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Kirchweihsünde
von Cornelia Niklas

Die Erwartung trieb mich einige Tage umher, bis wir am Kirchweihsonntag vormittags gemeinsam losgingen. Es war eine dicke Sünde, die mich erwartete - normalerweise ernähre ich mich recht gesund, viel Salat und Gemüse, wenig Fleisch, mediterrane Küche und so weiter. Traditionelle Braten sind äußerst selten, werden also von meinem Gaumen als besonderes Ereignis gefeiert. Tagelange Vorfreude ist dann durchaus gerechtfertigt.
Eine Freundin erzählte mir Anfang der Woche von der alten Bauernwirtschaft, wo sie zu Kirchweih einen Tisch und eine Gans bestellt hatte. Beklagte sich, dass von den sechs geplanten Leuten ganze vier abgesprungen wären, und dass sie jetzt dringend jemand als Mitesser suchte. "Ein Familienbetrieb," hatte sie erzählt, "ein Bauernhof eigentlich, ganz in der Nähe, in einer Stunde Fußmarsch zu erreichen. Sie kochen nur zu bestimmten Gelegenheiten, und auch nur Spanferkel, Enten und Gänse - mehr gibt es einfach nicht. Hausgemachte Knödel dazu, und Kraut und Soße, soviel man zwingt." Bei dieser Vorstellung lachte mir das Herz, und so ließ ich mich hinreißen - und durfte jetzt durch die Kälte stapfen.
Der Wind war heftig, kalter Oktoberwind, er blies uns auf dem Weg Richtung Tremmelhauser Höhe immer wieder die Kapuzen von unseren Köpfen. Zügig marschierten wir bergauf und bergab, redeten und lachten, und kamen auf den Flurbereinigungswegen zwischen den Feldern gewaltig ins Schwitzen. Ein paar Minuten vertrödelten wir und beobachteten Kinder beim Drachensteigen, aber pünktlich um halb zwölf Uhr standen wir rotbackig und mit zerzausten Haaren vor der Wirtshaustür. Küchendunst ließ meine Brille beschlagen, kaum, dass ich in der überheizten Stube neben dem Ölofen saß, und ich badete meine Nase im Bratenduft, der aus der Küche zu mir herüber schlich. Nach ein paar Minuten kam sie auch schon, meine Kirchweihsünde, wurde direkt vor mir auf den Tisch gestellt, appetitlich aufgetürmt lagen die Stücke auf einer immens großen weißen Servierplatte. Eine Schüssel mit Knödeln folgte, helle, dampfende Reiberknödel von einer Größe, die ich nur mehr von meiner Großmutter kannte, dazu ein schöner Tiegel voll mit Soße.
Recht viel geredet haben wir dann nicht mehr, beim Essen nicht und auch auf dem Heimweg, denn erst waren wir zu beschäftigt, und dann waren alle ein wenig zu satt, auch der hausgebrannte Schnaps hat daran nichts mehr geändert.

© by Cornelia Niklas. Für die Rechtschreibung sind die Autoren verantwortlich.

 
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