell durch negative Besprechungen, weil das Buch von der falschen Zielgruppe gelesen wird.
4. Neid und Missgunst unter Autorinnen und Autoren führen ebenfalls zu schlechten Bewertungen. Diese Art der Kritik ist schwierig abzuwehren, weil sie auf keinerlei sachlichen Kriterien beruht.
Negative Kommentare werden ohnehin eher abgegeben als positive.
Was bewirken negative Kommentare?
Was bewirken negative Kommentare? Sehen wir einmal davon ab, dass sie den Autor depressiv oder aggressiv machen können. Denken Sie in diesem Fall an die wichtigste Regel: Tief durchatmen!
Die Kritik in einer gedruckten Zeitung oder Zeitschrift bewirkt vielleicht am wenigsten, sofern sie nicht einem Bestsellerautor gilt. Ok, ein solcher Beitrag wird die Leute nicht unbedingt verleiten, Ihr Buch zu kaufen, um zu schauen, ob der Kritiker Recht hatte. Doch eine Zeitung und Zeitschrift ist schnell von gestern und landet in der Altpapiertonne.
Weitaus mehr Auswirkungen können negative Hinweise in Online-Medien haben, seien es die Online-Ausgaben der Papierzeitungen, Blogs oder andere Online-Angebote. Die könnten nämlich ganz oben stehen, wenn jemand nach Ihrem Namen oder nach dem Titel Ihres Buches googelt. Das könnte Leser abschrecken. Wie wir später noch sehen werden: Die Mischung macht’s! Ein Bericht zu einer negativen Rezension unter vielen anderen hoffentlich positiven Besprechung ist nicht weiter schlimm. Dies erhöht die Glaubwürdigkeit. Sind es nur »schlechte« Suchergebnisse, so könnte dies – siehe oben – vielleicht doch daran liegen, dass Ihr Text schlecht ist.
Stehen jedoch Ihrer Meinung nach ungerechtfertigte Beiträge ganz oben in den Suchergebnissen, so können Sie mittlerweile bei Google die Löschung beantragen. Noch besser ist es jedoch, Sie sorgen dafür, dass dort mehr positive Berichte stehen, indem Sie ihr neues Buch besser machen und damit begeisterte Leser erreichen.
Das Google-Ergebnis kann übrigens ein weiterer Grund sein, warum Sie nicht emotional auf Kritiken reagieren sollten. Denn wenn Sie sich lächerlich machen, linken vielleicht andere Bücherblogs auf Ihren Streit mit dem Kritiker. Diese Link-Zunahme wiederum kann dazu führen, dass die Website mit der negativen Besprechung noch weiter nach oben wandert oder neue hämische oder analytische Blogbeiträge auftauchen.
Allerdings sollten Sie auch dafür Sorge tragen, dass bei der Suche nach Ihrem Namen oder Ihrem Buch Ihre eigene Website ganz oben steht. Und dort kontrollieren Sie die Inhalte!
Natürlich können negative Kritiken direkten Einfluss auf Ihre Einnahmen und den Verdienst haben. Bei negativen Blog-Stimmen mag dieser Einfluss marginal sein, doch die größten Auswirkungen gibt es dort, wo die Leute kaufen können und wollen: bei den Bewertungen in Online-Shops und allen voran bei der größten Online-Buchhandlung: amazon.de.
Amazons Sterne-Bewertung und die Folgen
Speziell bei Amazon spielt die Sternchen-Wertung von 1 bis 5 eine große Rolle, mit der Rezensenten ihre Besprechung plakativ selbst einstufen. In Amazons Suchergebnissen und bei Übersichten sieht man keine ausführlichen Begründungen, sondern nur die kumulierte Sternchenwertung – und die Zahl der abgegebenen Bewertungen. Wer regelmäßig online einkauft, kann bereits aus diesen beiden Zahlen ableiten, was wohl die meisten Käufer über dieses Buch denken. Je mehr Kommentare, desto verlässlicher ist die Gesamtbewertung. Ein oder zwei positive Stimmen könnten auch von den Eltern des Autors stammen. Ein Buch mit 723 Leserstimmen und einem Bewertungsdurchschnitt von 4 wird wahrscheinlich besser sein, als ein Buch mit 2 Leserstimmen und einem Schnitt von 5.
