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Was ich esse bin ich
von Helmut Blank

Was ich esse bin ich!
Wie wahr dieser Satz auch sein mag, er hat da so was, worüber sich nachdenken lässt, am besten bei einem guten Essen. Doch schon geht das Problem los. Womit verwöhne ich meinen Gaumen, massier mir die Seele? Kleine aber teure Portionen beim Sternekoch, wo der Ober vornehmer tut als die Gäste es sind? Dem Mainstream folgend ohne Besteck aus der Pappschachtel?
Mein sinnender Blick fällt wie zufällig auf Nachbars Garten. Da glänzen herrlich knackige Tomaten feurig rot in der Spätnachmittagsonne. Die zartgrünen Lauchzwiebeln, stramm wie Soldaten in der Reihe stehend, bilden gemeinsam mit der dunkelgrünen Petersilie einen herrlichen Kontrast. Mir läuft langsam schon das Wasser im Munde zusammen. Tomatensalat mit Mozzarella, Lauchzwiebelringen und gehackter Petersilie. Alles frisch angerichtet. Mein Hungergefühl verstärkt und lässt mich sofort planen.
Aus meinem kleinen Kräutergarten stifte ich frischen Thymian und Rosmarin, beides aus der Haute Provence, dessen Überwinterung mir gelungen ist. Im Kühlschrank wartet ein heute am Morgen geschlachtetes Freilandhund auf seine Veredelung am Grill. Den Cabernet Sauvignon, Direktimport aus der Toskana, müsst ich auch einmal testen.
Die Zutaten wären klar. Das Wetter? Ideal, wie mir ein kurzer Rundgang durch den Garten zeigt. Die herrlich warme Spätsommersonne lädt gerade dazu ein in der freien Natur zu speisen. Was fehlt, sind die Zutaten aus Nachbars Garten. Während ich noch überlege, wie da rann zu kommen wäre, betritt der Herr Nachbar nebst Gattin den Garten. Da kommt die Blitzidee. Winkend grüße ich über den Zaun und lade beide zu einem kleinen Grillabend ein. Auf die Frage was der Hobbykoch den so zu kredenzen gedenke, zeige ich auf die reifen Gartenfrüchte und bete mein Rezept in den schielernsten Farben herunter. Ich muss überzeugend wirken, beide sagen sofort erfreut zu. Meine Frau zu überreden fiel nicht schwer. Bis spät in die Nacht sitzen wir zusammen, genießen unserer spontanes Mahl, lassen uns den Wein auf der Zunge zergehen. Das Grillfeuer glimmt still vor sich hin. Kleine Funken aus der Glut wirbeln hoch, entschwinden im Nachthimmel, an dem immer mehr Sterne erstrahlen. Es ist wie im Süden. Urlaub für die Seele.
Das ist es. Was ich esse bin ich. Ich liebte schon immer das einfache, das natürliche Leben. Und was ist ehrlicher, natürlicher, als die eigene Ernte, das selbst bereite Mahl, dass man mit lieben Menschen teilt?

© by Helmut Blank. Für die Rechtschreibung sind die Autoren verantwortlich.

 
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