StartseiteBuchmesse Leipzig 2013Expertentipps: Juristische Fallstricke bei der Buchveröffentlichung

Expertentipps: Juristische Fallstricke bei der Buchveröffentlichung

Rainer Dresen, Justitiar bei Random HouseEgal ob Verlag oder Selfpublisher: Wer ein Buch veröffentlicht, muss sich an gewisse Spielregeln und Gesetze halten. Ansonsten drohen Abmahnung oder einstweilige Verfügung, und es wird teuer.

Als Selbstverleger muss man all das selbst im Blick haben, Verlage beschäftigen ganze Abteilungen, die Manuskripte auf eventuelle juristische Probleme überprüfen.

Rainer Dresen ist Justiziar der Random House Verlagsgruppe (Bertelsmann) und leitet die dortige Rechtsabteilung. In einem Gespräch auf der Leipziger Buchmesse schildert er seinen Arbeitsalltag und gibt Tipps, worauf man als Autor achten sollte.

Er räumt unter anderem mit falschen Regeln beim Zitieren auf und erläutert, wie man den Titel seines Werkes schützt.

Zitieren darf eigene Ausarbeitungen nicht ersparen

Was darf ich in welchem Umfang zitieren? Darf ich Stellen aus anderen Texten einfach so übernehmen? Kann ich einen Songtext von anderen in mein Buch übernehmen? Das sind immer wieder gestellte Fragen von Autorinnen und Autoren. Wie sieht es mit Namen oder Markenbezeichnungen aus?

Oft hört man, dass es eine bestimmte Zahl an Wörtern oder Zeilen gäbe, die man problemlos zitieren dürfe. Doch das ist falsch, wie Rainer Dresen deutlich klarstellt. Es gibt beim Zitieren keine solche »Umfangregeln«. Ein Zitat muss immer einen bestimmten Zweck erfüllen. »Man darf nicht zitieren, um sich eigene Ausarbeitungen zu sparen«, so Dresen. »Man muss sich mit dem zitierten Teil eines fremden Werkes inhaltlich beschäftigen«. Hier spricht man von der sogenannten »Belegfunktion«.

Und generell wichtig: Zitieren darf man nur aus bereits veröffentlichten Werken.

Ein Problem könnte da schon das Motto eines Romans sein. Darf ich den Ausschnitt eines Songs der Rolling Stones meinem Werk voranstellen?

»Zitieren«, erläutert Dresen, »bedeutet nur, dass man etwas verwendet, ohne dass man dafür bezahlen muss, ohne dass man eine Zustimmung braucht.« Mit Zustimmung oder Bezahlung geht natürlich vieles. Dies bedeutet, dass man den Rechteinhaber ausfindig machen, ihn überzeugen und ihm ggf. eine Abdruckgebühr bezahlen muss. Das ist auf jeden Fall die sichere Variante für die Übernahme fremder Textstellen.

Keine Rechte gibt es an Orten und tatsächlichen Geschehnissen, auch nicht an biografischen. Jeder darf darüber schreiben, allerdings dürfen wiederum nicht Passagen aus der Beschreibung anderer übernommen werden.

Nach Einschätzung Dresens gehen Verlage selbst eher selten gegen die Werke anderer Verlage vor. Wenn gegen Zitate oder Passagen vorgegangen wird, so geschieht dies öfter von Einzelpersonen. Auch gegen Selfpublisher, meint Dresen, würde man nicht gleich die große Keule schwingen. Zudem prüfe oder überwache man andere Werke bisher nicht aktiv auf Rechtsverstöße.

Dresen geht in diesem Zusammenhang in seinen Ausführungen auch auf den Fall Martina Gercke ein. Die Selbstverlegerin hatte für ihren Roman nach eigener Aussage »Platzhalter« aus anderen Werken verwendet. Unter anderem aus einem Buch des Goldmann Verlags, der zur von Dresen vertretenen Random-House-Gruppe gehört. Hier hatten Dritte dem Verlag von den Übereinstimmungen berichtet.

»Bei vielen Passagen kann man sich natürlich trefflich streiten, ob sie originell genug waren, um rechtlich geschützt zu sein«, meint Dresen. Ebenso stellt sich die Frage, inwieweit generell der Plot eines Buches geschützt ist.

Wie schütze ich mein Manuskript?