Klickt man auf die Buchdetails, lässt sich ebenfalls bereits an der Verteilung der Stimmen erkennen, ob hier alles in Ordnung ist. Ein »normales« gutes oder schlechtes Buch hat eine keilförmige Stimmverteilung. Von den guten zu den schlechten Stimmen nimmt die Verteilung gleichmäßig ab oder zu. Die Spitze kann auch bei 4 bzw. 2 Sternen liegen. Ist die Stimmverteilung jedoch eher V-förmig, dann gibt es meist Kontroversen um Buch oder Autor. Je gleichförmiger das V, desto allgemeiner die Kontroverse. Dies kann z.B. bei einem Buch zu einem aktuellen gesellschaftspolitischen Thema der Fall sein oder wenn der Autor selbst in der Diskussion ist, z. B. nach einem Plagiatsfall. Auch die Bücher von polarisierenden Autoren wie z. B. YouTubern könnten eine solche Stimmverteilung haben.
Auch hier ist eine Empfehlung des oben erwähnten John Locke sehr interessant: Er hat eine Krimi-Reihe geschrieben. Immer wenn er diese Reihe empfiehlt oder Menschen fragen, welches Buch der Reihe sie lesen sollen, verweist John Locke für den Einstieg grundsätzlich immer auf den gleichen Band. Es ist nicht mal der erste, aber es ist der, den Locke als den charakteristischsten betrachtet.
Und nun passiert Folgendes: Die Leute lesen das Buch und mögen es oder nicht. Sie werden dies anschließend vielleicht in einer Amazon-Bewertung ausdrücken, die gut oder schlecht ausfällt. Die, denen das Buch nicht gefallen hat, werden anschließend keines der Reihe mehr lesen. Die anderen werden höchstwahrscheinlich weitere Bücher von John Locke kaufen.
Was bedeutet dies nun für seine Buch-Bewertungen? Nun: Das Buch, das Locke immer empfiehlt, wird die meisten kontroversen Bewertungen erhalten, die Verteilungskurve wird V-förmig sein. Bei den anderen Büchern der Reihe werden jedoch die positiven Bewertungen überwiegen. Locke hat sein Ziel erreicht: Seine weiteren Bücher werden nur von denen gelesen, die diese mögen. Zumindest mehrheitlich.
Zehn Arten von Kritik bei Amazon & Co.
Kritik kann sachlich und unsachlich sein. Der Verriss, also das absolute Niedermachen eines Buches, gehört im Bereich der Literaturkritik durchaus dazu. Oftmals fühlen sich manche Kritiker geradezu zu einer kontroversen Replik animiert, wenn ein Kollege das Werk zu sehr lobt.
Ob eine Kritik für den Autor hilfreich ist, hängt vom Inhalt ab. Auch aus einem Verriss lässt sich einiges lernen, nachdem man einmal kräftig durchgeatmet hat. Nirgendwo ist die Bandbreite der Kritikformen größer als bei Amazon. Daher lassen sich die Arten von Kritik hier am besten aufzeigen.
1. Negative Kritik zum falschen Buch
Ja, auch das kann es geben. Jemand hat ein Buch gelesen, fand es schrecklich – und ist nicht dazu in der Lage, die Buchkritik richtig zuzuordnen. Bei nichtssagenden Besprechungen wie »Langweiliges Buch. Ich fand es doof.« werden Sie nie wissen, dass Ihr Werk vielleicht gar nicht gemeint ist. Man kann nur hoffen, dass der »Rezensent« eindeutig zu erkennen gibt, dass er ein anderes Buch meint. »Die Hauptfigur Tom finde ich doof« ist eindeutig, wenn es eine solche Figur nicht gibt. Dann haben Sie gute Chancen, dass Amazon die Kritik löscht.
2. Negative Kritik zu Lieferung oder Beschädigung
Das Buch kam beim Kunden beschädigt oder zu spät an – und erhält eine 1-Sterne-Wertung, ohne dass auch nur eine Zeile gelesen wurde. Auch das ist ein Klassiker der ärgerlichen Amazon-Bewertung.
3. Inhaltslose Kritik und meist auch nur kurz
Eine Bewertung, die das Buch in knappen Sätzen lobt oder es niedermacht, hilft niemandem, weder dem Autor noch Kaufinteressenten. Weder »Tolles Buch« noch »Langweiliges Buch« haben irgendeine Substanz, wenn danach nicht eine Begründung erfolgt.
