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HERR »X«
von Christa Merthan

Herr X war x-besessen. Deshalb logierte er in keiner x-beliebigen Wohnung, sondern in einer architektonisch superb durchdachten x-f?rmigen mit x X-Terrassen, auf welchen er die grazile Eleganz schwarzer Messing-Lauben stilvoll mit sich hinaufwindenden X-Ranken unterstrich.
     Selbstredend hatte Herr X X-Beine, als auch eine ausgepr?gte bibliophile Ader f?r die von X-Autoren geschriebenen Werke, die zudem x X-Konsonanten beinhalteten. Zu seinem Leidwesen waren diese ausgesprochen sp?rlich ges?t. Zunehmend des Wahnsinn wilde Beute werdend, durchforstete Herr X x-s?chtig x-mal umsonst die B?cherfreunde-Dorados. Gewandet in zeitlosen XXL-Chic mit dem aussagekr?ftigen Aufdruck mit der Lizenz zum X, schleppte sich Herr X bundesweit von einem Antiquariat ins x-te. Um keinen X-Infarkt zu riskieren, riet man ihm, sein Augenmerk eventuell auf einen anderen Buchstaben im Alphabet zu lenken. Dschingis Khan im Blick, wedelte Herrn X dankend ab. Sein Lebenselixier war nun mal das X und sonst nix.
     Und eben, als er aufs Neue in einer X-Sackgasse steckte, ihm entmutigt die Haare wie Igelborsten x-recht zu Berge standen, ereilte ihn schlussendlich doch noch der Tag »X«.
     In der X-er Klosterb?cherei. Dort stie? er auf einen mildt?tigen M?nch, der ein schmales B?ndchen herausr?ckte, in dem es nur so x-te. Herr X war vor Freude aus dem X.
     Aber just in der Sekunde, in welcher er beim lichtstarken Schimmer seiner Xenonleuchte begeistert begann, x-weise Fremdw?rterlexika zu w?lzen, um den tiefen Sinn der X-Verse mit seinen x, x grauen Zellen in Einklang zu bringen, da waren sie wie auf Knopfdruck verschwunden, die X. Die aus den Xenien. Weg! Einfach so…
     Ungl?ubig x-te Herr X x-fach durch. Hernach begab er sich auf eine schwei?treibend akkurate X-Suche. Zu guter Letzt sah sein X-Nachbilde-Ambiente einem M?llhaufen zu VerweXeln ?hnlich, was Herrn X x-egal war. Einzig die verheerende Tatsache, dass Knall auf Fall ausnahmslos ALLE seine B?cher x-los geworden waren, lie? ihn an seinem Verstand zweifeln.
     Zertr?mmert wie ein Sparschwein sank Herr X entgeistert aufs Kanapee. X-mal ?berdachte er angestrengt das schier Unm?gliche. Pl?tzlich x-te es ihm wie Schuppen von den Augen: Der allm?chtige Weltenlenker h?chstselbst hatte ein X gesetzt. Ihm den bedeutungsschweren Wink mit dem X-Pfahl gegeben, sich hier und jetzt endg?ltig von seiner fatalen Xomanie zu verabschieden. Zwar f?hlte sich Herr X aufs Gr?bste verXt und ausgetrXt, doch nahm er sich - ersch?ttert schluchzend was das Zeug hielt - den numinosen Hinweis tunlichst zu Herzen.
     Tags darauf beantragte er beim Einwohnermeldeamt das Recht auf Namens?nderung. Fortan nannte er sich Y.

© 2004 by Christa Merthan. Unerlaubte Vervielfältigung oder Weitergabe - gleich welcher Art - verboten.

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