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Volker Kauder (CDU) will ermäßigten Steuersatz für E-Books und Hörbücher durchsetzen

Volker KauderDie CDU/CSU-Fraktion hatte am 24. April 2013 zu einer Veranstaltung unter der Reichstagskuppel eingeladen. »Das Gedruckte – nur noch etwas für Nostalgiker?« lautete der Titel, der die üblichen Worthülsen der haptischen Papierbuchschnüffler befürchten ließ.

Doch die Veranstaltung wartete mit einigen Überraschungen auf. Erstmals verkündete der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder und auch sein Stellvertreter Günter Krings deutlich, dass sich die CDU/CSU für den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7% für E-Books und auch Hörbücher starkmachen werde.

Noch überraschender war jedoch der Auftritt von Noch-Börsenvereinsvorsteher Gottfried Honnefelder. Fast hätte man vermuten können, er wolle nach seinem diesjährigen Ausscheiden in der Vorstand von Amazon wechseln und TV-Erklärbär Ranga Yogeshwar würde seine Nachfolge beim Verband antreten.

Vom Geruch und Geräusch der Bücher

Doch am Anfang des Abends im 3. Stock des Reichstagsgebäudes standen zunächst die erwartbaren Worthülsen. Wolfgang Börnsen, der kultur- und medienpolitische Sprecher der Fraktion, begrüßte, gestand seine Liebe zu Papierbüchern, benutzte oft das Wort »Kultur«, erwähnte Goethe und Eco und sprach vom »sinnlichen Vergnügen« in gedruckten Büchern zu blättern, von Haptik und Geruch. Die üblichen Begriffe derer also, die noch nie ein Buch auf einem E-Reader oder Tablet gelesen haben.

Auch Fraktionschef Volker Kauder scheint einer der Buchschnüffler zu sein, auch er sprach von Geruch und sinnlichem Erlebnis. Statt durch die Sprache, sei das Buch immer mehr von der Technik getrieben.

Doch dann die unerwartete Wendung in Kauders Einführung: Egal, ob Papier oder Elektronik, am Ende käme es auf die Inhalte an. Dass E-Books daher einerseits preisgebunden sind, aber auf der anderen Seite zum vollen Mehrwertsteuersatz von 19% verkauft werden, statt wie die gedruckten Ausgaben zum ermäßigten Satz von 7%, da werde es »schwerfallen, hier eine Begründung zu geben«. Kauder sprach sich dafür aus, den ermäßigten Steuersatz auch für elektronische Bücher anzusetzen und schloss explizit Hörbuch-Ausgaben mit ein. Ob Hörbücher dann auch preisgebunden werden sollten, erwähnte Kauder nicht.

»Literatur braucht das gedruckte Buch nicht«

Es folgte ein Einführungsvortrag der Schriftstellerin Julia Franck. Sie schien zum Abend zu passen, vertrat sich doch in letzter Zeit in einigen Zeitungsbeiträgen immer wieder ein antiquiertes Autorenbild. Der Name Julia Franck tauchte bei allen Urheberrechtskampagnen auf, doch glänzte die Autorin nicht immer mit Sachwissen.

Und so schwärmte auch Julia Franck, die mit ihrem Roman »Mittagsfrau« den Deutschen Buchpreis 2007 gewann, vom Geräusch des Umblätterns und verglich den Lesevorgang, der sich kaum beschleunigen ließe, mit der Zerkleinerung der Essenzutaten mit einem Mörser. »Literatur beginnt da, wo das ästhetische Moment einsetzt«, so Franck.

Doch dann auch bei Franck unerwartete Sätze wie: »Literatur braucht das gedruckte Buch nicht«. Schön auch Francks Feststellung – in einer Ergänzung zu ihrem Redemanuskript -, dass es den Nazis sicher nicht gelungen wäre, ungeliebter Bücher zu verbannen und zu vernichten, wenn es damals schon das Internet gegeben hätte. Für Sekundenbruchteile hatte man als Zuhörer fast schon erwartet, Julia Franck würde gleich zum Lob der digitalen Kopie ansetzen, doch so weit ging sie dann doch nicht. Im Gegenteil: der Fall der Preisbindung, die Kopierbarkeit der Werke und die Dominanz von Amazon, all das sei oder wäre das Schlimmste. Hinzu käme hier im Westen eine Konzentration durch die Freiheit des Marktes, die zu sehr auf Provozierendes und Promis setze. Muss der Schriftsteller ein Marketing-Experte werden? Wird er für mehr Geld lesefreundlicher nach dem Geschmack des Publikums schreiben?

Am Schluss ihres Vortrags entwickelte Julia Franck die Vision einer »E-Book-Handelsunion« und einer eigenen technischen Lösung der großen Verlagsgruppen, um der Konkurrenz aus den USA Paroli zu bieten. Hier könnten laut Franck auch die Buchhändler als Vermittler mitverdienen, denn speziell die Vermittlung der Inhalte z. B. für Kinder ließe im Internet zu wünschen übrig. Julia Franck erwähnte nicht, ob der Tolino ein solches Modell sein könnte.

