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Textkritik: Arrhythmien – Prosa

Eine Textkritik von Malte Bremer

Arrhythmien

von Klaus Schwingel
Textart: Prosa
Bewertung: 3 von 5 Brillen

Der erste Versuch war gescheitert. Bauer lag kraftlos auf seinem Bett. Es würde einer enormen Kraftanstrengung bedürfen, den Weg zum Fenster ein zweites Mal zu schaffen.
Er verfolgte die Arrhythmie seines Herzens. Zwei, drei Schläge kamen normal. Dann ein Aussetzer. Stillstand von zwei Sekunden. Und dann wieder, als ob das Herz Versäumtes nachholen wolle, drei, vier Schläge in rascher Serie, gefolgt von einer erneuten Pause.
Er nahm die Schläge im ganzen Körper wahr. Es waren seine eigenen Lebenssignale, die intermittierend durch die Brust holperten, mit kräftigem Stakkato, dann sanft, kaum wahrnehmbar, schwach, schließlich ausblieben, um nach Sekunden erlösend wiederzukehren.
Extrasystolen, behaupteten die Kardiologen.
Bauer hatte sich nie mit den Ärzten darüber gestritten. Aber er empfand die Unterbrechungen nicht als Extrasystolen, als zusätzliche Pumpversuche der Herzkammer, sondern als vorübergehenden Herzstillstand. Er fühlte sich von seinem Herzen im Stich gelassen, wenn er sekundenlang zwischen Leben und Tod schwebte, bevor rettende Lebenszeichen erneut durch seine Brust pflügten.
Schwester Stanka hatte Sonntagsdienst. Misstrauisch kontrollierte sie Bauer in kurzen Abständen. Diesmal gab sie vor, die Klebeelektroden auf seiner rasierten Brust zu überprüfen. Während sie auf die Heftstellen drückte, vollführte das Oszillogramm auf dem Monitor zusätzliche Kapriolen.
»Zufrieden?«
»Alles bestens«, antwortete Stanka.
»Lebe ich noch?«
»Scheusale leben länger.«
»Weshalb sind Sie nicht in Kroatien geblieben?«
»Zu viele deutsche Touristen… Schlafen Sie!«

