Gott beschütze die Verbraucher

Joseph von Westphalen las am 23.10.1997 in der Stuttgarter »Rampe«

Dieser Mann hat uns gefehlt.
     Kein Dichter, kein Wichtigtuer, kein Poet - eher ein allwissender Kummerkastenonkel, ein seelsorgerischer Ratgeber für die brennenden Fragen des Lebens:

  • Kann man noch Campingurlaub in Italien machen? Man hört ja so manches!
  • Kann man mit 50 eine 30-jährige Frau lieben?
  • Überhaupt: Wie baggere ich eine Frau an?
  • Wie lege ich meine Millionen an?
  • Lohnt sich noch ein Bausparvertrag?

Hier signiert Joseph von WestphalenHyperaktiv und hibbelig, von einer Stuhlecke in die andere rutschend, ständig seinen chaotischen Bücherstapel aufmischend, scheinbar ungeordnet kreuz und quer lesend, ist uns Joseph von Westphalen von Anfang an sympathisch.

Denn dieser Mann weiß, wovon er schreibt.
     Einen Monat nach Kriegsende geboren, hat er bundesdeutsche Befindlichkeiten zwischen Wirtschaftswunder und Konsumterror, zwischen Revolte und Gegenrevolte komplett durchlebt - und ungeniert seziert. Dass er seine journalistischen Auftragsarbeiten schamlos für den nächsten Roman ausschlachtet, dass die Zeitschrift "Natur" nach einem Westphalen-Artikel ein paar verbissen-humorlose Abonnenten verliert, ja, das gefällt uns insgeheim. Diesen Nestbeschmutzer lädt kein Goethe-Institut mehr ein.

Später dann, beim Büchersignieren, wären wir fast schon persönlich geworden, hätte der Autor nicht bereits mit einer aparten Dame geschäkert.
     Sie sah verdächtig nach 30 aus.

Ingeborg Jaiser
23.10.1997


ZurückSeitenanfangWeiter