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Textkritik: Alles was nun folgt, ist irrsinnig komisch

Diesmal hätte unser Kritiker Malte Bremer für einen Text am liebsten Minusbrillen vergeben. Daher muss an dieser Stelle nochmals betont werden, dass in der Rubrik »Textkritik« keine Beiträge vorgeführt werden – und Autoren schon gar nicht. Auch ein schlechter Beitrag steht immer exemplarisch für Fehler, die wir oft sehen, sodass man daraus fürs eigene Schreiben lernen kann.

Der heute besprochene Text ist ein opulentes Beispiel für Ankündigungs- und Beschreibungsprosa, die dem vermeintlich dummen Leser überdeutlich etwas verspricht, was in keiner Weise erfüllt wird. Eine Zote wurde aufgeblasen zu einer langweiligen Geschichte.

Der Kämmerer der Amtsverwaltung

von Hermann Markau
Textart: Prosa
Bewertung: 0 von 5 Brillen

Was soll ich sagen? Ich kann mich nicht erinnern, in meinem Leben je etwas so irrsinnig Komisches, so etwas über alle Maßen Vergnügliches erlebt zu haben wie seinerzeit mit meiner besten Freundin Beate im Zug von Hamburg nach Berlin.
Dabei ist es nicht nur diese Komik allein, dieses pure Vergnügen, erzeugt durch einen einzigen prägnanten Satz am Schluss dieser kleinen Begebenheit, das so außergewöhnlich ist, dass es sich mir unvergesslich ins Gedächtnis eingraben konnte. Nein! Es ist auch dieses seltene Gefühl von Verbundenheit, das sich unter dem Publikum breit machte, unmerklich erst, aber im Verlauf der Episode immer spürbarer, so dass es mir am Schluss erschien, als seien wir alle Teil eines kleinen, erlesenen Theaterstücks.
Eine solch intime Vertrautheit zu mir völlig fremden Leuten, geboren aus dem kollektiven Verlangen nach unverhohlener, reiner Freude, ist mir vor dieser Geschichte und auch nach ihr nie wieder untergekommen.