4. Falsche Sternchenwertung
Der Rezensent schreibt eine großartige Bewertung, vergibt aber nur drei Sterne. Das kann ein Versehen sein. Bisweilen wird diese perfide Taktik aber auch von Autoren eingesetzt, um der Konkurrenz zu schaden. Allerdings sollte man auch daran denken, dass manche Rezensenten grundsätzlich für sehr gute Bücher nur 4 Sterne vergeben. 5 Sterne sind bei solchen Kritikern nur für absolute Ausnahmebücher vorgesehen.
5. Beschimpfung des Autors
Ein seriöser Kritiker wird bei einer Buchkritik nie den Autor persönlich angreifen, sondern nur den Text. Allerdings ist immer wieder festzustellen, dass sich Autoren persönlich angegriffen fühlen, wenn der Kritiker den Erzähler kritisiert. Den Unterschied zwischen Erzähler und Autor sollten nicht nur Kritiker, sondern auch Autoren kennen!
Wird der Autor persönlich angegangen, so ist meist davon auszugehen, dass es sich um Neider handelt, in der Regel also andere Autoren, die vielleicht Dampf ablassen müssen, weil ihr eigenes Werk nicht die Beachtung verdient, die sie für sich erwarten. Oder der Autor wird persönlich angegangen, weil er grundsätzlich kontrovers in der Diskussion ist. Das muss nicht in Medien wie Funk und Fernsehen sein, das kann auch nur bei Facebook sein. Oft kommt es zu persönlichen Attacken, wenn der Autor eine gewisse (Netz-)Prominenz aufweist.
6. Kritik am Thema und nicht zum Buch
Ähnlich wie die unsachliche Kritik am Autor ist auch die unsachliche Kritik am Thema des Buches. Oftmals nutzen Menschen die Möglichkeit der Produktbewertung, um nur ihre Meinung zum Thema kund zu tun.
7. Falsche Erwartungen gehabt
Dazu wurde oben bereits einiges gesagt. Wenn eine negative Bewertung nur abgegeben wurde, weil sich der Leser etwas anderes erwartet hat, kann das auch am Autor liegen, wenn z. B. Cover und Produktbeschreibung nicht wirklich zum Buch passen. Ärgerlich ist es jedoch dann, wenn die Produktbeschreibung z. B. ganz klar erwähnt, dass es sich um ein Sachbuch für Anfänger beim Thema xy handelt und ein Kommentator dennoch bemängelt, dass das Werk keine Tipps für Profis bereithalte.
8. Die Gefühlsbewertung
Gewisse Leser und gewisse Buchgenres neigen dazu, dass das eigene Gefühl beim Lesen als alleiniger Maßstab für die Qualität des Buches herangezogen wird. Ist dem Leser beispielsweise die Hauptfigur nicht sympathisch, so wird das ganze Buch als schlecht bewertet. Sätze wie »Mir hat das Buch nicht so gut gefallen, weil ich diesen Peter voll gemein fand« kann man durchaus hin- und wieder auch in Blogs lesen. Jedoch: Wer Genre-Titel schreibt, sollte wissen, dass die Leser nun mal gewisse Erwartungen haben. Eine Liebesgeschichte kann noch so ergreifend sein: Fehlt ihr das Happy-End, wird es negative Bewertungen regnen.
9. Der Verriss
Der Verriss ist fast schon eine Kunstform. Einige definieren ihn als »unsachliche und persönliche negative Kritik«. Das mag zu weit greifen. Ein Verriss ist eine vernichtende Kritik. Ein Verriss ist jedoch dann am besten, wenn er eben nicht unsachlich und persönlich ist, sondern klar belegt, warum der Autor an diesem Werk gescheitert ist. Ein Verriss mag schmerzlich sein, kann aber – im besten Fall – die Wahrheit über die Qualität eines Werkes auf den Punkt bringen.
10. Klare sachliche Kritik mit Begründung
Die kompetent begründete Kritik – auch wenn sie negativ ist – ist der Idealfall. Sie ist für Kaufinteressenten und für den Autor gleichermaßen hilfreich – wenn er oder sie die Kritik ebenso sachlich akzeptieren und aufnehmen kann.
