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Preisbindung für Self-Publisher: Ein Lesetipp zum leidigen Thema

Gebundener Preis (Symbolbild)
Gebundener Preis (Symbolbild)

Gilt die Buchpreisbindung auch für Self-Publisher? Seit dem 1. September 2016 ist die Preisbindung nun auch gesetzlich auf E-Books ausgedehnt worden. Hat sich dadurch für Self-Publisher etwas geändert? Immerhin veröffentlichen viele Selbstverleger rein digital.

Der Justiziar des Börsenvereins für den Deutschen Buchhandel, Christian Sprang, hat sich dazu nun in einem Interview geäußert. Erstes Fazit: Die Preisbindung gilt auch für Self-Publisher – aber nicht immer. Alles klar? Alles Weitere entscheiden die Richter.

Was meint der Rechtsanwalt?

Bereits in einem unlängst veröffentlichten Artikel hatten wir erläutert, warum durch die Änderung des Preisbindungsgesetztes leider keine Klarheit der Gesetzeslage geschaffen wurde. Das lieben die Juristen, denn das lässt viel Freiraum für rechtliche Interpretationen, und am Ende müssen im Zweifelsfall die Gerichte entscheiden.

Lesenswert ist daher das Interview mit Justiziar Christian Sprang, welches im Blog von Tolino-Media zu finden ist.

Was meint also der Rechtsanwalt? Gilt die Preisbindung auch für Self-Publisher?

  • Zunächst: Ja, Self-Publisher und Verlage unterliegen den gleichen Pflichten, wie z. B. zur Festsetzung einheitlich geltender Verkaufspreise (BuchPrG §5). Daher müssen auch Self-Publisher einheitliche Preise für ihre Werke festlegen, zu denen der Handel sie dann verkaufen muss.
  • Knackpunkt und Ausnahme ist aber eine Gesetzesformulierung, die sich nun auch auf E-Books bezieht. Um der Preisbindung zu unterliegen, müssen diese nämlich »bei Würdigung der Gesamtumstände als überwiegend verlags- oder buchhandelstypisch anzusehen« sein.

Sprang stellt klar, dass diese Gesamtumstände nicht gegeben sind, wenn das E-Book nur bei einem Händler angeboten wird. Wer also sein Buch beispielsweise nur bei Amazon anbietet, unterliegt nicht der Preisbindung. Allerdings muss hinzugefügt werden, dass dies ohnehin schon in sich logisch ist, denn wenn es nur einen Händler gibt, kann es nicht zwei verschiedene Preise bei zwei Händlern geben.

Bücher von Self-Publishern: Zu billig für die Preisbindung?

Interessanterweise ergänzt Sprang noch einen weiteren Punkt, der zu einer Ausnahme führen kann: E-Books, deren Preis unterhalb einer preislichen Bagatellgrenze liege, die derzeit etwa bei 4,00 Euro verlaufe, unterliegen auch nicht der Preisbindung.

Hier kommt nun erstes Erstaunen auf, da die meisten der belletristischen E-Books von Self-Publishern in der Regel unter dieser Grenze liegen und für 2,99 Euro oder 3,49 Euro angeboten werden.

Ist der Gesetzestext also nur Makulatur und die Preisbindung in der Niedrigpreiswelt der selbstverlegten E-Books in der Praxis nicht gegeben?

So einfach ist das leider auch nicht, und Sprang schränkt im Gespräch ein, dass der Gesetzgeber das so nicht gesagt habe. Von einer Preisgrenze ist im Gesetzestext nichts zu finden. Sie beruht offenbar eher auf bisherigen Fällen und juristischen Erfahrungen. Wenn ein Self-Publisher mit einem günstigen E-Book jedoch fünf- oder sechsstellige Beträge verdient, stellt sich die Frage, ob man dann noch von einem Bagatellfall reden kann. Mit anderen Worten: Ist ein Mitbewerber oder gar der Börsenverein der Ansicht, ein Self-Publisher verstoße gegen die Preisbindung, dann kann er oder sie abgemahnt werden. Ob diese Abmahnung jedoch gerechtfertigt ist, das müsste dann im Endeffekt ein Gericht entscheiden. Ein finanzielles Risiko, das ein Self-Publisher aber kaum eingeben wird, um sich ggf. sogar durch die Instanzen zu klagen.

Es gibt nur eine klare Empfehlung

Daher kann für Self-Publisher an dieser Stelle weiterhin nur die Empfehlung gegeben werden, wie sie schon seit Jahren in unserem Self-Publishing-Ratgeber zu finden ist: Handeln Sie als Self-Publisher stets so, als ob Sie bzw. Ihre Bücher zweifelsfrei der Preisbindung unterliegen. Sorgen Sie dafür, dass Ihr E-Book überall zum gleichen Preis angeboten wird. Nicht nur wegen möglicher Rechtsverstöße, sondern auch aus Fairness Ihren Leserinnen und Lesern gegenüber, sollte kein Käufer einer bestimmten Plattform preislich benachteiligt werden.