*

Die Ärzte hatten ihr EKG, mit dem sie die Extrasystolen Schwarz auf Weiß belegen konnten. Sie verfügen über eine intelligente Gerätediagnostik, mit deren Hilfe sie Patienten bei lebendigem Leib sezieren und in physikalische Messgrößen zerlegen. Sie besitzen Endoskope, mit denen sie in Bauers Herz hineinsahen, haarscharf an der Seele vorbei.
Seiler, der Oberarzt der Endoskopie, hatte seine endoskopischen Werkzeuge durch eine Kanüle in Bauers Leisten versenkt und sich langsam bis zum Inneren des Herzens emporgeaalt.
»Spüren Sie was?«
»Nein.«
»Ich drehe den Monitor etwas, dann können Sie zusehen.«
Bauer sah rotbraunes, wabbeliges Gewebe.
»Gut so?«
»Ich sehe geradewegs in eine geöffnete Vagina.«
»Sieht nur so aus,« sagte Seiler, der den Blick starr auf den Monitor gerichtet hielt und gleichzeitig an einer Apparatur hantierte, »…es ist Ihr Herz.«
Der Kardiologe erklärte Bauer die bewegten Bilder.
»Keine Vernarbung zu erkennen, scheidet also als Ursache des Vorhofflimmerns aus… Ich verankere jetzt eine kleine Elektrode an Ihrer Herzwand… Keine Sorge, ich übernehme die Prozesssteuerung Ihrer Pumpe… Merken Sie, wie es schneller schlägt?… Und jetzt langsamer… Sehr gut… Jetzt Ihr Vorhofflimmern… ist das so?«
Bauers Herz begann zu stolpern, das vertraute Stakkato, kurzer Stillstand, gefolgt von rascher Schlagfolge.
»Mann, hören Sie auf!«
»Sofort. Ist das Vorhofflimmern so, wie ich es jetzt simuliere?«
»Ja.«
»Gut, machen wir Schluss.« Seiler drückte auf seiner Tastatur herum und Bauers Herz lief schlagartig rund.
Bauer atmete auf.
»Einwandfreier Sinusrhythmus… Wie oft tritt das Vorhofflimmern auf?«
»Zuerst alle drei Jahre, jetzt einmal im Monat.«
»Wie lange halten die Rhythmusstörungen dann jeweils an?«
»Vierundzwanzig Stunden, dreißig Stunden, hat auch schon drei Tage gedauert.«
»Hm, wir machen noch einen Versuch. Wir wollen sehen, ob Ihr Reizleiter intakt ist… Ich erhöhe die Frequenz auf 150, 160.«
Das Herz begann zu jagen. Es dröhnte bis in Bauers Hals.
»Gleich überstanden… ich schalte die Impulsvorgabe ab… nun muss die Herzfrequenz sinken… tut sie…120…110…«
Seiler verfolgte die sinkenden Frequenzen wie einen Countdown.
»…Reizleiter in Ordnung,« stellte er schließlich fest.
»Und nun?«, fragte Bauer.
»Alles in bester Ordnung. Ihr Herz ist organisch gesund. Keine Vernarbungen, Reizleiter ohne Befund, normaler Sinusrhythmus,« er blätterte in Bauers Akte, »arterielle Hypertonie, kein Anhalt für koronare Störungen, keine höhergradigen Stenosen, myokardszintigraphisch Normalbefund…, wahrscheinlich Funktionsstörung.«
»Wie, Funktionsstörung?«
»Was machen Sie beruflich? Ich meine verstehen Sie etwas von Elektrik oder Elektronik?«
»Ich kann eine Glühbirne wechseln.«
»Gut. Stellen Sie sich vor, Ihr Herz ist Bestandteil eines Regelkreises. Außer dem Herz befindet sich die Galle in dem Regelkreis, Ihr Magen, die Bauchspeicheldrüse, die Lunge…«
»…wie wär’s mit meinem Hirn?«, fragte Bauer.
Seiler akzeptierte: »…richtig, Ihr Gehirn.«
»Danke,« sagte Bauer.
»Nehmen wir an, Ihr Gehirn signalisiert Gefahr. Sofort schlägt Ihr Herz schneller.«
Bauer nickte.
»Laufen Sie eine Treppe hoch, erhöht sich die Herzfrequenz. Begeben Sie sich zur Ruhe, wird der Puls langsamer.«
Bauer nickte wieder.
»Das sind einfache Beispiele für die Abhängigkeiten innerhalb eines funktionierenden Regelkreises. Beruhigt sich das Herz nicht, nachdem sie oben angekommen, oder zu Bett gegangen sind, können wir von einer Funktionsstörung ausgehen.«
»So weit waren wir auch schon vor fünf Jahren,« stellte Bauer fest.
»Ich verstehe nicht?«
»Ich bin zum zweiten Mal Gast in Ihrem Klinikum. Nach drei Wochen gründlichster kardiologischer Untersuchung sagte man mir vor fünf Jahren das gleiche.«
»Was?«
»Steht in meiner Kurve: Funktionsstörung. Herz organisch gesund. Ich hätte jetzt mal gerne gewußt, wie ich diese grässlichen Rhythmusstörungen wieder loswerde, die meinem gesunden Herzen an die Nieren gehen. Spinnt die Galle, oder die Bauchspeicheldrüse, ist es das geheimnisvolle vegetative Nervensystem, oder ist es alles zusammen?«
»Kann ich nicht sagen, Herr…«, Seiler suchte in den Unterlagen nach Bauers Namen, »…Herr Bauer.«
»Und warum können Sie mir das nicht sagen, Herr Doktor?«
»Ich bin Kardiologe.«
»Wie, Kardiologe.«
»Mein Spezialgebiet ist die Kardiologie. Ich kann Ihnen über Ihr Herz erschöpfend Auskunft geben, zur Galle müssen Sie einen Internisten befragen…«

