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Dear Esther – erzählerisches Meisterwerk als Videospiel

Dear Esther - erzählerisches Meisterwerk als Videospiel 6

Einige sagen »Dear Esther« sei ein Videospiel. Das ist Unsinn! Hier kann man keine Punkte machen, niemanden besiegen, nichts abschießen. »Dear Esther« ist eine Geschichte. Man kann sie erfahren und erleben, indem man über eine einsame Hebrideninsel wandert.

»Dear Esther« ist ein Klassiker des digitalten Geschichtenerzählens. Als »Landmark Edition« wurde das Werk nun nochmals fein überarbeitet. Neben den Versionen für PC und Mac, ist »Dear Esther« nun in einer überarbeiteten Version für Playstation 4 und Xbox One erhältlich.

Wir streifen über eine Hebrideninsel und stellen das erzählerische Meisterwerk vor.

Hin und wieder stellen wir im literaturcafe.de Videospiele vor, die eigentlich moderne Formen des Geschichtenerzählens sind. So haben wir GTA V oder The Vanishing of Ethan Carter gespielt.

Dear Esther – eine begehbare Erzählung

»Dear Esther« ist ein Klassiker dieses Genres des erzählenden Spiels oder der begehbaren Erzählung. Es nutzt das Baukastensystem der 3D-Shooter, indem man durch eine virtuelle Welt streift. Tatsächlich entstand »Dear Esther« bereits 2008 als Mod(ifikation) des Shooter-Spiels »Half Life 2«. Viele Spiele bringen die Möglichkeit mit, eigene Level zu erstellen, und so bauten der Autor Dan Pinchbeck und der Designer Robert Briscoe eine Hebrideninsel.

Dear Esther im Video vorgestellt

Startet man »Dear Esther«, befindet man sich am steinigen und windigen Ufer dieser Insel. Weit entfernt auf dem höchsten Berg sieht man ein rotes Licht, das sich offenbar auf der Spitze eines Sendemastes befindet. Musik setzt ein, wir hören die Stimme eines Erzählers, der sich briefartig an die »Liebe Esther« wendet. Wir können uns nun frei bewegen, umschauen und umherwandern. Man trägt jedoch keine Waffe, man kann sich nicht ducken, nicht springen und auch nicht rennen, wie es bei 3D-Shootern üblich ist. Man kann nur relativ langsam umherwandern und erkundet als erstes ein leerstehendes und verfallenes Leuchtturmgebäude. Schon darin ist einiges mysteriös: In einem Raum befinden sich unzählige Dosen mit fluoreszierender Farbe. Im größeren Raum daneben hat jemand damit eine Molekularstruktur an die Wand gepinselt. Den Leuchtturm selbst kann man nicht besteigen, die Treppe ist zusammengestürzt. Auf einem Holztisch liegt ein Buch, darauf ist eine Frau mit einem geisterhaften Wesen abgebildet. Notenblätter liegen auf dem Boden.

Dear Esther

So beginnt man schließlich, die Insel zu erkunden. Man muss hier nicht mal Rätsel lesen, wenngleich die Geschichte selbst sehr rätselhaft ist. Während man am Stand, in den Höhlen oder über die Höhen der Insel läuft, erklingt immer wieder die stimmungsvolle und melancholische Musik, die Jessica Curry komponiert hat. In der ersten Version des Spiels 2012 war die Musik noch elektronisch. In der aktuellen »Landmark Edition« von »Dear Esther« wurde die Musik nochmals akustisch eingespielt, u. a. von einem Streichquartett. Seit September 2016 ist die Neuausgabe des Spieles auch für die Playstation 4 und die Xbox One erhältlich.

Nach und nach entfaltet sich eine Geschichte, über die an dieser Stelle nichts weiter verraten werden soll. Doch niemals sind die Dinge so ganz klar. Oftmals entdeckt man erste beim zweiten oder dritten Durchwandern von »Dear Esther« ganz neue Fragmente und Aspekte der Geschichte. Zudem stellt man fest, dass die gesprochenen Texte an Esther immer ein klein wenig anders sind als beim letzten Besuch und auch die Dinge, die sich auf der Insel finden lassen, sind gelegentlich andere als zuvor.

Dear Esther

Eine Besonderheit der neuen »Landmark Edition« sind die Audio-Kommentare von Dan Pinchbeck, Rob Briscoe und Jessica Curry. Wie bei einer DVD lässt sich dieser »Regiekommentar« dazuschalten. Dann sieht man deutlich erkennbare Notizzettel auf der Insel verstreut. Läuft man darüber, hört man die Kommentare der drei Macher. Sie erzählen höchst Interessantes über den Aufbau der Story, über das Leveldesign und mit welchen Mitteln der Spieler (oder Leser oder Wanderer) beeinflusst wird. Hier wird die Geschichte nie interpretiert, denn gerade das Offene und Geheimnisvolle macht »Dear Esther« so besonders, dass man die Insel nicht nur einmal besucht. Eine gute Stunde ist man unterwegs, wenn man zügig läuft. Allerdings wird man sehr oft stehen bleiben und einfach die Landschaft betrachten, die so wunderschön erscheint, doch die bei näherem Hinsehen einige Brüche erhält.

Dear Esther

In der »Landmark Edition« ist weiterhin die großartige englische Stimme des Sprechers Nigel Carrington zu hören, deutsche Untertitel sind zuschaltbar. Für die Windows- und Mac-Versionen gibt es im Netz deutsche Untertitel und Sprachdateien, die die Fangemeinde des Spiels selbst erstellt hat. Wer sich auskennt, kann mit etwas Bastelei im Dateisystem des Spiels eine deutsche Sprachausgabe kreieren.

Dear Esther

Seit den ersten Tagen als Half-Life-2-Mod wird das Spiel sehr von seinen Fans unterstützt. Daher ist es sehr erfreulich, dass die neue »Landmark Edition« auch auf den Konsolen für unter 10 Euro zu haben ist. Demnächst soll die Neuedition auch für Mac und Windows erscheinen. Käufer einer früheren Version erhalten sie kostenlos, sodass man sich auch die derzeit aktuelle Version besorgen kann. Diese läuft auch auf älteren Geräten ruckelfrei.

Dear Esther

Es lohnt sich, immer wieder auf die Hebrideninsel zurückzukehren und die Geschichte zu durchwandern, die Musik zu hören, die Stimme und die Stimmung von »Dear Esther« zu genießen.

Wolfgang Tischer

Link ins Web

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Entwickler: The Chinese Room, [*]
Preis: Kostenlos
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Entwickler: Sumo Digital Ltd
Preis: 5,49 €

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