Im Interview stellt Sprang auch nochmals klar, dass Preisbindung nicht bedeutet, dass der Titel für alle Zeit gleich kosten muss. Auch die im Gesetzestext genannte Frist von 18 Monaten, nach der eine Preisbindung frühestens aufgehoben werden kann, hat nicht mit den Preisaktionen zu tun. Sprang: »Innerhalb dieser Frist sind auch Preiserhöhungen oder -absenkungen ohne weiteres möglich. Es geht also eigentlich nur darum, allen Plattformen, über die ein E-Book angeboten wird, jederzeit denselben Preis als verbindlich vorzugeben.«

0-Euro-Aktionen sind rechtlich bedenklich

Interessant ist jedoch eine weitere Aussage von Sprang, der 0-Euro-Preisaktionen innerhalb dieses 18-Monatstzeitraums klar als Verstoß wertet, da dies quasi einer Aufhebung des Ladenpreises entspreche.

Amazon beispielsweise erlaubt einen 0-Euro-Preis für maximal fünf Tage festzulegen. Doch um einen Titel kostenlos anzubieten, muss man ihn bei Amazons »KDP Select« angemeldet haben. Dann jedoch verpflichtet man sich gleichzeitig, den Titel exklusiv bei Amazon anzubieten. Somit wäre dann der Artikel laut Sprang nicht mehr als überwiegend verlags- oder buchhandelstypisch anzusehen, da er nur bei einem Händler erhältlich ist, der Titel unterliegt also nicht der Preisbindung. Die 0-Preis-Aktion bei Amazon ist also gesetzeskonform.

Eine Abgabe für 0 Euro ist jedoch nicht mit einer Verlosung oder dem Verschenken an ausgewählte Leser zu verwechseln! Ein Verschenken ist weiterhin erlaubt, sofern »keine gewerbliche Gegenleistung« bezweckt wird. Aktionen wie: »Sie erhalten ein drittes Buch beim Kauf von zwei Büchern gratis dazu!« wären also nicht zulässig.

Dies wiederum ist nicht mit Bundle-Preisen zu verwechseln. Die Preisbindung erlaubt es durchaus, dass z. B. alle Bände einer Trilogie im Gesamtpaket günstiger angeboten werden dürfen als der Preis der Einzelbände. Doch auch hier gibt es wieder Problemzonen: »Verschiedenartige« Titel dürften beispielsweise nicht zu einem Paket geschnürt werden. Auch hier dürfte im Zweifelsfall ein Gericht entscheiden, wie verschieden die Bücher sind.

Im Interview räumt Sprang noch mit weiteren oft gehörten Mythen auf: So hat die Art der Herstellung oder die Listung im Verzeichnis lieferbarer Bücher (VlB) keinen Einfluss darauf, ob ein Buch preisgebunden ist.

Umgekehrt nennt Sprang weitere Darreichungsformen von Texten, die nicht preisgebunden sind, wie Einzelkapitel oder kürzeste Publikationen. Kurze Bücher und Mini-Serien sind hingegen in der Regel wieder preisgebunden.

So eindeutig also die Aussagen des Justiziars des Börsenvereins sind, so sehr bestehen weiterhin rechtliche Grauzonen.

Genug Stoff für aberwitzige Diskussionen

Genug Stoff also, um das Thema weiterhin in den einschlägigen Foren und Facebook-Gruppen für Self-Publisher zu diskutieren und die unmöglichsten Fälle zu konstruieren.

Aber warum? Natürlich kann man die Preisbindung grundsätzlich in Fragen stellen. Manche mögen sie als »gesetzlich verankertes Preiskartell« bezeichnen, aber Tatsache ist, dass die Preisbindung auch für Self-Publisher eine sichere Basis für ihre Einnahmen bildet. Daher sollten auch Self-Publisher ein Interesse am Erhalt der Preisbindung haben.

Wenn man sich also nicht in teilweise Aberwitzige »Ja, aber gilt die Preisbindung für mein Buch denn auch noch, wenn«-Diskussionen verwickelt, sondern davon ausgeht, dass das eigene E-Book der Preisbindung unterliegt und entsprechend agiert, dann besteht keine Gefahr, gegen die Preisbindung zu verstoßen.

Wolfgang Tischer

  • Link ins Web auf tolino-media.de:
    Buchpreisbindung für Selfpublisher. Ein Interview mit Prof. Dr. Christian Sprang, Rechtsanwalt, Justiziar und Leiter der Rechtsabteilung des Börsenverein des Deutschen Buchhandels

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