Schuld an allem war letzten Endes die Schwerhörigkeit meiner Freundin, wenn man in dem Zusammenhang von Schuld sprechen will.
Beate ist um die fünfzig, von normalem Wuchs, höchstens etwas pummelig vielleicht. Sie redet wie ein Buch, das man nicht weglegen mag, hat man einmal angefangen, darin zu blättern. Und sie ist schwerhörig, wie gesagt.
Wir hatten einen Tischplatz. Saßen am Fenster. Ich gegen die Fahrtrichtung, Beate mir gegenüber, denn sie muss immer im Blick haben, was auf sie zukommt, sonst fühlt sie sich unwohl. Der Wagen war bis auf den letzten Platz besetzt.
Sie sah mir mit freudiger Erregung ins Gesicht und beugte sich dann über den Tisch zu mir hinüber:
»Ich bin seit zehn Jahren nicht mehr im KadeWe gewesen. Mindestens. Und ich kaufe die gesamte Parfum-Abteilung leer. Darauf kann er Gift nehmen! Das sag ich dir.«
Mit er meinte sie ihren Mann. Sie hatten einen kleinen Streit, kurz bevor wir aufbrachen. Nichts Bewegendes.
»Euer armes Konto«, bemerkte ich. Aber ich fühlte genau wie sie. Meinetwegen konnte das gesamte KadeWe nur aus der Parfum-Abteilung bestehen.
»Meiner schickt mich in die Wüste, wenn ich ihm das antue«.
Ein mitleidiger Blick traf mich.
»Du Arme!«
Beate fingerte sich ein Tempo aus der Handtasche und schnäuzte geräuschvoll hinein. »Du musst dich mal durchsetzen zu Hause. Er kann dir doch nicht ewig auf der Nase rumtanzen, dieser Kasper.«
Sie mochte ihn nicht. Das wusste ich. Und sie hatte nie einen Hehl daraus gemacht, was jedoch unser beider Freundschaft keinen Abbruch tat.
Ich bemerkte, wie man aufmerksam wurde, wenn nicht unbedingt auf das, was wir sprachen, so doch wie wir sprachen, genauer: wie Beate sprach, denn sie dachte überhaupt nicht daran, ihre Lautstärke der Umgebung anzupassen. Wie gesagt: Sie ist schwerhörig. Und wer schwerhörig ist, spricht manchmal lauter, als es den Leuten lieb sein kann. Die Blicke, die uns zugedacht waren, tendierten von neutral bis alles andere als freundlich. Ich fühlte mich nicht ganz wohl in meiner Haut.
Aber Beate nahm von all dem rein gar nichts wahr. Im Gegenteil: Sie war in ihrem Element und sprach bald mit Händen und Füßen, wie es ihre Art ist. Sie teilte mir haarklein mit, wie sie sich das 3-Tage-Programm während unseres Berlin-Aufenthalts vorstellte, obwohl wir zur Klärung dieser Frage bereits zwei oder drei Essen in unserem Lieblingslokal abgehalten hatten.
Irgendwann, vielleicht nach einer halben Stunde, womöglich früher, trat das ein, was immer eintritt, wenn wir zusammen sitzen und quatschen und meine Freundin beginnt, ihre im Bekanntenkreis so berüchtigten und gefürchteten Monologe zu halten: Ich wurde unaufmerksam, ihres Wortschwalls überdrüssig und blickte hin und wieder hilflos lächelnd zu unseren Nachbarn hinüber, um auf diese Weise Nachsicht zu erbitten und den Eindruck, den man offensichtlich im Begriff war, sich von meiner Freundin zu machen, möglicherweise ein klein wenig zu korrigieren. Hier und da erhielt ich stumme Zustimmung, einen wohlmeinenden Blick, ein kaum erkennbares Kopfnicken ein Achselzucken.
So also wurden wir beide, Beate und ich, in unserem ICE-Waggon zu einer kleinen, durchaus erduldeten Institution.
Dann bekommt der Lauf der Dinge eine abrupte Wendung. Ihr Telefon klingelt.
»Entschuldige!«
Sie greift in ihr Täschchen, kramt das Handy hervor, klappt es auf und lehnt sich zurück.
»Hallo! Hier Beate.«
Sie spricht plötzlich lauter, höher. Die Mitreisenden werden stutzig.
»Einen Augenblick, Karin!«
Sie nimmt das Telefon vom Ohr, deckt das Mikro ab, beugt sich wieder hinüber zu mir und lässt mich mit gedämpfter Stimme wissen:
»Ich schalte den Lautsprecher an. Ich hör so schlecht. Macht dir doch nichts, oder?«
