Die Todesanzeige erschreckte sie, weil ihr klar wurde, wie wenig sie von ihm wusste. Satz von Renate Fritz, Alten-Buseck Die Geschichte zum Satz: Wer war gestorben und von wem wusste sie wenig? Vom Verstorbenen? Warum sollte man erschrecken, wenn einem auffällt, dass man von dem, der gestorben ist und von dessen Tod man offenbar erst durch eine Anzeige erfahren hat, nichts weiß? Das ist normal. Wir zeichnen uns doch erschreckende Unwissenheit aus, kennen weder uns, unsere Frauen, Männer, unsere Kinder. Wir lassen uns abspeisen mit Bildern, in die wir uns verlieben, die wir hassen, Bilder, die uns das Leben ersetzen. Man muss also nicht erschrecken. Es steht in der Zeitung, man hat schon einmal davon gehört, warum aber sollte man mehr davon wissen. Das belastete nur. Man kann froh sein, dass man nicht mehr von ihm wusste. Womöglich hätte man Mitleid gehabt. So kann man sich mit einem Blumenstrauß aus der Affaire ziehen und weiter tun, als wäre nichts gewesen. Und es war ja auch nichts, oder? - Falls es aber so war, dass der Verstorbene Erinnerungen an jemanden geweckt hat, der noch lebt und von dem man erschreckend wenig wusste, ist ja noch Zeit, das zu ändern. |