StartseiteLiterarisches LebenAuch Bayern bastelt sich ein Literaturportal

Auch Bayern bastelt sich ein Literaturportal

Literatur in BayernKultur ist Ländersache. Das ist schon schwer genug. Aufgrund des Proporz’ ist es bereits dort nicht leicht, Kulturprojekte schnell und effizient umzusetzen. Da kämpft Baden gegen Württemberg, Franken gegen Bayern und so weiter

Wie kläglich allerdings die bundesweite Darstellung der Literatur im Internet ausschaut, kann man unter literaturportal.de bedauern. Nachdem die 150.000 Euro an Bundesmitteln verbraucht waren, was dem Angebot wahrlich nie anzusehen war, wird es seit 2 Jahren so gut wie nicht mehr gepflegt und ist zur mahnenden Internet-Ruine öffentlicher Projektarbeit verkommen.

Erfolgreicher war da Brandenburg und Berlin mit dem Literaturport. Von Anfang an etwas pfiffiger konzipiert und vor allen Dingen konsequent und engagiert gepflegt, ist es nachwievor ein ansprechendes Portal über die Literatur in und um die bundesdeutsche Hauptstadt. Zuletzt hat der Gewinn des Grimme Online Awards dem Portal weiteren Auftrieb gegeben.

Und jetzt bastelt auch Bayern an der Darstellung des literarischen Lebens im südlichen Bundesland.

Die »Datenbank zum literarischen Bayern«, die ab sofort im Netz durchsuchbar ist, soll der erste Baustein zu einem umfassenden Literaturportal Bayern sein. So verkündet es der Betreiber, die Bayerische Staatsbibliothek, die den Datenbestand zusammen mit der Monacensia, dem Literaturarchiv der Stadt München, zusammengetragen hat.

Doch auch der erste Baustein ist noch reichlich unbehauen. So finden sich derzeit nur rudimentäre Daten zu 170 Schriftstellern im Angebot. Darunter sind verstorbene Größen wie Thomas Mann, die irgendwann in ihrem Leben mal in Bayern gelebt haben, und auch lebende Autorinnen wie Andrea Maria Schenkel.

Der Datenbestand selbst ist peinlich kläglich, und man mag sich gar nicht vorstellen, dass für sowas Geld ausgegeben wurde. Neben Geburts- und Sterbedatum, finden sich Beruf(!) und Genre. Bei Andrea Maria Schenkel beispielsweise ist das »gestorben«-Feld schon mal angelegt, aber natürlich noch leer. Leer ist auch das Feld »Beruf«. Das Genre ist überaus schwammig mit »Roman« angegeben. Dass Frau Schenkel mit ihren Romanen »Tannöd« und »Kalteis« wohl eine der derzeit erfolgreichsten deutschsprachigen Krimi-Autorinnen ist, steht dort nicht. Vielleicht kann man es aus der Liste der Auszeichnungen ableiten (»Deutscher Krimi Preis«). Ansonsten ist die Datenbank mehr oder weniger eine Linksammlung, mit der auf Biographien oder andere relevante Texte im Netz verwiesen wird. Ob diese Links künftig jemals gepflegt und aktualisiert werden?

Sodann gibt es noch ein paar weiterführende Links zu bereits bestehenden bayerischen Orts-, Literatur- und Bibliotheks-Datenbanken. Viele davon mit dem Ergebnis »Es liegt kein Treffer vor«.

Ob man sich bei der Konzeption dieses abgemagerten Datenskeletts jemals darüber Gedanken gemacht hat, für wen und was diese Daten nützlich sein sollen?

Wieder einmal gewinnt man den Eindruck, man habe bei den Betreibern noch nie davon gehört, dass es Google und Wikipedia gibt, die die tausendfache Informationsfülle bieten. Aber wahrscheinlich hat man auf einer Beiratssitzung darauf verwiesen, dass hier Hinz und Kunz Infos reinschreiben können und so eine Datenbank mit amtlich bestätigtem Geburts- und Sterbedatum einfach einen sicheren Fels in der Internet-Brandung darstellt.

Dass es bereits 2004 ein ähnliches Projekt des Arbeitskreis’ für gemeinsame Kulturarbeit bayerischer Städte e.V. gab, das ebenfalls noch im Netz ist, scheint kein Anknüpfungspunkt gewesen zu sein.

Als der berlin-brandenburgische Literaturport seinerzeit startete, verkündete man dort, man wolle das Gespräch mit anderen Bundesländern suchen, um daraus vielleicht ein länderübergreifendes Projekt zu machen. Es muss ja nicht jedes Bundesland Geld für ein schlechtes eigenes Portal ausgeben, wenn ein gemeinsames gutes entstehen kann. Das wäre auch im Sinne der Nutzer, denn die fänden so die »amtlichen« Daten unter einer einheitlichen Oberfläche. Man könnte zudem den Lebensweg einiger Literaten besser nachvollziehen, anstatt zu mutmaßen, was beispielsweise Clemens Brentano in Westfalen gemacht hat (nichts?) und in Bayern.

Und wenn man es dann wirklich wissen will, wechselt man besser zum ausführlichen Eintrag in der Wikipedia.

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2 Kommentare

  1. Der Grimme Online Award ist wahrhaftig keine Empfehlung, seit Sixtus, und seit wann können Länder etwas mit dem Netz anfangen? Solange die Herren Staatssekretäre und Damen Minister das Internet bedienen lassen, wie unser aller Wirtschaftsminister wird das auch nichts werden. Wozu auch? Ist der gewöhnliche deutsche Autor denn internetaffin?

    Die solche Portale bräuchten verstehen sie nicht, jammern eher, dass es keine Schreibmaschinen mehr gibt und alle, die mit dem Netz umgehen können brauchen es nicht.

    Steuerverschwendung das alles.

  2. Ohje mikel.

    a) Der Grimme Online Award ist eine Empfehlung. Alle ausgezeichneten Seiten sind eine Bereicherung für das Netz! Ob es die Besten sind, misst sich an den angelegten Kriterien. Aber z.B. bei den Literaturportalen ist die Auszeichnung meiner Meinung nach gerechtfertigt.

    b) Länder und Staatssekretäre… Ein kleiner Blick in die Wikipedia könnte helfen Stammtischphrasen mit etwas Wissen zu untermauern.

    c) Der gewöhnliche Autor ist im selben Maß internetaffin, wie jede andere Berufsgruppe auch. Eher etwas mehr, da die Arbeit auf jeden Fall computeraffin ist.

    d) Es fallen mir hunderte bessere Beispiele für echte Steuerverschwendung ein. (ok mal vom Literaturportal abgesehen.)

    Nur meckern, meckern, meckern.

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