Mit Regeln und Algorithmen gegen Falschurteile
Bei Amazon gibt es eine ganze Reihe an Regeln, was in Kundenrezensionen erlaubt ist und was nicht. Aber dennoch wird man es als Autor schwer haben, und im Grunde genommen ist es fast unmöglich, eine negative Besprechung löschen zu lassen. Da muss schon ein sehr eindeutiger Verstoß gegen das Regelwerk vorliegen.
Allerdings bemüht sich Amazon seit einiger Zeit verstärkt, Gefälligkeits- oder Neidbewertungen maschinell herauszufiltern. Die Regeln hierfür sind natürlich nicht bekannt, denn was bekannt ist, wird sofort von findigen Autoren manipuliert und ausgenutzt. Natürlich kann man sich einige Dinge vorstellen, die dafür herangezogen werden. Um sie soll es an dieser Stelle nicht gehen. Festzuhalten bleibt, dass man als Autor auf jedwede Manipulation, auf Gefälligkeitsbesprechungen oder gar gekaufte Besprechungen verzichten sollte. Gerade auch die Berechnung der Gesamtwertung hat Amazon umgestellt. Schon lange ist es nicht mehr der Durchschnitt aller Wertungen. Unter anderem fließt nun mit ein, wie viele andere Kunden eine Bewertung als hilfreich markiert haben.
Jede negative Kritik hat einen Grund
Versuchen Sie als Autor herauszufinden, in welche Rubrik eine negative Stimme fällt. Machen Sie sich Gedanken, ob Sie vielleicht die falschen Leser ansprechen. Jede negative Kritik hat einen Grund, und man sollte nicht jeden Kritiker als frustrierten Trottel abstempeln. Oftmals lassen sich durchaus Schwachpunkte in der eigenen Arbeit erkennen, die man beim nächsten Mal besser machen kann. Vermeidbare Angriffspunkte wie eine mangelhafte Orthografie sollte man auf keinen Fall bieten. Gerade Self-Publisher haben die Möglichkeit, fast alles an einem bereits veröffentlichten E-Book zu ändern. Wenn es sein muss sogar Cover oder Titel. Doch sollte man diese Möglichkeit nie in Betracht ziehen. Man sollte stets von Anfang an das optimalste Werk abliefern und nicht darauf hoffen, dass man durch »Updates« die Leserschaft später noch glücklich machen kann.
Bedanken Sie sich beim Kritiker!
Einige Autoren haben eine eiserne Regel, die vielleicht die beste ist, die aber eine große Selbstdisziplin verlangt: Reagiere niemals (öffentlich) auf Kritik! Denn egal, ob Sie Fehler eingestehen, Ihrem Lektor die Schuld geben oder gar den Kritiker beleidigen: Sie können nur verlieren. Konsequenterweise sollten Sie so auch bei positiven Kritiken verfahren.
Allerdings gibt es eine sehr gute Möglichkeit, wie Sie auf negative Kritik reagieren können: Bedanken Sie sich beim Kritiker! Bedanken Sie sich selbst dann, wenn die Kritik gemein und böse ist. Bei Amazon gibt es den »Verifizierten Kauf«. Steht dieser Hinweis bei einer Kritik, hat der Kritiker Ihr Werk tatsächlich auch käuflich erworben. Ob er zufrieden war oder nicht, er oder sie trägt zu Ihrem Verdienst bei. Bedanken Sie sich dafür – völlig ohne Ironie. Und drücken Sie Ihr Bedauern aus, dass dem Kritiker das Buch nicht gefallen hat. Fragen Sie nach, was ihm oder ihr nicht gefallen hat, wenn die Kritik wenig Substanz hat. Wird in Ihrem Sachbuch ein Fehler entdeckt, so korrigieren Sie ihn (vorausgesetzt Sie sind Self-Pubisher und haben den direkten Zugriff). Bedanken Sie sich für den Hinweis und berichten Sie, dass der Fehler behoben ist. Weisen Sie sachlich auf Irrtümer des Kritikers hin.
Schreiben Sie beispielsweise: »Es tut mir leid, dass Sie in meinem Werk keine Tipps für Profis gefunden haben. Wie in der Beschreibung deutlich zu lesen ist, richtet sich das Werk an Anfänger. Vielleicht haben Sie ja Anregungen für mich, wie ich dies noch deutlicher kennzeichnen kann, damit es anderen Käufern nicht ähnlich ergeht wie Ihnen.«
Auf diese Weise führen Sie den Kritiker etwas vor, ohne ihn lächerlich zu machen oder gar anzugreifen. Gleichzeitig erfahren andere Kunden, dass die negative Bewertung offenbar an einem Fehler des Kritikers liegt.
