StartseiteBuchkritiken und TippsWhatchareadin: Warum noch eine Lese-Community, Herr Pöll?

Whatchareadin: Warum noch eine Lese-Community, Herr Pöll?

Screenshot: whatchareadin.de

Helmut Pöll ist Indie-Autor (»Die Elefanten meines Bruders«) und im Hauptberuf Software-Entwickler. In den letzten 10 Monaten hat er mit whatchareadin.de eine neue, multimediale Literaturplattform programmiert, die zudem für mobile Endgeräte optimiert ist. Fürs literaturcafe.de hat sich Wolfgang Tischer mit Helmut Pöll unterhalten.

literaturcafe.de: Herr Pöll, »Noch eine Lese-Community!?«, möchte man ausrufen. Gibt es da nicht schon genug? Warum haben Sie whatchareadin.de gegründet?

Helmut Pöll: Mich hatte immer gestört, dass die namhaften Plattformen alle Konzernen gehören. Deshalb habe ich jetzt selbst eine gebaut, auf der alle Stimmen Gehör finden sollen, hauptsächlich Leser, aber auch Indie-Autoren, Blogger und kleine Verlage.

Helmut Pöll (Foto: privat)
Helmut Pöll (Foto: privat)

Natürlich gibt es viele Lese-Communities. Aber es gibt nicht viele Lese-Communities mit persönlichem Buchregal, einer Buchdatenbank, einer Facebook-ähnlichen Bedienung, einem fein konfigurierbaren Benachrichtigungssystem und einem multimedialen Mobile-First-Ansatz, der für den schnellen Chat unterwegs optimiert ist. Da geht die Reise aber hin, weg vom Desktop, hin zu mobilen Geräten.

Ich schätze, dass das Durchschnittsalter der Leser auf WR auch deutlich höher ist als beispielsweise bei lovelybooks.

literaturcafe.de: Auf welche Funktion oder welches Feature sind Sie besonders stolz?

Helmut Pöll: Da gibt es nicht die eine revolutionäre Funktion, die alles auf den Kopf stellt. Gottseidank. Es gibt eine ganze Reihe sehr angenehmer Features, die hauptsächlich den Entwicklern von Xenforozu verdanken sind.

Mir persönlich gefällt am besten, dass sich die Site allen mobilen Geräten automatisch anpasst, ohne dass ich nach links und rechts scrollen muss. Das heißt aber nicht, dass die Site auf einem iPhone einfach heruntergezoomt wird und nichts mehr lesbar ist, sondern dass das Layout sich automatisch ändert und lesbar bleibt.

Die Chatfunktion, mit der man sich in einem geschützten Raum mit bis zu 10 Leuten unterhalten kann, ist auch nicht unpraktisch, oder die Möglichkeit, Bücher oder Hörproben durch einfaches Posten eines Links einzufügen. Cover und abspielbare Hörprobe erscheinen automatisch.

literaturcafe.de: Der Name whatchareadin.de erscheint etwas sperrig, gerade auch wenn man ihm mündlich nicht des Englischen mächtigen Menschen übermitteln will. Wie kam es zu diesem Namen?

Helmut Pöll: Ja, das ist er im ersten Moment. Ich habe auch mit anderen, eingängigeren und vermeintlich leichter zu merkenden Namen experimentiert, bis ich gemerkt habe, dass bei allen, die ich gefragt habe, whatchareadin in Erinnerung geblieben ist.

»What cha readin’« ist amerikanischer Slang und bedeutet, etwas leger gesprochen, »Was liest Du denn?«. So würde man das Freunde oder Bekannte fragen. Sag mal, was liest Du eigentlich gerade? Hast Du einen Buchtpp für meinen Urlaub? Diese Leichtigkeit wollte ich auch im Namen und generell bei der Plattform wiederfinden.

literaturcafe.de: Wenn Autoren auf solchen Plattformen unterwegs sind, besteht schnell die Gefahr, dass sie von Eigenlob und Werbespam geflutet werden. Wie wollen Sie das verhindern?

