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Überraschung
von Ines Drosta

Die Einladung zu Rudis Geburtstagsfeier war ungewöhnlich wie Rudi selber.
"Die Fresserei hab ich satt!", schrie er durchs Telefon.
"Denk mal 20 Jahre zurück, Heinz. Da haben uns -"
" - ’n paar Bierchen und ’ne Gitarre gereicht", vollendete ich. "Aber du kannst nicht..."
Doch, Rudi konnte. Er lud Freunde und Verwandte zu seinem vierzigsten Geburtstag ein und teilte mit, dass es außer ein paar Salzstangen nichts, nothing, niente zu essen geben würde. Die Nachricht verbreitete sich in der Gemeinde wie ein Lauffeuer. Immerhin ist mein Freund Rudi mit dem halben Dorf verwandt.
Wir mussten etwas tun. Rudis Frau berief ihr Kaffeekränzchen ein, ich hielt einen konspirativen Frühschoppen mit den Mitgliedern der freiwilligen Feuerwehr ab.
Rudis Geburtstag kam heran und gemeinsam mit meiner Frau betrat ich unser Feuerwehrhaus. Etwa 100 Gäste saßen bei Bier und Wein. In der Ecke hockte die alte Lisbeth und strickte. Rudi kam durch die Tischreihen auf uns zu, er trug eine speckige alte Lederjacke. Wir setzten uns. Die Blaskapelle "Am Rain" blies ein Ständchen. Danach schlug Rudi ein paar Akkorde auf seiner Gitarre an. Wir prosteten ihm zu, einmal, zweimal, dreimal.
"Wie traurig!", flüsterte meine Frau. Tatsächlich machte sich Stille im Raum breit, die ersten Hungrigen verabschiedeten sich.
Rudis Frau winkte mir. Ich erhob mich.
"Lieber Rudi, als dein bester Freund und zweiter Vorstand unserer freiwilligen Feuerwehr möchte ich mitteilen, dass wir", ich breitete die Arme aus, umfasste symbolisch alle Leute im Raum, "für deine Feier gesammelt haben und dir ein ganz besonderes Geschenk machen können."
Rudis Frau eilte zur Tür und öffnete sie. Da kamen sie herein geschwenkt, die Mädels vom Partyservice, appetitlich wie die Speisen, die sie trugen. Im Nu standen auf den Tischen am Eingang Platten voller Braten, Schinken, Salami und Käse; es gab Kartoffel-, Eier-, Nudelsalat und was weiß ich noch alles. Semmeln und Früchte wurden herum gereicht.
Jetzt kam Leben in die Bude. Die Geburtstagsgäste machten sich über das Buffet her, der erste Feuerwehrvorstand flirtete mit den Damen vom Partyservice und – oh Wunder – die Lisbeth versenkte ihr Strickzeug in den mitgebrachten Plastikbeutel und aß. Die Stille hatte einer deftigen Gemütlichkeit Platz gemacht.
Rudi stand neben mir am Buffet.
" ...’n paar Bierchen und ’ne Gitarre", sagte ich.
"Das nächste Mal nach dem Essen...", nuschelte Rudi zwischen zwei Bissen. Ich lachte.

© by Ines Drosta. Für die Rechtschreibung sind die Autoren verantwortlich.

 
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