Selbst mürrische 1-Sterne-Kritiker sind plötzlich hellwach, wenn Ihnen der Autor persönlich antwortet. Der Autor ist plötzlich kein anonymes Wesen, sondern hat sich die Mühe gemacht, selbst auf eine negative Kritik zu antworten. Da mag mancher Kritiker plötzlich Beißhemmungen entwickeln. Nutzen Sie die Möglichkeit durchaus aktiv, zu Kritiken einen sachlichen Kommentar und Dank zu schreiben. So sehen Kritiker und Kaufinteressenten, dass Sie auch negative Stimmen ernst nehmen. Zudem können Kritiker die eigenen Bewertungen ändern oder löschen. Wenn Sie z. B. einen bemängelten Fehler im E-Book beseitigen konnten, dann weisen Sie auf diesen Umstand hin und fragen Sie doch einmal nach, ob es nun nicht an der Zeit wäre, dass der Kritiker seine Wertung revidiert oder gar löscht.
Ähnlich könnten Sie auch bei Blog-Beiträgen reagieren. Schreiben Sie keinen beleidigen öffentlichen Kommentar unter dem Blog-Beitrag, sondern eine persönliche E-Mail an den Blogger, in der Sie bedauern, dass ihm Ihr Werk nicht gefallen hat. Eine solche Reaktion mag für den Kritiker ungewöhnlich sein. Wenn Sie z. B. erkennen, dass dem Kritiker Ihr Werk nicht grundsätzlich missfallen hat, fragen Sie doch einmal nach, ob er oder sie Ihr nächstes Werk nicht vorab lesen möchte, da Sie kritische und ehrliche Rückmeldungen schätzen. Nicht selten kann so eine konstruktive Autor-Kritiker-Beziehung entstehen, die allen Lesern hilft, dass Bücher ein klein wenig besser werden.
Wolfgang Tischer
Und wie ist Ihre Meinung?
Wie gehen Sie mit Kritik um? Was war Ihr schlimmstes oder schönstes Kritik(er)erlebnis? Wir freuen uns über Ihre Kommentare unten auf dieser Seite!
Bitte nicht wundern: Leider gibt es gerade ein Problem mit der Kommentarfunktion. Nach dem Absenden sehen Sie leider eine Fehlermeldung. Der Kommentar kommt jedoch an 🙂
Das ist ein spannendes Thema, das ich eben erst ganz aktuell auf Amazon verfolge, vier Ein-Stern-Rezensionen und sofort taucht eine Gruppe von Verteidiger auf, die das nicht zulassen wollen und dagegen schimpfen.
Schwierig, schwierig, denn natürlich kann ich sagen oder schreiben, daß mir ein Buch nicht gefält, aber ich muß ja nicht gleich beschimpfen und kann einen Rechtschreibfehler vielleicht auch einmal aushalten und muß auch das, was mir nicht gefällt, nicht lesen.
Ich verfolge dieses Thema ja schon lange und hatte auch schon negative Reaktionen auf meinen Blog, da versuche ich mich immer damit auseinanderzusetzen und muß nicht bei jeden Rechtschreibfehler sofort aufschreiien, denn vielleicht ist der Plot trotzdem interessant und natürlich werden die Leute, die von den Verlagen abgelehnt werden, aber schreiben wollen, es jetzt selber machen und da denke ich mir, man kann ja auch ein bißchen toleranter sein und muß nicht sofort den Finger auf vermeintliche Wunden legen, denn wenn ich höre, vierzig Prozent der Leute können nicht mehr richtig lesen und es gibt auch sehr viele Migranten, die die deutsche Sprache erst erlernen und ich finde es toll, wenn sich zum Beispiel ein Legastheniker mit dem Schreiben beschäftigt, ich bin auch in einer Jury für Literatur für Menschen mit Lernschwierigkeiten und da gibt es mit Rechtschreibfehlern kein Problem und immer wieder erstaunliche Talente, also vielleicht ein bißchen
toleranter! Denn ich frage mich, ob es wirklich die Lösung des Problems ist, den Leuten jetzt ein selbstzubezahlendes Lektorat aufzuschwatzen und da habe ich auch schon von Lektoren gehört, sie nehmen keine Selfpublisher, denn die Vorurteile sind leider sehr hartnäckig!
