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Unsere Beobachtungen von der 53. Frankfurter Buchmesse (10.10.-15.10.2001) - Für einen Text gab es unsere Literatur-Café Tasse
 
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Literatur-Café

»Es genügt das gute Wort«
Ein Interview mit dem Schauspieler, Moderator und Sprecher Elmar Gunsch.

Seine Stimme hat uns auf der Messe begleitet. Am Stand gegenüber interviewt Elmar Gunsch fast stündlich Autoren. Elmar Gunsch? Klar, den kennt man. War früher oft im Fernsehen. Aber was macht der eigentlich gerade so? Wir haben ihn an unseren Stand eingeladen und gefragt.

Elmar GunschDas Literatur-Café: Was macht eigentlich Elmar Gunsch gerade beruflich?

Elmar Gunsch: Beruflich gibt es keine Eingrenzung, sagen wir mal so. Ich bin von Natur aus ein Mensch, der es lernt und versteht, Dinge zu präsentieren. Nicht mich zu präsentieren, sondern einen Menschen, eine Gruppe, eine Vorstellung…

Das Literatur-Café: …eine Zeit lang auch das Wetter.

Elmar Gunsch: Auch das. Sagen wir, ich bin der Vermittler, insofern vermittle ich auch heute. Allerdings selten in den Medien.
     Film ist für mich eine Gelegenheitsarbeit geworden, auf Bühnen aufzutreten ist für mich in den Vordergrund getreten, d.h. direkt an dem Zuschauer zu sein. Nicht mehr im Rundfunk in ein kleines Mikrofon zu sprechen ohne zu wissen, wer überhaupt dranhängt. Das mache ich nur noch für einen Sender, also das ist auch reduziert. Aber vermehrt hat sich die Arbeit auf der Bühne, und da muss ich sagen, das ist auch die schönere, das ist die direkte, da ist ein Echo, da kommt auch Kritik von unten. Wenn ich eine Geschichte erzähle, die daneben liegt, oder wo niemand darauf reagiert, dann weiß ich das sofort, erfahre das unmittelbar und kann darauf reagieren. In den Medien erfahre ich das erst hinterher, wenn es heißt »Die Sendung war aber fad«.

Das Literatur-Café: Rezitieren Sie auf der Bühne Texte oder treten Sie als Schauspieler auf?

Elmar Gunsch: Beides. Ich spiele Theater seit zwei Spielzeiten in einem Freilicht Theater und zwar im Harz am Bergtheater Thale, das ist das älteste deutsche Freilicht Theater. Das Stück hieß letztes Jahr und auch dieses Jahr »Die Zauber des Merlin« das ist die Geschichte des Merlin, des Ratgebers König Artus, eine Sagengeschichte. Da spiele ich den Merlin. Das Stück ist in dieser Spielzeit nochmals aufgenommen worden. Nächstes Jahr wird mit mir der kleine Horrorladen inszeniert, also ein Musical. Und in einer Kindervorstellung werde ich im Dschungelbuch mitwirken.
     Das ist die eine Seite.
     Die andere ist: Ich habe ein eigenes Programm, das ich seit eineinhalb Jahren präsentiere. Es heißt »Eine Reise in das Reich der Phantasie«. Der Untertitel: »Märchenhaftes aus aller Welt«. Da führe ich mit nichts anderem als mit Geschichten, Gleichnissen, kleinen Glossen und auch Märchen von einem Land ins andere und werde begleitet von der klassischen Gitarristin Barbara Hennerfeind. Wir haben versucht, mit null Action, nur mit Erzählungen die Zuhörer zu fesseln. Das ist uns gelungen. Die Zuhörer sind mucksmäuschenstill. Freunde haben mir prophezeit: Die schlafen dir doch ein da unten (lacht)! Nicht eine/r ist bis dato eingeschlafen, soweit ich das beurteilen kann. Es vermittelt sich, und ich muss sagen, das ist für mich das schönste Gefühl, dass man nicht das braucht, was alle sagen: Du musst einen Scheinwerfer haben, der ständig rotiert. Du musst von rot auf blau und grün und gelb schalten. Du brauchst GOGO-Girls, die nichts anhaben und hinter dir vorbeigehen, damit Du eine Wirkung hast. Das brauchen die Rockmusiker, die brauchen so eine Unterstützung. Aber wenn ich etwas Differenziertes sagen möchte, genügt das gute Wort.

Das Literatur-Café: Genügt das Wort oder braucht man auch eine schöne, gute Stimme?