Ich fühle mich überfragt. Aber bevor ich irgendwie reagieren kann, höre ich schon Karins Stimme am anderen Ende so laut und deutlich, als säße sie direkt neben mir:
»Ich muss dir was erzählen. Du weißt doch, dass ich heute dieses Online-Date hatte.«
»Das ist Karin«, flüstert Beate laut. Ich nicke ihr zu.
»Zwei, drei Mitreisende drehen ihre Köpfe, als sie das Gespräch fortsetzt.
»Erzähl, Karin!«
Sie lehnt sich wieder zurück. Die Spannung wächst. Wer hört nicht gern intime Einzelheiten über ein Date, das eine erwachsene Frau gerade hinter sich hat?
»Volker heißt er, ein Kerl von einem Mann, sag ich dir.«
Wie man bereits vermuten kann, ist Karin die zweitbeste Freundin Beates. In ihr hat sie ihren Meister gefunden, was das Sprechen ohne Pause angeht. Und Beate übt sich gerade in einer Disziplin, die zu üben sie sonst kaum Gelegenheit hat: Sie hört zu.
»Das Essen war in Ordnung. Aber das interessiert dich ja gar nicht. Wir waren bei Kenny. Du weißt.«
Dann wird’s interessant.
»Du ahnst, welche Frage kam, als wir aus der Tür raus waren, oder?«
Beate ahnt nicht und druckst. Und Karin spricht sofort weiter, als ob sie das Thema nur rhetorisch angerissen hätte.
»Die Frage war: Gehen wir zu mir oder zu dir?«
»Klar«, pflichtet Beate ihr bei.
»Und rate mal, wo wir landen!«
»Bei dir«, kommt Beates schnelle Antwort.
»Denkste! Nein, bei ihm. Und jetzt halt dich fest!«
Ein vielsagender Blick trifft mich, als Karin eine kleine Pause einlegt, um ihre Worte wirken zu lassen. Und sie wirken. Denn ich bemerke, wie das halbe Abteil den Atem anhält und der Auflösung lauscht, die jetzt kommen soll, ohne dass auch nur einer der Anwesenden mit dieser Eröffnung etwas anfangen könnte, denn keiner kennt ja Karin außer Beate und mir.
»Sitzt du?« kommt die Nervenkitzelfrage aus dem Lautsprecher.
»Ja, ich sitze. Nun sag schon!«
Ich spüre förmlich, wie das Publikum sich dieser Aufforderung anschließt, weil es endlich wissen will, wie die Geschichte weitergeht.
»Du kennst übrigens das Haus«. Karin versteht es, die Spannung zu halten. »Ich sage nur: Amtsverwaltung!«
Großes Rätselraten bei der Hörerschaft.
Auch Beate kann ihrer Gesprächspartnerin nicht folgen.
»Was meinst du damit?«
»Egal! Der Punkt ist: Es hat nicht geklappt.«
Meine beste Freundin hakt nach:
»Wie – Nicht geklappt?« Sie rollt mit den Augen und wirft mir verzweifelte Blicke zu. Der Waggon stöhnt.
»Tu nicht dümmer, als du bist, Dummchen! Was denn wohl?«
Achselzuckend sitzt Beate mir gegenüber.
»Na, er hat keinen hochgekriegt! Mein Date. Und er heißt mit Nachnamen Paulsen und ist der Kämmerer des Amtes. Und wollte mit mir seine Frau betrügen
Ihre Stimme fällt ins Stottern, überschlägt sich und gluckst. Und wir vernehmen nur noch ein Prusten durchs Telefon.
Bis sich Karin nach einigen Sekunden Sendepause wieder meldet und mit kaum beherrschter Erregung den letzten Teil ihrer Rede vom Stapel lässt:
»Aber Beate! Schwöre mir! Hörst du?« schallt es durch den Lautsprecher, »Schwöre mir, dass du niemandem gegenüber auch nur ein Sterbenswörtchen erzählst. Das wäre mit hammerpeinlich. Ich bringe dich um.«
Meine Beate sitzt kraftlos in ihrem Sitz, faselt kleinlaut etwas wie »Na, klar. Kannst dich auf mich verlassen«, klappt ihr Handy zusammen und schaut zaghaft in die Runde.
Das Publikum brüllt.
Ich registriere, wie man hier und da versucht ist, Beifall zu klatschen. Es dauert eine Zeit, bis die Wogen sich glätten. Und es gibt niemanden, so vermute ich jedenfalls, dem diese Gratis-Vorstellung nicht gefallen hätte, dieses über alle Maßen vergnügliche, kleine, erlesene Theaterstück.
Wie gesagt – ich kann mich nicht erinnern, je etwas so irrsinnig Komisches erlebt zu haben wie auf dieser Zugfahrt mit meiner besten Freundin Beate von Hamburg nach Berlin.