Helmut Pöll: Das ist richtig. Und so sehr ich den Wunsch von Autoren nach Eigenwerbung verstehe, für Leser wird es bei zu viel Eigenwerbung in Diskussionsforen schnell uninteressant. Deshalb gibt es in den Diskussionsforen keine Eigenwerbung. Es halten sich im Grunde auch alle dran.

Zusätzlich gibt es den gesonderten Bereich der Autorengruppen, wo sich jeder Autor mit seinen Werken präsentieren und sich mit seinen Lesern austauschen kann. Im Fall der Fälle bitte ich Autoren eine eigene Gruppe zu gründen und dort ihre Bücher vorzustellen.
Werbespam bekommt man ganz gut mit den eingebauten Antispam-Systemen in den Griff.

literaturcafe.de: Autoren können bei Ihnen auch Leserunden starten. Sie sind ja selbst Indie-Autor. Welche Tipps geben Sie den Autoren, wie sie eine solche Runde am besten gestalten, sodass die Diskussion möglichst konstruktiv ist.

Helmut Pöll: Am besten ist es natürlich, wenn man beispielsweise zwei Wochen vor dem Start der Leserunde kräftig die Werbetrommel rührt, eine Buchverlosung startet und dann, wenn es los geht, schon eine größere Zahl von Zusagen für eine Teilnahme an der Leserunde hat. Leser freuen sich auch immer über Hintergrundinformationen zur Geschichte, die sie aus der reinen Lektüre nicht bekommen.

literaturcafe.de: Wie sieht ansonsten die Moderation bei Ihnen aus? Wann greifen Sie ein? Welche Benimm-Regeln sollte man speziell in Buch-Communities beachten?

Helmut Pöll: Es gelten dieselben Grundregeln wie eigentlich in allen Foren: Ein höflicher, respektvoller Umgangston ist erbeten, Beleidigungen und Verunglimpfungen werden nicht geduldet.

Über Kunst lässt sich ja bekanntlich trefflich streiten. Speziell in Buch-Communities heißt das dann vielleicht, dass man unterschiedliche Ansichten nebeneinander stehen lassen kann. Ich persönlich bin beispielsweise nicht der größte Fan von Vampirgeschichten.

literaturcafe.de: Der Frage-Klassiker darf nicht fehlen: Wie finanziert sich whatchareadin.de?

Helmut Pöll: Jetzt über Affiliate-Programme von Amazon. Audible und Google Adsense, später aber über Bannerwerbung und Verlagskooperationen, eventuell auch über einen eigenen Shop. Das System könnte das schon.

Aktuell läuft whatchareadin.de aber noch nicht 100% kostendeckend, d. h. ich schieße zu.

literaturcafe.de: Das Problem vieler Lese-Communites ist – gerade auch bei einer der größten -, dass Werbung kaum als solche gekennzeichnet ist. Ob für einen »Buchtipp der Woche« Geld geflossen ist, weiß der Leser nicht. Wie halten Sie es mit dieser Trennung?

Helmut Pöll: Die Inhalts-Blöcke mit Buchwerbung sind mit »Gesponsert« bzw. »Anzeige« deutlich überschrieben, wobei ich jetzt schon mehrfach gefragt wurde, was denn bitte »gesponsert« bedeutet. Deshalb werde ich wohl komplett auf den Begriff »Anzeige« wechseln. Das ist eindeutiger.

Für den Seitenbesucher sollte in jeden Fall erkennbar sein, wofür Geld geflossen ist und wofür nicht. Whatchareadin-Lesetipps, die jemand bezahlt hat, wird es nicht geben.

literaturcafe.de: Herr Pöll, vielen Dank für dieses Gespräch und viel Erfolg mit whatchareadin.de!

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