*

Es war Sonntag. Auf der Station herrschte Ruhe. Ein Kardiologe tat auf mehreren Stationen gleichzeitig Dienst und ließ Bauer warten. Der Fensterflügel war gekippt. Am Morgen war der Hausmeister angerückt und hatte sich am Fenster zu schaffen gemacht. Er hatte Bauer mehrmals mit neugierigen SoSiehtEinSelbstmörderAus-Blicken bedacht, schwieg aber. Normalerweise knottern Handwerker herum, wenn sie zu einem ungeplanten Einsatz gerufen werden, dachte Bauer. Aber Selbstmord ist eines der seltenen Fachgebiete, von denen Hausmeister nichts verstehen.
Später hatte Stanka das Fenster überprüft.
»Ein bisschen komisch sah es schon aus, als Sie wie eine Schildkröte auf dem Fenstersims hingen.«
»Freut mich, wenn ich Sie erheitern konnte,« sagte Bauer, ohne die Augen zu öffnen, »Sie hätten mich hängen lassen sollen. Ich hätte es geschafft.«
»Jetzt muss ich auch noch einen Bericht schreiben. Wie schreibt man Suizid?«
»Ist mir egal. Schreiben Sie’s kroatisch.«
»Ich schreibe: …fand den Patienten über dem Fenstersims keuschend vor. Halb drinnen, halb draußen. Ein mitleiderregender Anblick. Wollte den Patienten zuerst erlösen. Ein kleiner Stoß hätte genügt. Zog ihn dann aber doch zurück…«, sie überlegte eine Weile, »…was ich inzwischen bereue.«
»Warum?«
»…weil ich das Scheusal seit zwei Wochen persönlich kenne.«
»Sie hatten Ihre Chance. Wo bleibt der Doktor?«
»War der noch nicht bei Ihnen?«
»Der Student war hier. Wir haben uns ausgezeichnet unterhalten.«
Dr. Kress kam ins Zimmer, gefolgt von dem Studenten. Er warf einen kurzen, prüfenden Blick auf Bauer und blätterte dann rasch durch die Krankenakte, die er mitgebracht hatte. An zwei oder drei Stellen hielt er kurz inne, legte die Kurve schließlich auf den Tisch und wandte sich dem Patienten zu.
»Wie geht’s, Herr Bauer.«
Kress warf einen kurzen Blick auf den Monitor.
»Vorhofflimmern?«
»Diesmal ist es anders.«
Kress legte eine Manschette um Bauers Arm, pumpte diese auf und setzte sein Stethoskop auf die Armbeuge. Dann beobachtete er eine Weile das Oszillogramm auf dem Monitor, das sich ständig verändernde Schwingungsbilder darstellte. Die Amplituden sprangen wie Fontänen empor, wenn es in Bauers Brust rumorte, um anschließend auf der Grundlinie zuckend zu verenden.
»Können Sie’s beschreiben?«
»Ich möchte sterben.«
»Wie man hört, haben Sie das beinahe geschafft. Am Vorhofflimmern werden Sie nicht sterben. Jedenfalls noch nicht…«
»…dann an den neuen Tabletten.«
»Die Umstellung muss mit einer erhöhten Dosis erfolgen, damit Ihr Körper ausreichend Amiodaonhydrochlorid puffert. Das kann anfangs zu kleinen Komplikationen führen.«
»…Amio…?«
«Amiodaonhydrochlorid.«
»Amiodaonhydrochlorid…?«
»…müssen Sie sich nicht merken. Wenn Sie es vertragen, erhält Ihr Leben eine neue Qualität.«
»Und wenn ich es nicht vertrage?«
»Wir kriegen das wieder hin. Sie müssen noch etwas Geduld haben.«
»Mein Kreislauf fährt Achterbahn. Mein Kopf ist leer. Ich fühle mich wie ausgekotzt. Ich sehe nur noch gleißende Helligkeit.«
Kress hörte schweigsam zu.
»Mein Herz stolpert mit vierzig Schlägen auf den Abgrund zu, während es gleichzeitig mit 16000 Schwingungen vibriert. Das sehen Sie nicht in Ihrem Oszillogramm… hier,« Bauer machte eine Kopfbewegung in Richtung Monitor, »hinter diesen lustigen, grünen Schwingungen verbirgt sich nämlich die Hölle!«
Kress setzte sich auf den Bettrand und sah Bauer an. Der Student drückte sich mit dem Rücken gegen die Zimmerwand. Stanka stand im Gegenlicht des Fensters. Einige lange Sekunden war es still im Raum. Dann fragte Kress:
»Wie kommen Sie gerade auf 16000?«
Bauer schloss die Augen und antwortete ganz ruhig:
»…meine persönliche Höchstfrequenz. Drei Umdrehungen mehr, und ich explodiere.«
Kress ergriff Bauers Arm.
»Ihre Psyche oszilliert 16000-fach und produziert Angst, Herr Bauer. Ihre Psyche versucht sie fertigzumachen, weil das Herz alle zehn Sekunden so tut, als wolle es stehen bleiben.«
Während er das sagte, deutete Kress auf das Oszillogramm, dabei behielt er Bauers Augen fest im Blick. Bauer rührte sich nicht. Er sah Kress an und nickte schließlich mit den Augenlidern.
»Das Herz tut aber nur so, Herr Bauer. Es wird weiterschlagen! Beruhigt Sie das?«
»Was nützt mir Ihre Beruhigung, wenn mein Herz davon nichts weiß?«
»Treten Sie Ihrer Psyche in den Hintern! Ihre Psyche ist der Schweinehund, der Sie fertig macht.«
Kress ließ sich von dem Studenten die Akte geben.
»Sie nehmen die Tabletten seit drei Tagen?« Kress sah zu Stanka hinüber, »wir gehen schon heute mit der Dosierung runter. Statt sechs, nur vier Tabletten.«