© 2013 by Hermann Markau. Unerlaubte Vervielfältigung oder Weitergabe - gleich welcher Art - verboten.

Zusammenfassende Bewertung

Zusammengepfuschte, aufgeblasene Fünfzeilenzote
Ich kann mich an keinen Text erinnern, in dem dermaßen viel falsch gemacht wurde: Da wären eigentlich 5 Minusbrillen angebracht.
Immerhin: Man kann viel daraus lernen. Wenn man denn will.

Die Kritik im Einzelnen

Hätte ich mir diesen Text nicht bewusst für eine Textkritik ausgesucht, sondern wäre ihm beim Stöbern in einer Buchhandlung begegnet: Ich hätte das entsprechende Buch sofort beiseite gelegt! Nichts ist schlimmer als vollmundige Ankündigungen, was ich Leser zu erwarten habe! Irsinnig komisch soll es werden, über alle Maßen vergnüglich! Das KANN ja nur flach werden, wenn das so betont wird! Das ist wie bei Stefan Raab, der sicherheitshalber vorher selbst kichert, wenn er glaubt, etwas Witziges von sich zu geben, quasi als Aufforderung an das Publikum. zurück

Das Geschwätz setzt sich fort: Komik und Pures Vergnügen werden angekündigt wegen eines einzigen prägnanten Satzes am Schluss. Die Selbstbeweihräucherung der Ich-Erzählerin ist dermaßen gestiegen, dass sie den Satzbau aus den lachtränennassen Augen verliert: Sie fährt fort mit dem Relativsatz das so außergewöhnlich ist, ohne dass ein Bezug des Relativpronomens das zu irgendetwas dazu Passendem auszumachen wäre. Sollte das vielleicht die Begeisterung sein?
Weitere Drohungen folgen: Der Leser wird miterleben, wie sich im Publikum diese seltene Gefühle der Verbundenheit breit macht – jedoch nicht im Publikum, sondern unterm Publikum! Was sich dort allenfalls breit machen könnte, ist aber nicht witzig, sondern eher unappetitlich.
Jetzt wird das, was dem Leser droht, ein kleines, erlesenes Theaterstück – demnach also ein mehrfach geprobter, einstudierter Witz? Beliebig wiederholbar bei zig anderen Bahnfarten? Mit Verlaub: Die Erzählerin hat entweder nicht alle Tassen im Schrank oder keine Ahnung vom Theater!
Intime Vertrautheit wird geboren aus dem kollektiven Verlangen nach unverhohlener, reiner Freude, also z. B. auf dem Fußballplatz, wenn Fans das Tor der eigenen Mannschaft bejubeln, aber nicht das der anderen.
In diesem Text geht es am Ende wohl eher um Schadenfreude.
Was solls: Hauptsache, der eigene Text wird werbetechnisch gebührend hochgejubelt.
Jetzt wird der Leser auf etwas besonders Wichtiges hingewiesen: Freundin ist schwerhörig! Und da Leser prinzipiell dumm sind bzw. höchst vergesslich, wird im Verlaufe des Textes viermal darauf hingewiesen, und vor dem entscheidenden Passus sagt das die Freundin auch noch einmal selbst: Würg!
Die dann folgende Charakterbeschreibung von Freundin Beate ist so überflüssig wie inhaltlich falsch: Alter und Aussehen spielen in diesem Text überhaupt keine Rolle, und dass sie redet wie ein Buch, merken der Leser später von ganz allein; dass sie aber redet wie ein Buch, das man nicht weglegen mag, ist gelogen, denn die Ich-Erzählerin hört Beate später gerade nicht zu, weil diese schwafelt wie ein schlechtes Buch! Also noch etwas, was gestrichen werden muss.
Im Übrigen gehört auch dieser dumpfbackige Einfall, dem Leser vorher zu erzählen, was er zu befürchten hat, zu den fünf peinlichsten Anfängen von Hobbyautoren, in diesem Falle Platz 5.
Das Beste, was mit diesem Beginn anstellen kann: Ersatzlos streichen! zurück

Wie wäre es mit Wir hatten einen Tischplatz am Fenster? Zu kurz? Na, es geht noch kürzer: Auch darauf könnte verzichtet werden, denn das spielt später keine Rolle! Es ist schnurzegal, wo die sitzen! zurück

Alle Plätze sind besetzt: Das merken, für später! zurück

Warum soll sie freudig erregt sein? Sie will sich doch nur rächen?
Es heißt KaDeWe, nicht KadeWe. Etwas Sorgfalt darf man doch erwarten!
Das er in dem Satz Mit er meinte sie ihren Mann muss in Anführungszeichen stehen, da es ein Zitat ist.
Inwiefern fühlte die Ich-Erzählerin genau wie Beate? Wollte sie sich auch rächen? Oder geht es um das Parfüm-Klischee?
Warum blickt Beate ihre Freundin mitleidig an statt wissend? Das alles ist so sinnlos wie überflüssig!
Dass die Ich-Erzählerin wusste, dass Beate ihren Mann nicht mochte, reicht völlig aus. Schließlich fahren die beiden zusammen nach Berlin; das täten sie wohl nicht, wenn sie sich deswegen streiten würden! zurück

Jetzt wird es bizarr: Da Beate schwerhörig ist, muss doch die Ich-Erzählerin ebenfalls lauter als normal sprechen, sonst würde sie doch nicht verstanden! Folglich müssen beide laut sprechen!
Der Satz, dass Beate nicht daran dachte, ihre Lautstärke der Umgebung anzupassen, ist inhaltlich Blödsinn: Sie konnte es nicht, wie soll sie es denn kontrollieren?! Dass die Ich-Erzählerin (ich nenne sie im Folgenden kurzerdings »Berta«) sich in ihrer Haut nicht wohl fühlt, liegt eben nicht nur an Beate, sondern auch an ihr selbst! Das müsste völlig anders formuliert werden, lohnt sich hier aber nicht! zurück

