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Amazons startet E-Book-Verleih in Deutschland – Was ändert sich für Selfpublisher und Leser?

Amazon wird zur BüchereiNoch im Oktober 2012 startet Amazon auch in Deutschland den Verleih von Kindle E-Books. Das Ausleihen ist kostenlos – sofern man Prime-Mitglied ist. Eine Amazon-Prime-Mitgliedschaft kostet jährlich 29 Euro und brachte bislang für deutsche Kunden geringere Lieferkosten und eine schnellere Lieferung – jetzt kommt der besondere Kindle-Bonus mit hinzu.

Die Mehrzahl der 200.000 digitalen Leihbücher zum Start sind englischsprachige Titel. Unter den nur 8.500 deutschsprachigen E-Books befinden sich alle Harry-Potter-Bände – und viele Titel von Selfpublishern, die ihre Bücher via Amazons KDP-Programm veröffentlichen.

Was bedeutet diese Neuerung für KDP-Autoren? Wie kann ich am Verleihprogramm teilnehmen? Was bringt das einem Autor überhaupt?

Wer kann sich ab Ende Oktober 2012 kostenlos E-Books ausleihen?

Damit sich Leser die E-Books kostenlos ausleihen können, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen müssen die Amazon-Kunden Mitglied bei Amazon Prime sein, was 29 Euro im Jahr kostet. Für Prime-Mitglieder fallen die Mindestbestellmengen bei Amazon weg und die Lieferung erfolgt am nächsten Tag. Jetzt kommt der Gratis-Verleih von E-Books als Bonus hinzu.

Die zweite Voraussetzung ist, dass Prime-Kunden auch ein Kindle-Gerät besitzen müssen. Das kann das günstige 79-Euro-Modell sein, der in Deutschland neu angekündigte Kindle Paperwhite oder der ebenfalls ab Ende Oktober 2012 hierzulande erhältliche Kindle Fire. Nicht möglich ist das Entleihen von E-Books mit den Lese-Apps für iPhone, iPad, Desktopcomputer und weitere Plattformen.

Amazons Strategie ist klar: Man will Prime-Kunden zum Kauf eines Kindle-Gerätes bewegen und verspricht sich dadurch im Endeffekt auch mehr E-Book-Käufe.

Wie funktioniert das Entleihen?

Da es bei E-Books keine physischen Bücher gibt, wird der Entleihvorgang über das sogenannte DRM (Digitales Rechte-Management) geregelt. Man kann sich daher nur ein Buch pro Monat ausleihen, d. h. kostenlos auf sein Kindle-Gerät laden. »Behalten« kann man es dann beliebig lange, jedoch kann man nur ein Buch auf einmal ausleihen. Erst wenn man das entliehene Buch digital zurückgibt (also vom Gerät löscht), kann man ein neues bestellen. All dies steuert die Kindle-Software, da ein Lesegerät immer mit einem Amazon-Kundenkonto verknüpft ist. Amazon weiß, was du letzten Sommer geliehen und gelesen hast.

Welche Bücher kann man gratis ausleihen?

Natürlich nicht alle. Die Verlage und Rechteinhaber, also somit auch die vielen KDP-Autoren, müssen den Verleih genehmigen. Verständlicherweise ist ein Großteil der deutschen Verlage von der Idee, dass sich Amazon-Kunden augenscheinlich kostenlos Bücher ausleihen könne, nicht sehr begeistert. Daher sind von den 200.000 Titeln beim Start nur 8.500 deutschsprachige E-Books mit dabei – ein Großteil dieser E-Books wiederum sind wohl von Autoren selbst verlegte Titel. Die von Amazon in einer Pressemeldung erwähnten Harry-Potter-Bände oder die Romane von Dora Heldt und Rita Falk dürften derzeit als hochkarätige Verlagstitel eher die Ausnahme im Verleihprogramm darstellen.

Muss ich als Selfpublisher den Verleih meiner Bücher automatisch erlauben?