Elmar Gunsch: Naja, die transportiert natürlich. Wenn ich den Leuten auf die Nerven gehen würde, indem ich eine Quäk-Stimme hätte, dann würden sie wahrscheinlich nicht mehr zuhören - logischerweise. Aber primär sind die Geschichten das Fesselnde. Die Stimme ist die Verpackung. Die Stimme ist die Art, wie ich die Texte transportiere.

Das Literatur-Café: Von wem sind die Texte?

Elmar Gunsch: Ganz verschieden. Ich habe einige Texte von Khalil Gibran drin, das ist ein libanesischer Dichter, der 1931 gestorben ist. Von ihm die poetische Geschichte »Die Königin der Phantasie«. Es gibt einen Schlüsselsatz darin, der gleichzeitig mein Motto ist und der lautet 'Wer die Tage seines Lebens nicht auf der Bühne der Träume verbringt, wird ein Sklave der Zeit sein'. Das muss man sich ein bisschen auf der Zunge zergehen lassen, aber dann weiß man, was gemeint ist: wir brauchen die Tagträume um uns vom Alltag zu entfernen. Das ist wie wenn sich jemand einen ansäuft oder sich in einen Drogenrausch versetzt. So ist auch diese Fähigkeit, sich wegzudenken aus der Wirklichkeit in ein Traumland oder in Traumsituationen, eine Art von Erholung, die das Hirn braucht, so wie der Körper den Schlaf braucht.

Das Literatur-Café: Sie führen hier auf der Messe am Stand eines Online-Buchhändlers Gespräche mit sehr unterschiedlichen Buchautoren. Von der Erstlingsautorin über medienbekannte Personen bis hin zu Sportlern. Wie haben sie sich darauf vorbereitet? Sie müssen sich ja stündlich auf eine andere Person, auf ein anderes Thema einstellen.

Elmar Gunsch: Ich will ein Beispiel bringen. Ich habe mal Harry Belafonte interviewt nach eine Show. Ich habe ihn gefragt: Wie lange brauchen Sie für die Vorbereitung. Und er sagte: 35 Jahre. Einen Moment war Stille und dann hat's bei mir g'schnagglt und dann wusste ich: ah, der meint seine ganze Berufserfahrung, die er sich in 35 Jahren angeeignet hat. Film, Fernsehen, Bühne. Das alles bringt er ein in diese Vorstellung. Hätte er die 35 Jahre vorher nicht erlebt und Erfahrungen gesammelt, könnte er die Show nicht so machen. Das war eine klare Antwort. Ich möchte mich dem anschließen. Ein Leben lang mit Menschen umgegangen zu sein, sie - auch im Interview - ausgefragt zu haben, befähigt einen, sich mit ihnen zu unterhalten, auch wenn man sich nicht bis ins Detail vorbereitet hat oder vorbereiten konnte. Gut, ich muss wissen was er geschrieben hat, muss ein bisschen was von seinem Lebenslauf wissen. Alles andere ergibt sich aus dem vorgegebenen Buch, das ich vorher nicht lesen konnte, weil es erst zur Buchmesse auf den Markt gekommen ist, da hab ich gerade mal einen Bürstenabzug gehabt.
     Ein Gespräch läuft dann eben so ab, wie der Autor reagiert. Wenn er mir sagt: Das ist eine saublöde Frage, die Sie mir da stellen - oder wie grad ein Autor (Matthias Politycki Anm. der Redaktion), der zu mir sagte: »Sehen Sie, das was Sie da gerade gefragt haben, das ist die zweithäufigst gestellte Frage an Autoren. Die am meisten gestellte Frage ist 'Können Sie davon leben'«. Gottlob, hab ich das nicht gefragt.

Das Literatur-Café: Was ist die andere Frage?

Elmar Gunsch: Ich wollte wissen, wie er seine Themen »gesammelt« hat. Ob es der Auszug aus den Erlebnissen der vielen Reisen ist, die er gemacht hat oder ob das allein die Phantasie ist, die er in seinem Kopf hat. Aber dazu sind die Milieus zu echt. Und sehen Sie, die Frage, ob das Erfindung ist oder erlebt, die wird am zweithäufigsten gestellt.
     Die reine Vorbereitung ist die Konzentration auf die Person, die mir gegenüber steht.

Das Literatur-Café: Herr Gunsch, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Im Netz: Die Homepage von Elmar Gunsch.

Das Interview führte Wolfgang Tischer

14.10.2001, Buchmesse Frankfurt

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