Was ist das Gegenteil von Gar-nichts-Wahrnehmen? Wahrnehmen? – Falsch! Ätschbätsch, reingefallen! Berta weiß es besser: Mit-Händen-und-Füßen-Sprechen! So schreibt sie das jedenfalls.
Vorschlag zur Güte: Also zunächst einmal dieses Im Gegenteil eliminieren. Dann den ganzen Teil ab beugte sich dann über den Tisch zu mir (also das KaDeWe-Gelaber usw.) streichen; daran anschließend das Drei-Tage-Programm-Geschwafel und schließlich der das Aufmerksamwerden der Zuginsassen. Wäre logischer. Und vor allem kürzer. zurück

Dieser Absatz taugt nur für den Papierkorb! Zunächst widerspricht er dem vorher behaupteten ; dann wird wiederholt und auch noch weiter ausgeführt, dass die Insassen das Laute eher nicht mögen. Und es fehlt, dass es Berta selbst peinlich sein müsste, so laut gesprochen zu haben, statt mit Lächeln Nachsicht zu erbitten nur für Beate! Gerade so, als würde Beate das nicht bemerken, die zwar schwerhörig ist, aber bestimmt nicht so doof, wie Berta meint, aller Beteuerungen (die berüchtigten & gefürchteten Monologe) zum Trotz!
Nebenbei: Was sind das für Freundinnen, die so etwas immer wieder mitmachen? zurück

Ich werde auch stutzig: Hatte Beate denn zuvor normal gesprochen, wen sie jetzt lauter spricht? Ich dachte, sie hätte bereits lauter als normal gesprochen, dann müsste es doch jetzt noch lauter sein, so wie es den meisten ergeht, an welchen Fonen auch immer? zurück

Aha: Beate kann also doch ihre Stimme kontrollieren, trotz aller beschworenen Schwerhörigkeit … wundert mich jedoch nicht: In diesem Text ist eh alles wurschd!
Anführungszeichen bei gedämpfter wären hier mehr als angebracht! zurück

Seit wann sitzen Stimmen? Sollte Karin gemeint sein, müsste zuvor aus Karins Stimme eine schlichte Karin werden. Bezüge sind jedoch nur ein grammatisches Problem!
Viel schlimmer ist der inhaltliche Unfug: Säße Karin neben ihr, wäre das eine normale Unterhaltung. Kaum jemand im Abteil könnte diese verfolgen, es sei denn die unmittelbar in der Nähe Sitzenden. An ihrem Tischplatz sitzen also notwendig noch zwei Personen, denn der ICE war bis auf den letzten Platz besetzt! So steht es schwarz auf weiß am Anfang (und war zu merken). Und diese beiden haben sich das Gebrüll die ganze Zeit bieten lassen, statt einzuschreiten? Das ist einigermaßen unglaubwürdig!
Damit aber alle im Wagen Karin zuhören können (was unabdingbare Voraussetzung für die kommenden Zote ist), hätte da z. B. stehen müssen: als brüllte sie mir direkt ins Ohr. Dann, und nur dann, hätte auch alle was davon! zurück

Warum zu Beginn Anführungszeichen stehen, weiß Berta allein! Und wie die schwerhörige (ich kann es gar nicht oft genug wiederholen, ist so ansteckend, weil so wichtig) Beate exakt so laut flüstern kann, dass zwar Berta es hört, aber nicht die beiden unmittelbaren Nebensitzer, ist mehr als ein Wunder! zurück

Oberpeinlich: Jetzt wird dem Leser erneut mitgeteilt, was nun folgt: Intime Details! Endlich der Höhepunkt nach so viel belanglosem Geschwafel! Kommt mir vor wie diese Witzeerzähler, die dem weggedämmerten Publikum kurz vor der Pointe (also: was sie dafür halten) das Aufmerksamkeit heischende Aufwachsignal »Achtung, jetzt kommt’s« entgegen schleudern. zurück

Jaja, vergeblich Spannung erhöhen wollen durch überflüssigste Einschübe: Was hat das mit dem Nicht-Gespräch zu tun? zurück

Wäre zu schön, um wahr zu sein! Ich glaube aber nicht, dass da noch irgendetwas Interessantes zustande kommt. Überraschend und erleichternd ist Bertas Eingeständnis, dass bis hierhin noch nichts Interessantes zu lesen war. zurück