*

Bauer versuchte zu schlafen. Mehrmals hintereinander schrak er aus seinem Sekundenschlaf auf, wenn das Herz stillstand. Unwillkürlich vollführte er kleine Körperbewegungen, die seinen Kreislauf aktivierten. Er hob einen Arm, reckte ihn gegen die Decke oder zog die Beine an den Körper, streckte sie wieder. Allmählich wurden die Arrhythmien für einige Minuten erträglicher.
Doch dann, wenn er wieder einschlief, erinnerte ihn sein stolperndes Herz an die Falle, die ihn gefangen hielt.
Bauer begann mit Hilfe seiner Uhr zu kontrollieren, wie lange die Schlafphasen waren. Denn vielleicht täusche ich mich, dachte er, und bilde mir nur ein, es seien Sekunden gewesen, und in Wahrheit waren es vielleicht einige Minuten.
Woher nahm Kress die Gewissheit? Was, wenn er sich irrte? Wenn dieses Amio…chlorid heute Nacht seine seltene, aber nachgewiesene Ausnahme von der Regel zelebrierte. Bauer wusste, dass Antiarhythmika sich häufig kontraproduktiv verhalten und ihrerseits Rhythmusstörungen auslösen, gegen die sie eigentlich wirken sollten.
Bauer kontrollierte die Uhr und versuchte sich die genaue Zeit einzuprägen.
Da der Sekundenzeiger nicht auf zwölf war, hielt er die Uhr solange in der Hand, bis die Minute voll war. Danach legte er die Uhr zur Seite und versuchte sich die Zeit zu merken. Einundzwanzig-Uhr-Siebenundzwanzig.
Würde sein Tod bei Kress und den anderen Kardiologen Bestürzung hervorrufen?
Sie würden nicht in gleicher Weise betroffen sein wie Bauer. Klar! Natürlich würden sie nicht in gleicher Weise betroffen sein. Aber würden sie überhaupt betroffen sein? Würden sie ihren Fehler erkennen, die kleine diagnostische Abweichung von der erwarteten Bandbreite, die über Leben oder Tod entscheidet?
Ein Ruck durch den Oberkörper weckte ihn erneut auf. Sogleich begann er mit den Beinen zu strampeln, hob den Oberkörper ungefähr zehn Zentimeter hoch und ließ ihn wieder in die Kissen sinken. Die Pulsfrequenz stieg unmittelbar. Die Heftigkeit Arrhythmie wurde schwächer und erträglicher. Bauer griff nach der Uhr. Aber er hatte die letzte Zeitfixierung vergessen.
Einundzanzig-Uhr-Fünfunddreißig-Und-Zwanzig-Sekunden. Er versuchte sich die Zeit zu merken.
Was hatte der Hausmeister am Fenster verändert, um das Öffnen zu verhindern?
Was kann man mit einer Bohrmaschine und einem Schraubenzieher verändern, was er, Bauer nicht revidieren könnte. Vielleicht konnte der Hausmeister Krankenschwestern oder Kardiologen beeindrucken. Wer mittels Endoskopen Venen und Herzen durchforschen kann, muss nicht zugleich darüber Bescheid wissen, wie ein Fensterverschluss funktioniert.
Bauer besaß einen Schraubenzieher. In seiner Reisetasche hatte er seit zwanzig Jahren ein Schweizer Offiziersmesser. Es hatte ihn auf allen Reisen begleitet. Ein Reisewecker und das rote Offiziersmesser mit Flaschenöffner, Korkenzieher, Nagelfeile und mehreren Schraubenziehern.
Es würde kein Problem bereiten, das Messer zu finden. Bauer wusste blind, in welchem Fach der Reisetasche es sich befand. Vielleicht fehlte ihm die Kraft, die Schraubenzieherklinge herauszuklappen. Das hatte er noch nicht bedacht.
Bauer sah auf die Uhr.
Einundzwanzig-Uhr-Siebenunddreißig-Und-Fünfzehn-Sekunden. Er merkte sich die Zeit und versuchte zu schlafen.

