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Lesetipp Literaturnovelle: Joachim Zelter, Einen Blick werfen

Joachim Zelter: Einen Blick werfenDas kenn ich doch: Viele Einsender für die Rubrik Textkritik wünschen sich zumindest einen kurzen Blick auf den Text sowie eine kurze Rückmeldung an den Verfasser, falls sie nicht öffentlich besprochen werden sollten: Wenn schon, denn schon.

Nun: Auf jeden eingesandten Text werfe ich einen Blick – aber Rückmeldungen lasse ich.

Und jetzt weiß ich, dass das gut für mich ist!

Joachim Zelters Ich-Erzähler, ein erfolgreicher Schriftsteller, wird Opfer eines des Deutschen kaum mächtigen literarischen Stalkers: Der Herr Schrieftsteller möge doch bitte einen Blick werfen, er, Selim Hacopian, würde ihm gerne was schiecken, er habe ein Buch geschrieben.

Dieser E-Mail angeheftet ist ein wilder Lebenslauf, den der Herr Schrieftsteller liest, ihn für einen Abenteuerroman als durchaus würdig empfindet – und das dummerweise Selim Hacopian mitteilt.

So beginnt diese wahrlich fulminante Realsatire …

Was hier erzählt, wird, ist keine Fiktion. Alles ist wahr, oder bewegt sich zumindest nahe an der Realität. Abweichungen des Erzählten von wirklichen Begebenheiten oder wahren Verhältnissen wären also rein zufällig – oder ein letzter Tribut an die Literatur.

Der Ich-Erzähler kommt aus der selbst aufgestellten Falle nicht mehr heraus, vernachlässigt seine eigenen Arbeiten vor lauter Korrekturen (letztlich lässt sich nicht korrigieren, was dieser durchaus liebenswerte Herr Selim Hacopian verfasst), verliert seine Sprache, kämpft mit Verlagen und Verlegern.

Selim Hacopian bleibt beharrlich, stellt ihm nach, stellt ihn zu Hause und auf der Straße, verfolgt ihn mit seiner unablässigen Anrede Herr Schrieftsteller und seinen bizarren Geschichten von Kamelen, die Handtaschen, Autos und Tragflächen von Flugzeugen fressen.

Überaus spannend und vergnüglich zu lesen ist diese Satire; manche werden ihre (Vor-)Urteile gegenüber dem Literaturbetrieb bestätigt finden, manche einen anderen Blick darauf gewinnen.

Und wer den Buchmarkt der letzten zwei Jahre kennt, der weiß auch, aus welcher Realität Joachim Zelter Handlung und Hauptfigur entnommen hat.

Joachim Zelter bei der Buchpremiere im Oktober 2013 von »Einen Blick werfen« (Foto: Tischer)
Joachim Zelter bei der Buchpremiere im Oktober 2013 von »Einen Blick werfen« (Foto: Tischer)

Joachim Zelter kennt sich in dieser Szene bestens aus, und vor allem kann er sich selbst auch distanziert betrachten, wie sich am Ende zeigt.

Malte Bremer

Joachim Zelter: Einen Blick werfen: Literaturnovelle. Gebundene Ausgabe. 2013. Klöpfer und Meyer. ISBN/EAN: 9783863510619. 9,90 €  Â» Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
Joachim Zelter: Einen Blick werfen: Literaturnovelle (Edition Klöpfer). Kindle Ausgabe. 2023. Alfred Kröner Verlag. 9,99 €  Â» Herunterladen bei amazon.de Anzeige

Link ins Web

  • Einen Blick werfen – auf Autorenlebensläufe
    Bericht im DeutschlandRadio-Blog von der Buchpremiere in Tübingen im Oktober 2013

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1 Kommentar

  1. 111 Seiten für 14 Euro als ebook?
    Jetzt mal im ernst: da wissen doch alle, dass das nicht gekauft wird.
    Wird in dem Buch auch die Frage beantwortet, mit welchen Mittel sich das finanziert? Es wäre mir peinlich als Autor und Verlag für 111 Seiten 14 Euro zu verlangen. Der Rang ist auch katastrophal. Wer gelesen werden will, macht nicht solche absurden Preise.

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