Näumanns NörgeleiEine Tasse Kaffee
Monatliches vom Café-Tisch - Dezember 1997


Stallgeruch

Näumann unterm ChristbaumEs gibt im Südosten Deutschlands ein Bundesland, besser gesagt, einen Freistaat, der seit Jahr und Tag von derselben Partei regiert wird. Warum sich diese Partei so erfolgreich an der Macht halten kann, mögen Politikwissenschaftler entscheiden. Vielleicht kann man sich Bayern eben einfach ohne sie nicht mehr vorstellen. Außerdem würzt sie die Bonner Politik mit einer ausgesprochen bayerischen Note.
     Der Theo zum Beispiel mit seinen Augenbrauen und seinen derben Sprüchen, an denen noch eine gehörige Portion Stallgeruch klebt: »kriminelle Ausländer müssen ohne wenn und aber abgeschoben werden« tönte er - jedenfalls sinngemäß - auf dem Leipziger CDU-Parteitag. Eigentlich schon komisch, so etwas aus dem Munde eines Politikers zu hören, dessen Partei sich immer als Anwältin von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen verstand.
     Ausländern, Flüchtlingen, Asylanten, Migranten, ihnen allen wird unterstellt, nichts anderes auf der Welt zu wollen, als permanent ausgerechnet in Deutschland zu leben. Könnte es vielleicht sein, dass die Mehrheit das gar nicht möchte, sondern nur sehnlichst auf den Tag wartet, an dem in den Heimatländern wieder menschenwürdige Verhältnisse eingekehrt sind? Hat Theo Waigel schon mal Heimweh gehabt? Und wenn nun einige nicht mehr zurück wollen, z.B. weil die Kinder mittlerweile besser Deutsch sprechen als mancher Radiomoderator, ist das so schlimm? Fast 50 Jahre lang haben Heimatvertriebene ihr so genanntes »Recht auf Heimat« reklamiert, das Heimweh beschworen und die »Ostgebiete« zurückgefordert. Letztlich blieben sie hier, und geschadet hat das niemanden.

Hand auf´s Herz: Wissen Sie, wie man korrekt reagiert, wenn man beim Ausparken ein anderes Auto beschädigt und nun weit und breit kein Besitzer ausfindig zu machen ist? Zettel an die Windschutzscheibe? Denkste! Korrekt wäre: »30 Minuten auf den anderen Fahrzeughalter warten und dann die Polizei verständigen«. Ansonsten bekommt man einen Strafbescheid. Und was macht man damit? Bezahlen, dann ist die Sache gegessen? Falsch! Richtig wäre: Widerspruch einlegen und die Geschichte in einer mündlichen Verhandlung klären. Sonst ist man Vorbestraft wegen Fahrerflucht, obwohl man seine Adresse hinterlassen und die Versicherung den Schaden am anderen Auto schon längst beglichen hat.

Genau dieses passierte kürzlich einem jordanischen Studenten in Dresden. Seine Aufenthaltsgenehmigung soll nun nicht mehr verlängert werden. Er ist ein »Krimineller«.

Johannes Näumann


November 1997SeitenanfangFebruar 1998