*

Als die Nachtschwester gegen Zehn das Krankenzimmer betrat, war das Bett verlassen. Die EKG-Kabel hingen ungeordnet am Oszillographen, der eine gespenstig vibrierende Horizontale abbildete.
Der Fensterflügel stand weit offen.

© 2000 by Klaus Schwingel. Unerlaubte Vervielfältigung oder Weitergabe - gleich welcher Art - verboten.

Zusammenfassende Bewertung

Arrhytmien ist lebendig und flüssig und unprätentiös erzählt – und von Stanka würde ich sehr gerne mehr lesen!
Probleme bereitet mir der Inhalt: da geht einer nochmals in eine Klinik, die ihm nicht hatte helfen können, um sich dort umzubringen (was ihm beim zweiten Versuch auch gelingt). Bauer kennt die Untersuchungsprozeduren samt aller Ergebnisse auswendig (sie werden dem Leser ausgiebig geschildert: man merkt, dass der Autor sich zumindest fachkundig gemacht hat) und lässt die Ärzte wursteln, die offensichtlich nichts davon wissen, dass Bauer schon einmal dort gewesen ist: und das ist etwas, das ich aus meiner eigenen Erfahrung überhaupt nicht nachvollziehen kann; die Krankenhäuser führen genauestens Buch und lagern Patientendaten über Jahrzehnte, weil sie bzw. andere Kliniken den Zugriff brauchen. (Bauer hätte sich in der Klinik auch nicht unter falschem Namen bzw. Geburtsdatum anmelden können – das kann schon allein wegen dem Datenabgleich mit Krankenkassen usw. nicht funktionieren).
Wozu das alles? Warum bringt Bauer sich um? Wieso geht er dazu in diese Klinik? Ich verstehe nicht, kann es nicht nachvollziehen. Aber es hielt mich lange beschäftigt: vielleicht weiß ja ein aufmerksamerer Leser mehr und hilft?