Huch, wie die Spannung steigt in solch schwindelerregende Höhen, dass die Übelkeit beängstigend zunimmt! Dieses Aufblasen und Wichtigtun kann nur schief gehen! zurück

Da wir Leser wohl immer noch nicht kapiert haben, dass es ganz doll spannend wird, wird jetzt der Nervenkitzel bemüht, der aber eher einem Auf-die-Nerven-Gehen ähnelt. So sehr suhlt sich Ich-Erzählerin Berta im Vorgefühl des immer noch näher kommenden Höhepunktes ihres Geschwafels. zurück

Und weiter schleppt sich dieser Schrumpeltext zeilenschindend vorwärts, obwohl das Publikum vor allem anderen wissen will, wann dieses Rumgeeiere endlich aufhört! zurück

Und weiter im Leerlauf: Jetzt ist bereits der ohrenlose Wagen dermaßen angeödet, dass er stöhnt … hoffentlich hält meine Tastatur durch! zurück

Ächz! Mit Verlaub: Solch albernen Dialog habe ich noch nie gelesen: Warum in aller Welt nennt Karin den Nachnamen? Bloß, damit diese völlig danebene Erzählung – Nein! Das ist zu viel der Ehre: – diese aufgeblasene Zote irgendwann einmal funktioniert?
Und was – bitte schön – ist ein Kämmerer des Amtes? Ein Kämmerer seiner selbst? Kämmerer ist ein Amt! Und dieses Amt will laut Karin auf Deubel komm raus seine Frau betrügen, was so aber nicht funktioniert, wohl auch nicht funktionieren kann:
Denn das wird wohl entscheidend an dieser Karin gelegen haben, wenn ich mir ihr Geschwafel so anschaue. zurück

Das war keine Rede, das war ein Dialog! Aber wem sag ich das … zurück

Jajaja, hammerpeinlich ist dieser Text! Wie erzählt man jemandem gegenüber ein Sterbenswörtchen?
Karin kennt doch Beate, weiß um deren Hörproblem, wird also auch wissen, dass diese beim Händifonieren den Lautsprecher einschaltet! Nichtsdestotrotz erzählt sie völlig überflüssige Details, statt Beate zunächst zu fragen, ob diese allein ist!
Am Schluss dann, Karin durchaus angemessen, diese Teenager-Drohung Ich-bring-dich-um-Wenn, obwohl Karin genau weiß, dass Beate das weiter erzählen wird, ist doch so ein einzigartiges Erlebnis, das gibt’s nur einmal, das kommt nie wieder!
Und diese Drohung soll der absolute Höhepunkt dieses Machwerks sein, wie es vollmundig zu Beginn des Textes verkündet wurde: dieses pure Vergnügen, erzeugt durch einen einzigen prägnanten Satz am Schluss dieser kleinen Begebenheit?
Warum sitzt Beate kraftlos im Sessel? Ist sie so erschöpft von dem Text? Sie hat es doch niemandem erzählt! Kann sie denn was dafür, dass Karin nicht gefragt hat, ob sie allein ist?
Und warum schaut sie zaghaft in die Runde? Wann hat sie denn gemerkt, dass ALLE ihr zugehört haben? Eben: Nie!
Das wird von der unfähigen Schreiberin Berta nur erfunden wegen dem, was folgt: (Jetzt will ich aber auch mal Spannung aufbauen!) zurück

Das Publikum brüllt nämlich, wohl vor Schmerz. Kann ich verstehen nach all dem produzierten formal-stilistischen, inhaltlichen und sprachlichen Müll. zurück

Welche Wogen? Welcher Beifall? Welche Gratis-Vorstellung von welchem Theater? Was ist da vergnüglich? Was erlesen? Was ist an diesem irrsinnig schlechten Text denn noch so irrsinnig komisch außer der irrsinnigen Unfähigkeit der Ich-Erzählerin, die mir zum Schluss sicherheitshalber unterjubeln will für den Fall, dass ich es irgendwie doch nicht gemerkt haben sollte, alles sei genau so eingetreten, was sie am Anfang angedroht hatte? zurück

© 2013 by Malte Bremer. Unerlaubte Vervielfältigung oder Weitergabe – gleich welcher Art – verboten.