Aber das Aushalten von Kritik, das Anschauen was stimmt und was stimmt nicht, ist sicher schon sehr wichtig und vielleicht auch das was man in Schreibseminaren lernen könnte!
Schlechte Rezensionen sind immer noch besser, als gar keine! Es bedeutet, dass man schon mal beim Titel, Thema, Cover und Beschreibungstext halbwegs richtig lag, sodass Leute sich das Buch kauften. Hat man viele Downloads, aber keiner schreibt etwas dazu, ist es ein blödes Gefühl.
Ich habe ein Buch auf Wattpad veröffentlicht und bisher nur Lob bekommen.
Jedes Mal, wenn ich das Buch selbst noch einmal lese, fallen mir Tippfehler oder unnötige Wiederholungen auf. Deshalb frage ich mich manchmal, ob überhaupt irgendwer ehrlich ist. Mehrmals habe ich um ehrliche Kritik und Vorschläge zur Verbesserung gebeten. Es kam aber nur Lob und ich zweifle an der Ehrlichkeit meiner Leser.
Eigentlich wollte ich das irgendwann einmal verkaufen, wenn ich jedoch keine Kritik bekomme, lasse ich das lieber bleiben, weil ich so gar nicht weiß, was ich noch verbessern könnte…
Eigentlich wollte ich Wolfgangs Beitrag missgünstig und bösartig verreißen, weil ich das gerne mache, allerdings muss ich zugeben, dass er das Thema überaus professionell behandelt hat, was ich neiderfüllt zugeben muss, denn ich hätte diesen Artikel gerne selbst geschrieben und den ihm zustehenden Applaus eingeheimst.
Ich kommentiere gerne gelesene Bücher. Nicht nett, aber ehrlich. Bisher wurde ich von vier Autoren kontaktiert und es hat sich tatsächlich ein netter Diskurs entwickelt. Das schönste Erlebnis: Aufgrund meiner Kritik kam ein interessanter Schriftverkehr zustande, den wir anschließend ein einem Buchforum öffentlich gemacht haben.
Wirklich hervorragender Beitrag. Gratulation. Bitte an alle Leser: Weiterempfehlen!
Ein Grund für 1-Sterne-Kritiken fehlt in der Liste: Stalker. Es treiben sich bei Amazon einige Trolle herum, die sich insbesondere erfolgreiche Autoren ausgesucht haben, um bereits Minuten nach Hochladen eines eBooks mit einer 1-Sterne-Rezension zu gratulieren. In Autorenkreisen sind die Namen bekannt, es sind zwar nur wenige Personen, aber die tauchen immer wieder unter verschiedenen Pseudonymen auf. Ich werde geradezu mit Hass von so einer Stalkerin verfolgt. Die Dame war ursprünglich ein glühender Fan und hat versucht, sich mir als Lektorin anzudienen. Als ich das ablehnte, wurden alle vorangegangenen 5-Sterne-Rezensionen in 1-Sterne-Rezensionen umgewandelt und seitdem lauert Madam auf jede Neuerscheinung. Amazon löscht ab und zu ihre Rezensionen, wenn sie persönlich beleidigend sind (was sie immer sind). Die Dame formuliert dann die Rezension um und stellt sie erneut ein. Gegen so etwas ist man leider machtlos, ich weiß bis heute nicht, warum es amazon nicht möglich ist, die Accounts dieser Trolle zu löschen.
Dieser Beitrag war sehr hilfreich, da er das Problem beim Namen nannte: Kein Autor hat die Unfehlbarkeit für sich gepachtet; und, dass man auf Kritiken „gelassen“ reagieren sollte.
Der Nachteil, wenn man im Selbstverlag veröffentlicht und von der Korrektur bis zum Cover alles selbst macht ist, dass viele viele Menschen darin nicht mehr mitverdienen können: Normale Verlage, Druckereien, Lektoren, Buchhändler (wenn es e-books sind) und sogar Designer, die normal das Cover gestalten. Und einige dieser Leute nehmen es solchen Autoren vielleicht übel.
Ja ja, das mit den Rezensionen ist so eine Sache. Wenn ich mich für ein Buch interessiere, interessieren mich vorzugsweise die negativen Bewertungen. Denn bei vielen Büchern sind sie für mich „wertvoller“ als die positiven. Das liegt vermutlich daran, dass die (fundiert formulierten) negativen Rezensionen oft aussagekräftiger sind als die positiven. Und bei etlichen Büchern muss ich den negativen Bewertungen leider oft zustimmen.