Nein. Bereits seit einigen Monaten muss ein Selbstverleger auswählen, ob er am sogenannten KDP Select Programm von Amazon teilnehmen will. Hinter dem KDP Select-Programm stecken zwei Optionen: Zum einen erlaubt der Selbstverleger, dass das eigene Buch von den erwähnten Prime-Kunden kostenlos ausgeliehen werden kann. Das galt bislang schon für amerikanische Prime-Kunden. Doch da diese kaum deutschsprachige Titel leihen und lesen, war dieser Teil bisher für deutschsprachige Autoren so gut wie nicht relevant. Auch das E-Book des literaturcafe.de wurde nie ausgeliehen, obwohl wir es bei KDP Select angemeldet haben. Das wird sich ab Ende Oktober sicherlich ändern, wenn auch Kunden in Deutschland E-Books ausleihen können.

Die zweite Option des KDP Select-Programms war für einige Autoren attraktiver: Bis zu fünf Tage lang kann man als Autorin oder Autor das eigene E-Book auf amazon.de kostenlos anbieten – also verschenken. War der Titel attraktiv genug, gelangte er in die Top 10 der kostenlosen Titel und war so wesentlich sichtbarer. Autoren, die dies versucht haben, berichten zum Teil von stattlichen Downloadzahlen. Doch meist berichten dieselben Autoren, dass sie dadurch kaum Leser z. B. für weitere ihrer Titel gewonnen hätten. Wer etwas kostenlos herunterlädt, wird nicht automatisch zum Leser, geschweige denn zum Fan oder Käufer. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel.

Um sein Buch bei KDP Select anzumelden, muss man ein wichtiges Kriterium erfüllen: Das E-Book muss für mindestens 90 Tage ausschließlich und exklusiv bei Amazon angeboten werden. Wer sein Werk auch in anderen Online-Shops wie Beam oder Kobo anbietet, scheidet aus. Hintergrund für diese Exklusiv-Klausel ist das Preisbindungsgesetz, mit dem solche einseitigen Verschenk-Aktionen kollidieren könnten. Daher will man bei Amazon auf Nummer sicher gehen und verlangt Exklusivität. Gedruckte Versionen des Titels sind hiervon ausgenommen.

Wer jedoch keinen Verleih möchte, sollte seinen Titel nicht beim KDP Select-Programm anmelden.

Und eine weitere Sache gilt es zu bedenken: Der Ausstieg aus einem bei KDP Select gemeldeten Titel ist frühestens nach 90 Tagen möglich! Stellt man nach 30 Tagen fest, dass das Verleihprogramm – aus welchen Gründen auch immer – für den eigenen Titel doch nicht das Richtige ist, kann man erst nach weiteren 60 Tagen aussteigen. Ansonsten verlängert sich die Teilnahme um weitere 90 Tage.

Was bringt mir als Autor der kostenlose Verleih?

So merkwürdig es sich anhört: Geld. Und zwar nicht vom Kunden, sondern von Amazon selbst. Amazon legt speziell für KDP-Autoren einen monatlichen Fond an, der sich zum Teil aus dem Prime-Mitgliedsbeitrag speist, und verteilt diesen Kuchen dann an die Autoren, deren Bücher verliehen wurden. Der Betrag, den man pro Entleihe bekommt, kann also Monat für Monat variieren, basierend auf der Fond-Höhe und der Zahl aller Entleihungen. Wie das dann wirklich funktioniert, darüber werden wir natürlich wieder im Selbstversuch berichten.