Verwirrende Momente und Worte an die Politik

In der anschließenden Podiumsdiskussion gab es manche verwirrende Momente, für die überwiegend Gottfried Honnefelder verantwortlich war. Das begann bereits damit, dass er später aufs Podium kam, da er erst einen Umweg über die Toilette machen musste. Es diskutierten Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar, Julia Claren, die Geschäftsführerin des Kulturkaufhaus‘ Dussmann, Autor Dirk Kurbjuweit vom Spiegel, KiWi-Verleger Helge Malchow und eben Börsenvereinsvorsteher Prof. Dr. Gottfried Honnefelder.

E-Book-Diskussion bei der CDU-Fraktion
Diskussionsrunde mit Moderatorin Tanja Samrotzki, Ranga Yogeshwar, Julia Claren, Geschäftsführerin des Kulturkaufhaus‘ Dussmann, Autor Dirk Kurbjuweit vom Spiegel, KiWi-Verleger Helge Malchow und Börsenvereinsvorsteher Gottfried Honnefelder.

Verleger Malchow war der erste, der gegen den Kulturpessimismus anredete und die neuen Möglichkeiten der elektronischen Buchausgaben lobte. Jedoch werde die vorbildhafte kulturelle Vielfalt der deutschen Buchlandschaft durch gesetzliche Rahmenbedingungen gewährleistet, die auch für E-Books gelten müssten. Malchow richtete deutliche Worte an die anwesenden Politiker, dass der Status des Buches bewahrt und ausgebaut werden müsse. Insbesondere den neoliberalen Bestrebungen der EU müsse die Bundesregierung wesentlich deutlicher entgegentreten und sich hier mit anderen Ländern wie Frankreich solidarisieren.

In diese Kerbe schlug auch TV-Mann Ranga Yogeshwar: »Business as usual wird für die Buchbranche nicht mehr funktionieren«. Man rege sich derzeit über Uli Hoeneß auf, aber nicht darüber, dass Amazon und Apple in Luxemburg sitzen und dort für E-Book-Verkäufe nur 3% Mehrwertsteuer berechnen können. Dagegen müsse die Politik vorgehen. Ebenso sei die Tatsache besorgniserregend, dass diese Konzerne nicht nach europäischem Recht belangt werden könnten. Dass Amazon seinerzeit die Orwell-Ausgabe von den Kindle Geräten gelöscht habe und Apple speziell bei nackter Haut Zensur aufgrund der prüden US-Moralvorstellungen vornehme, sei nicht hinzunehmen. Die Kultur dürfte nicht ausschließlich marktwirtschaftlichen Interessen unterlegen sein, und es könne nicht angeben, dass Buchhandlungen nur noch dann überleben, wenn sie auf Bestseller wie »Shades of Grey« oder »Harry Potter« setzen. Die Buchpreisbindung müsse daher ganz klar auch für die elektronischen Ausgaben der Bücher gelten.

Von Honnefelder hingegen kamen verblüffende Aussagen, als wäre er der Lobby-Vertreter der US-Konzerne und nicht des deutschen Buchhandels. Im überheblichen Ton verkündete er, dass alles sei ja gar nicht so, die Diskussion vermittle ein falsches Bild, man sei nicht Opfer amerikanischer Multis. Der Buchhandel müsse nicht mehr geschützt werden wie alle anderen Unternehmen auch. Die alten, überkommenen Buchhandlungen würden nun mal sterben, weil sie sich schon seit Jahren nicht unbedingt wirtschaftlich verhalten hätten, doch an ihrer Stelle würden junge, neue Buchhändler mit frischen Ideen nachrücken.

Nicht nur Autor Dirk Kurbjuweit, der gerade auf Lesetour war, zeigte sich verwundert, wo denn diese Buchhandlungen seien. Bei seinen Reisen erlebe er das Elend der Buchhandlungen, der Masse gehe es schlecht, oftmals habe er sogar Skrupel, für eine Lesung das volle Honorar zu verlangen.

Im abschließenden politischen Resümee mit den beiden stellvertretenden CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Michael Kretschmann und Günter Krings, wiederholte letzterer nochmals, dass sich die CDU/CSU für eine Mehrwertsteuerreduzierung elektronischer Ausgaben einsetzten werde.

Den Bonus und gestiegenen Sympathiewert der CDU durch die Veranstaltung machte dann aber Günter Krings mit zwei, drei letzten Sätzen wieder zunichte. Er lobte das verwirrende Leistungsschutzrecht, das die CDU/CSU durchgesetzt habe, sprach davon, dass Urheber mit Füßen getreten werden und machte sich deutlich für den Aufbau einer Zensur-Infrastruktur stark, die das Anzeigen von Stoppschildern in Tauschbörsen und auf Websites mit illegalen Inhalten ermögliche.

Sprachs und klappte die Hülle seines iPad zu. Eine jener Hüllen, die das Hersteller-Logo deutlich sichtbar aussparen.

Wolfgang Tischer

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