Die Kritik im Einzelnen

Zweimal das Wort Kraft so kurz nacheinander fällt in diesem Text richtiggehend auf, da sonst viel Wert auf eine saubere sprachliche Gestaltung gelegt wird! zurück
Das Wort intermittierend bedeutet, dass bestimmte Ereignisse in Perioden auftreten; ich würde auf dieses Wort verzichten: im vorangegangenen Absatz ist die formale Struktur der Arrhythmien beschrieben, im diesem die Intensität. Das Wort intermittierend trägt nichts Neues zu diesem Verständnis bei. zurück
Pflügen ist etwas sehr Gewalttätiges, hier aber ist wohl etwas Erlösendes gemeint, schließlich handelt es sich um rettende Lebenszeichen: da muss ein anderes Verb her! zurück
Während suggeriert nicht nur eine Gleichzeitigkeit, sondern auch eine Dauer: unwillkürlich entsteht das Bild, als ob Stanka mehrere Heftstellen gleichzeitig eine längere Zeit drückt. Das Überprüfen vom richtigen Elektrodensitz verlangt aber kein längeres Drücken, sondern ein kurzes: ein wenn wäre hier ausdrucksstarker, weil vor allem das wiederholte Drücken der einzelnen Heftstellen betont wird. zurück
Soll das heißen, dass auf dem Monitor schon die ganze Zeit über Kapriolen zu sehen sind statt ein sich wiederholendes Muster? Das stünde dann im Widerspruch zu den ersten Abschnitten, wo eine Regelmäßigkeit in den Arrhythmien beschrieben wird. Ich glaube eher, dass das Drücken der Elektroden diese Regelmäßigkeit unterbricht durch besondere Kurven, eben durch Kapriolen. Weg mit zusätzlich! zurück
Das scheint mir reichlich übertrieben! Ich empfehle dringend eine Streichung von sezieren und dem folgenden Wort; dann hieße der Satz: .mit deren Hilfe sie Patienten bei lebendigem Leib in physikalische Messgrößen zerlegen. In zerlegen schwingt ausreichend Metzgerei mit! zurück
Zum Ersten: eine Kanüle in Bauers Leisten geht logisch und technologisch nicht: hätte es Leiste heißen sollen? Zum Zweiten hat Bauer nicht sich emporgeaalt, selbst wenn er hinterher etwas sieht: sondern er hat sie (= seine endoskopischen Werkzeuge) emporgeaalt. Tippfehler? zurück
Hier ist sehr vieles rätselhaft (siehe Zusammenfassende Beurteilung), aber dass ein Arzt nach dem Namen eines Patienten in seinen Unterlagen wortwörtlich suchen muss, kommt mir maßlos übertrieben vor, schließlich gehen Ärzte tagtäglich mit solchen Unterlagen um, und jedes Blatt trägt den Namen des Patienten. Der Satz muss heißen .Seiler schaute in die Unterlagen. zurück
Keuchend? Oder ist das ein Wort, dass Stanka falsch gelernt hat? zurück
Was hindert Bauer daran, mit dem Kopf zu nicken? Was lässt ihn erstarren? Warum sagt er nicht einfach ja – kurz darauf redet er doch wieder ganz normal? zurück
Auf lässt sich ohne Weiteres streichen, die Kombination aus-auf stolpert ziemlich. zurück
Ich gestehe: ich verstehe nichts in diesem Satz! Welches ist der Fehler von Kress und anderen Kardiologen? Welches sind die Parameter von kleine diagnostische Abweichung? Wovon kann eine Diagnose abweichen – außer von ihresgleichen? Welches wäre diese andere, und worin bestand die Abweichung? Was ist gemeint mit einer Bandbreite, die angeblich über Leben und Tod entscheidet?  Was ist eine erwartete Bandbreite? Wer hat sie erwartet, wer nicht? Für wen war die erwartete Bandbreite schmäler oder breiter als die, die. ja, was: über- oder unterschritten wurde? Oder war die erwartete schmäler oder breiter als eine »erwartbare« Bandbreite – doch das führt auch nicht weiter, ich drehe mich im Kreis. Ich kann nur wiederholen: Ich verstehe nichts. Ich schließe aus dem Unverstandenen lediglich:  Bauer will Kress und die anderen dafür verantwortlich machen, wenn er sich umbringt. Nun gut, wenn es ihm hilft! zurück
Die Heftigkeit der Arrhythmie? zurück
Dieser Satz bringt keinerlei Information, die über die des folgenden hinausgeht – er kann gestrichen werden: wer blind weiß, wo etwas ist, muss selbstverständlich nicht finden. zurück

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