Was bringt es also? Wir zitieren hier einfach mal Amazon-Chef Jeff Bezos: »Für Autoren und Kunden ist das Programm in den USA bereits sehr erfolgreich gestartet. Kunden lesen mehr, während Autoren ein ganz neues Publikum erreichen und zudem eine neue Erlösquelle erschließen.«

Dieses Zitat lassen wir mal so stehen. Es wird sich auf dem deutschen Markt zeigen, ob für Autoren der Verleih von Büchern auch den Verkauf fördert und wie hoch die Erstattung pro Verleih seitens Amazon ist. Ersteres dürfte natürlich von Buch zu Buch verschieden sein. Auch hier wird unser Selbstversuch die Auswirkungen bei unserem »Ratgeber« dokumentieren, soweit welche festzustellen sind.

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7 Kommentare

  1. Wurde auch Zeit.
    Ich möchte auch hier wieder die Gelegenheit nutzen um die These aufzustellen, dass in absehbarer Zeit (ca. 2-3 Jahren) sowieso niemand mehr E-Books kaufen, sondern nur noch leihen wird. Wer eh keine gedruckten Bücher in den Schrank stellen kann, der wird sie sich nur noch leihen – natürlich gegen eine Flatrategebühr.

  2. Hmm, Juergen, ich möchte auch Dateien lieber behalten. Aber vielleicht gehe ich da nur von mir aus. Warum sollte ich Bücher leihen, wenn ich doch eh kaum zum Lesen komme? Da kaufe ich mir lieber welche, damit ich sie irgendwann mal lesen kann, und sie so lange eben nur besitze.

    Klar, echte Bücher eignen sich für sowas besser, aber man hat doch auch MP3-Sammlungen, warum dann auch nicht eBook-Sammlungen.

  3. Verständlicherweise ist ein Großteil der deutschen “Verlage von der Idee, dass sich Amazon-Kunden augenscheinlich kostenlos Bücher ausleihen könne, nicht sehr begeistert. Daher sind von den 200.000 Titeln beim Start nur 8.500 deutschsprachige E-Books mit dabei – ein Großteil dieser E-Books wiederum sind wohl von Autoren selbst verlegte Titel.”
    Also wird der größte Teil Ramsch sein. Kein Lektorat, ein Korrektorat, Zeichensetzung jenseits von Gut und Böse – das wird in Deutschland ein Reinfall.

  4. an einem Punkt will ich mal einhaken. Dass kdp select Exklusivität erfordert, läge an der Bcuhpreisbindung.
    Keineswegs; kdp select ist schon immer exklusiv – und in den USA gibt es keine Buchpreisbindung.
    Der Leitgedanke dahinter ist, die AutorInnen anderen Plattformen abspenstig zu machen und durch die Exklusivität Amazon aufzuwerten.

    Kostenlos-Tage könnte man auch ohne Exklusivität organisieren. Sowohl das deutsche XinXii wie Smashwords haben Modelle dafür.

  5. Ich bin als Autorin mit meinen Büchern im Verleihprogramm und habe in den paar Tagen immerhin schon 21 Ausleihen von drei meiner Titel erlebt. Jetzt bin ich natürlich gespannt, ob ich davon auch etwas habe (ich denke mal, eher nicht. Wer sich sonst einen Titel für 2.99 gekauft hat, leiht ihn jetzt eben aus …) Ich bin gespannt, was euer Selbstversuch bringt.
    Abgesehen davon ist es ein bisschen schade, dass so wenige Verlagstitel im Angebot sind. Aber vielleicht ändert sich das ja noch.

  6. Sehr interessant, die neue Ausleihe. Dabei stellt sich mir folgende Frage: Werden die Einnahmen aus dem Verleih dem amerikanischen KDP-Konto zugeschrieben?
    Das wäre eher unschön, weil man dann mitunter lange warten muss, bis man diese 50$ zusammenhat, vorher wird ja nicht ausgezahlt. Bei mir sind die Leihen zwar im deutschen KDP-Konto angezeigt, aber das muss ja nichts heißen.
    Bei einem 0,99€-Ebook ist die Ausleihe besonders interessant. Beim gegenwärtigen Kurs bekäme man für eine einzige Ausleihe so viel wie für sechs reguläre Verläufe.

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