Dass viele negativen Bewertungen aus niedrigen Beweggründen geschrieben wurden, steht auf demselben Blatt wie die positiven Bewertungen, denen man ansieht, dass sie aus Gefälligkeit geschrieben oder gekauft wurden. Interessant finde ich dann auch die anderen Bewertungen des Rezensenten. Die können im Gesamtzusammenhang sehr aussagekräftig sein. Vor allem auch, was den Duktus betrifft …
Ich denke, jeder Autor müsste sich dafür interessieren, wie (echte) Leser sein Buch empfinden. Ob es leicht oder schwer zu lesen ist, ob es spannend genug ist, ob die Geschichte und die Figuren glaubwürdig genug sind. Und natürlich auch, ob noch Rechtschreibfehler drin sind. Kann ja immer passieren. Dann sollte man natürlich mehr als die Vorschau gelesen haben.
Ich würde mir wünschen, mal eine Rezension zu bekommen, aber es kommt keine. Nicht mal die Trolle interessieren sich für mich. Wenn man selbst für Neider zu langweilig und unbedeutend ist, das ist wirklich schlimm.
Ach Michaela,
sei nicht traurig. So geht es doch den meisten von uns. Und die, die eine Rezension vorweisen, die haben sie von Bekannten schreiben lassen oder viel Mühe dafür verwendet, überhaupt welche zu bekommen. Und die „Erfolgsautoren“? Da steckt eine Menge Werbung und Beziehungen (z. B. SPON) dahinter, dass sie bekannt werden.
Es kochen alle nur mit Wasser 😉
Sehr interessanter Beitrag!
Einziger Kritikpunkt, der mir einfällt:
Mir ist nicht so ganz klar, wie eine „keilförmige“ oder „V-förmige“ Stimmverteilung denn aussieht; hier wäre eventuell jeweils ein Beispiel-Screenshot hilfreich!
Vielen Dank für den interessanten Artikel. Er kam gerade zur rechten Zeit. Ich habe bei einem Erstlingswerk im Bereich Belletristik eine ausführliche aber fast ausschließlich negative Kritik erhalten. Und das nach nur einem Kommentar aus dem Verwandtenkreis 🙂 Ich wusste nicht so recht, wie damit umgehen und habe bisher gar nicht darauf reagiert. Einiges aus der Kritik leuchtet mir ein. Aber manchmal fällt es mir schwer einzuschätzen, ob ich einen Teil davon gar nicht ernst nehmen sollte.
Übrigens habe ich irgendwann einmal gelesen, dass nur jeder 1000ster Käufer sich bemüht, eine Rezension zu schreiben! Stimmt das?!
Ein sehr interessanter und letztendlich auch hilfreicher Beitrag!
Ich habe zwar zuerst auch einmal geschluckt, aber beim Weiterlesen wurde mir dann klar, daß der Autor absolut Recht hat. Ich werde versuchen, seine Ratschläge zu gegebener Zeit zu beherzigen.
Ich denke, man sollte Kritiken aber auch nicht überbewerten. Was dem einen seine Eule ist, ist dem anderen seine Nachtigall…
Wie seltsam. Ich kann auf eine ungerechtfertigte Ein-Stern-Kritik zu meinem Buch bei Amazon gar nicht freundlich antworten. Mir wird nur angeboten, die Meinung als „hilfreich“ zu kennzeichnen (was sie nicht ist) oder „Missbrauch“ zu melden (was auch nicht zutrifft). Beides möchte ich gar nicht.
Ja, leider ändert Amazon ständig die Website und ihre Möglichkeiten. Das Kommentieren von Bewertungen ist leider nicht mehr möglich.
Warum zeugt es von wenig Souveränität, auf einen Verriss scharf zu reagieren, den Kritiker in die Schranken zu weisen?
Ich rede nicht von berechtigter, konstruktiver Kritik, die jeder braucht, um zu wachsen, sondern von Giftpfeilen. „Getroffene Hunde bellen“ – vielleicht beißen sie auch, doch natürlich verursacht das Schmerzen, deshalb wehren sich die Literaturkritiker dagegen. Daher wurde im Literaturcafé die Kommentarfunktion für bestimmte Artikel geschlossen.