Häufig sorgen sich Autoren um das eigene Werk, wenn sie es aus der Hand geben und an einen Verlag schicken. Besteht die Gefahr, dass es plötzlich unter anderem Namen irgendwo auftaucht und veröffentlicht wird?

Rainer Dresen kann beruhigen. So etwas könne sich kein Verlag erlauben. Würde das herauskommen, so würde der Ruf des Verlages ernsthaft Schaden nehmen. Daher gehe man mit allen Einsendungen sehr sorgfältig um.

Wie ähnlich dürften Titel und Cover sein?
Muss ich einen Titel schützen?

Im Gespräch mit Rainer Dresen ging es zudem um das Thema »Ähnlichkeit«? Wie ähnlich darf ein Titel sein? Muss man ihn schützen? Wie ähnlich darf man ein Cover gestalten?

Ein Buchtitel ist allein dadurch geschützt, dass er bei einem veröffentlichten Werk verwendet wird. Er muss nirgendwo registriert oder angemeldet werden. Der oft genannte »Titelschutz« – also die Vorab-Veröffentlichung des Titels in den Branchenmedien – ist nur ein temporärer Vorab-Schutz, der in der Regel nach einem halben Jahr wieder verfällt, wenn das Buch bis dahin nicht erschienen ist.

Leider gibt es kein allgemeines Titelverzeichnis. Hier recherchiert man auch beim Verlag in den gleichen Quellen wie die Selbstverleger: bei der Deutschen Nationalbibliothek, im Verzeichnis lieferbarer Bücher (VlB) oder bei Amazon.

Rainer Dresen zeigt einige Beispiele von gleichen Titeln oder ähnlichen Covern. Spannend wird es bei Titeln wie »Das Muskelbuch«. Sind solche Buchtitel allgemein genug, sodass man sie verwenden kann, auch wenn es schon ein Buch mit diesem Titel gibt? Im konkreten Fall entschied ein Gericht, dass »Das Muskelbuch« tatsächlich geschützt sei und nur ein Buch diesen Titel tragen dürfe.

Von Rainer Dresen gezeigte Beispiele gleicher und ähnlicher Titel und Cover

Mehr dazu und weitere Infos hören Sie im Mitschnitt des Gesprächs mit Rainer Dresen vom 14. März 2013 auf der Leipziger Buchmesse im Forum autoren@leipzig. Moderation: Wolfgang Tischer vom literaturcafe.de.

Tipp: Abonnieren Sie den kostenlosen Podcast des literaturcafe.de z.B. für iPhone und iPad via Apple iTunes, um keinen der Mitschnitte von der Leipziger Buchmesse zu verpassen.

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6 Kommentare

  1. Schöner Beitrag, leider ist der Anwalt nicht auf den Punkt der Anerkennung von Forderungen oder Beweisen eingegangen. Er zeichnet eine schöne Welt, in der er Probleme so einfach lösen kann. Die Realität ist doch leider ganz anders. Hätte er es mit einem echten Betrüger/Verbrecher zu tuen, dann könnte er nichts machen. Er könnte noch nicht einmal öffentlich behaupten der da der ist ein Verbrecher. Ich wohne in Karlsruhe. Ich weis, was los ist. Als ob es Random House immer nur mit Kleinstadtganoven zu tuen hätte. Aber schön, dass zwischen den Verlagen alles so toll läuft, wenn’s denn tatsächlich so ist.
    Dass Selbstpublisher keine Angst vor Verlagen haben sollen. Tolle Öffentlichkeitsarbeit. Von einem Juristen. Spitze! Gilt aber vielleicht nicht für alle Verlage. Da gibt es auch die Bissigen, die euch fertigmachen wollen. Die Liste der existierenden Verlage ist riesengroß, das passt nicht auf DIN A4. Gut da bin ich etwas am Thema vorbei.
    Was man beim Erstellen eines Buches alles beachten sollte, das war sehr schön gesagt und trotz der hohen Qualität auch völlig kostenfrei. Danke. Über die Welt zwischen den Verlagen haben wir nur eine Seite gehört.

  2. Schöner Beitrag, klasse Interview.
    Grundsätzlich würde ich jedem Raten – auch wenn er sich noch so sicher ist richtig zu zitieren – möglichst das Gespräch mit dem Urheber zu suchen.

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