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Liebe geht durch den Magen
von Rosemarie Stoffel

Friederike stand in der Küche und sah ratlos auf die vielen Utensilien, die dort lagen. Meine Mutter sagte früher immer: Liebe geht durch den Magen, wenn sie für Papa kochte. Wie habe ich diesen Satz gehasst. Und was tue ich nun? Sie lächelte und flüsterte: „Peter...."
Peter zauberte beim Essen immer eine Atmosphäre, die etwas von einem feierlichen Ritual an sich hatte. Heute abend wollte sie für ihn kochen. Sie schwankte zwischen Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. „Reiß dich zusammen, du schaffst das", machte sie sich Mut.
Es sollte Champignonsuppe, Salat, Lachs mit Sauce Hollandaise, grüne Bandnudeln mit Spinat geben. Zum Nachtisch Eis mit heißen Himbeeren und Sahne.
Das Telefon klingelte. Es war Peter, er flüsterte: „Schatz es tut mir Leid, ich kann heute nicht kommen. Meine Familie...!"
„Was?" fragte Friederike fassungslos. „Es tut mir Leid, aber... wir sehen uns morgen." Ehe Friederike etwas erwidern konnte, hatte er den Hörer aufgelegt.
Sie stand da und starrte auf das Essen, merkte nicht, wie ihr unaufhörlich die Tränen über das Gesicht liefen.
Er wird sich nie für mich entscheiden...
Es klingelte an der Tür. Friederike löste sich aus ihrer Erstarrung und ging mit schleppenden Schritten zur Tür.
Bernd, ihr Nachbar, stand vor der Tür. „Entschuldigung, kannst du mir ein paar Eier leihen?" Friederike wischte sich hastig die Tränen ab: „Komm rein."
Sein Blick fiel auf den schön gedeckten Tisch. „Erwartest du Besuch?", entfuhr es ihm. „Eigentlich... ja... nein", stotterte Friederike. Plötzlich kam ihr ein Gedanke: „Willst du mit mir essen? Eier sind aus." „Oh ja, gern, aber..."
„Aber was?" „Ich ziehe mich schnell um, so kann ich an dem schönen Tisch nicht Platz nehmen", sagte er lachend.
Friederike nickte. Als Bernd dann erneut klingelte, öffnete sie ihm in einem engen, schwarzen, schulterfreien Kleid.
Bernd stand mit einer Flasche Merlot in der Hand, in seinem besten Anzug, in der Tür. „Danke für die Einladung", sagte er verlegen lächelnd. „Du siehst wundervoll aus", setzte er noch hinzu. Sie aßen mit Genuss und unterhielten sich sehr angeregt. Ich habe gar nicht gewusst, dass er ein so interessanter Mann ist, dachte Friederike. Sie hatte während des Essens nicht ein einziges Mal an Peter gedacht. Später nahm Bernd sie in die Arme und küsste sie: „Ich liebe dich. Morgen koche ich", flüsterte er ihr zärtlich ins Ohr. Friederike dachte: Mama hatte recht: Liebe geht doch durch den Magen! Sie flüsterte: „Ja", und drückte sich fest an ihn.

© by Rosemarie Stoffel. Für die Rechtschreibung sind die Autoren verantwortlich.

 
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