Aber zurück zu der Frage: Warum zeugt eine Abwehrhaltung von wenig Souveränität?
Nehmen wir das reale Leben, abseits der Literaturwelt, als Beispiel: Man wird nie etwas erreichen, nie Karriere machen, nie berufliche oder soziale Unabhängigkeit erreichen, wenn man sich alles gefallen lässt. Grenzen zu setzen ist essenziell, ein Naturgesetz, das in der Literaturwelt offenbar nicht gilt. Die Autoren sollen sich für „Bashing“ bedanken. Das Phänomen tritt meistens dann auf, wenn es in einer bestimmten beruflichen Sparte ein Überangebot an Arbeitskräften gibt. Noch in den 2000er Jahren war es bei den Ärzten ebenso, 48-Stunden-Dienste waren keine Seltenheit, und es kam vor, dass man in dieser Zeit non-stop durcharbeiten musste. Und dafür verbale Schläge bekam. Mittlerweile hat sich das geändert.
In der Literatur herrscht ein Überangebot an Autoren und ein Mangel an Lesern, daher können die Kritiker den Autoren einreden, es sei souverän, sich demütigen zu lassen. Wer masochistisch veranlagt ist, soll es tun. Die anderen?
Den anderen steht es frei, damit aufzuhören, ihr Leben nach einem Traum auszurichten, der sich mit hoher Wahrscheinlichkeit niemals erfüllen wird. Als Autor ist man in der Lage abzuschätzen, falls man ehrlich zu sich selbst ist, ob man Talent hat. Zumindest sollte man das nach einigen Jahren sein. Nein, es ist nicht nur harte Arbeit. Begabung ist die Voraussetzung, um sich als Schriftsteller zu etablieren. Wer sie hat, soll hart an sich arbeiten, da eine reelle Chance besteht, dass es sich lohnt. Wer sie nicht hat, wäre besser beraten, nichts zu veröffentlichen, anstatt den Kritikern eine Bühne zu bieten, um ihre Arroganz – oder ihren digitalen Sadismus? – auszuleben.
Dem Buchmarkt mangelt es an Kunden, an Lesern, deshalb braucht es nicht ein so großes Angebot, um den Bedarf zu decken. Würden weniger Mitbewerber auf den Markt drängen, hätten die Schriftsteller, die wirklich berufen sind, es leichter, sich zu positionieren und durchzusetzen. Sie hätten mehr Macht. Macht über die Kritiker. Und untalentierte Autoren würden sich Demütigungen ersparen. Sie könnten erkennen, wo ihre wahren Stärken liegen.
Muss alles veröffentlicht werden? Ein klares Nein. Abgesehen davon, dass literarischer Schrott die Branche in ein schlechtes Licht rückt, rechtfertigen der Aufwand, die Energie und das Herzblut, das über Monate und Jahre in das eigene Buch geflossen ist, das Outcome nicht. Ich rede nicht von Geld, sondern von Anerkennung. Jeder, der will, kann man für sich selbst, für Freunde oder Testleser schreiben. Dadurch würde er sich den oft kostspieligen Veröffentlichungsprozess und mögliche vernichtende Kritiken danach ersparen. Natürlich ist es schwierig, einen Traum loszulassen, aber es ist vor allem Eines: befreiend. Es erfordert Mut, Einsicht, Selbsterkenntnis.
Positiv zu bemerken ist die Tendenz der Literaturkritiker, ihre Urteile in den letzten Jahren wertschätzender zu formulieren (siehe Bachmannpreis-Verleihungen). Offenbar findet bereits ein Umdenken statt. Das ist gut so. Ansonsten würde die Gefahr laufen, dass sich die Literaturkritik unter dem Deckmantel der Intellektualität auf das Niveau von Dieter Bohlen oder Heidi Klum begäbe, die reale oder vermeintliche junge Talente für ihre Einschaltquoten benutzen und verbrennen. „Brot und Spiele“ zeugen nicht von geistiger Größe, sondern liefern eine Show. Und genau das ist der Verriss: eine Show, wo der Kritiker sich selbst ins Rampenlicht rückt. Worauf er ja abzielt. Aber die Autoren sollten sich selbst so viel wert sein, ihm die Bühne nicht darzubieten. Sie sollten aufhören, Opfer zu sein.